Schwarzwaelder Dorfgeschichten
trug ihr Garn zum Weber, der aufrichtig betheuerte, kein so schönes noch auf seinem Webstuhl gehabt zu haben. Moni wünschte nur, daß auch ihr Mann dies Lob gehört hätte.
Zehntes Kapitel.
Das Erdreich wird aufgegraben und Stein an Stein zur Grundmauer gefügt, langsam schreitet der Bau fort, bis sich der Bau über der Erde erhebt und in Einem Tage thürmt sich das Gebälke darüber, prangt die Maientanne auf dem Giebel und läßt die hellen Bänder im Winde flattern. Die Menschen, die des Weges kamen, schauten allzeit um nach dem Bau, still ahnend oder hell bewußt, daß wieder ein Fleck Erde der Heimath von Baum und Pflanze entzogen ist, um der Gemeinsamkeit eines Menschenlebens Raum zu gönnen. Wenn der Bauspruch ertönt, stehen sie lauschend versammelt, dann aber zieht ein Jedes dahin und hat noch kaum einen Blick dafür, wie sich der Bau ausfüllt und im Innern vollendet.
Wir haben die Gemeinsamkeit des Lebens von Brosi und Moni sich erbauen sehen, wir kennen das Grundwesen desselben und wollen nun auch im Auge behalten, wie das Schicksal es wendet und wie sie seine Fügungen aufnehmen.
Moni war so glücklich, noch ihr Heu einzuthun und zwar auch das von der neu erworbenen Wiese im untern Thale, die sie von der Wittwe des wirklich verstorbenen Kappelbauern kaufte, und noch stand ein Handkarren voll unabgeladen im Schuppen, als Moni rasch und gesund eines derben Knaben genas, der seine Befähigung zum Sänger mit tüchtigem Schreien bekundete.
Die Tage, die Moni wiederum mit der Mutter allein gewesen, waren voll Hader und Verhetzung; die Mutter hatte eine teuflische Lust daran, der Tochter immer vorzusagen, daß der Brosi gewiß nicht wieder käme und wußte viele derartige Beispiele zu erzählen. Endlich kam ein zufriedener Brief von Brosi, worin er erzählte, daß er nach mühseligem Suchen zuletzt im Elsaß Arbeit gefunden. Moni hatte nicht das Glück den Brief lesen zu können, aber sie trug ihn doch stets bei sich und war nicht mehr allein, und als sie das Kind in den Armen hielt, war sie eine glückselige Mutter und Frau.
Unterlieferanten waren in das Dorf gekommen und hatten zur Ausrüstung des Heeres alles Leinenzeug aufgekauft. Moni erhielt für ihren Vorrath ein schön Stück Geld und in diesem Sommer baute sie selbst etwas Hanf, sie hatte einen Theil der neuerworbenen Wiese versuchsweise dazu verwendet und den Grasgarten am Hause zu einem Kartoffel- und Krautacker verwandelt; dabei lebte sie so sparsam, daß sie noch Milch verkaufte. Die schwarze Henne, die immer am spätesten zu legen aufhörte und am frühesten wieder anfing, hatte gebrütet und elf Junge glücklich erzogen, deren Verkauf nun auch eine gute Beisteuer gab. Der kleine Knabe, den die Mutter immer in einem Korbe mit sich auf's Feld nahm, gedieh zusehends.
Der Sommer ging rasch vorüber. Brosi hatte Einmal geschrieben und nicht wieder, man hatte ihm die Geburt seines Sohnes angezeigt und dabei blieb es; bei sparsamen Landleuten ist das Postgeld das überflüssigste von allen. Moni hatte ihre Grummet eingethan und damit das ganze Haus vollgestopft, daß es ganz von süßem Duft erfüllt war; sie hatte ihren Hanf gejätet, gedörrt und gebrochen, die Kartoffeln eingethan und das Kraut eingeschnitten, so segenerfüllt, so spickvoll war das Haus noch nie gewesen. So oft Moni nach dem Walde ging, um Holz zu raffen, hielt sie sich möglichst in der Nähe des Waldweges, sie hoffte täglich, daß Brosi daherkommen müsse. Der Nebel stand schon wieder tagelang auf den Bergen und endlich schneite es sogar; aber Brosi kam noch nicht und Moni tröstete sich, daß drunten im Lande wohl noch heller Herbst sei und die Bauarbeit noch fortgehe.
Eines Abends als der kleine Nachtwächter, wie ihn die Großmutter stets hieß, mächtig schrie, hörte man es vor der Thüre plötzlich quicksen wie von einem jungen Schweine; der kleine Nachtwächter horchte auf diesen Laut und war einen Augenblick still, da öffnete sich die Thüre und –
»Wart' ich will dich,« rief eine starke Männerstimme. Der kleine Knabe schrie wieder, aber noch lauter als er rief Moni:
»Lieber Gott, lieber Gott! Mein Brosi,« sie faßte seine beiden Hände, er drückte sie rasch und beugte sich dann zu dem Knaben nieder, der den fremden Mann mit dem bereiften Gesichte, der ihn küßte, mit großen Augen anstarrte, dann aber wieder laut schrie.
»Der hat einen guten Brustkasten,« sagte Brosi und reichte nun auch der Schwiegermutter die Hand, die ihm aber kaum die
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