Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Alleinreden oder im inneren Gedenken, und wenn sie sich begegnen, lachen sie einander aus, sie wissen nicht warum und wollen es nicht wissen. So lebten Brosi und Moni seelenvergnügt, während draußen die beginnenden Frühlingsstürme rasten, und wenn das Apothekerrösle noch immer keifen wollte, verstand Brosi oft, es lachen zu machen.
Wenn Brosi um zwölf Uhr sein Amt antrat, stand Moni mit ihm auf und spann bis der Tag anbrach, so sehr auch das Apothekerrösle schalt, daß man ihm auch noch die Nachtruhe raube. Moni hängte einen Rock an das Himmelbett und spann hinter demselben, und wenn Brosi in der Zwischenzeit des Anrufens nach Hause kam, sprach sie leise mit ihm oder ließ ihn einschlafen und weckte ihn mit dem Glockenschlag. Es waren für ihn jetzt manchmal böse Zeiten, der Sturm raste, daß Brosi nur mit höchster Gewalt seine Hausthüre öffnen konnte, die ihm alsbald wieder aus der Hand geschlagen wurde, so daß das Apothekerrösle in der Stube immer laut aufschrie; draußen auf der Straße heulte und toste es, als wollte der Wind alle Wälder zusammenbrechen und die Wohnungen der Menschen in die Luft davontragen; und damit keine Stimme ertöne als das Brausen des Sturmes, rieß dieser dem Wächter das Wort von den Lippen, daß er es selber kaum hörte; drehte Brosi sich um und sang nach der andern Seite, so kam der Wind auch hier herangesaust und benahm ihm fast den Athem. Sturmentgegen wie durch reißende Wogen mußte sich Brosi fortarbeiten und nur eines war gut, es fiel kein Ziegel von einem Dache, denn alle Häuser des Dorfes, ausgenommen die Kirche, das Pfarrhaus und der Auerhahn, waren mit Stroh gedeckt.
Brosi tröstete seine Frau, die über solches Unwetter klagte und immer behauptete, so sei es noch nie gewesen; er betheuerte stets, er freue sich dieses Sturmes, der bringe den Frühling und mit ihm die lohnreiche Bauzeit.
Noch lag tiefer Schnee in den Schluchten, als sich Brosi auf die Wanderschaft begab, er wußte noch nicht, wo er Arbeit finden werde. Moni ließ es sich nicht nehmen, ihm ein gut Stück das Geleite zu geben, sie nahm aber auch gleich ein Beil und einen Strick mit, um auf dem Heimwege dürres Holz zu sammeln. Die Wolken standen noch fest auf dem Berge, über den die beiden Eheleute hinschritten, sie sprachen nichts vom Abschied, und Moni sagte:
»Wenn ich ein geschickt's Wiesle kaufen kann, thu ich's. Ich mach' hundert Ellen Tuch, daraus lös ich ein Ordentliches und etwas Baar haben wir auch noch. Hätt'st dir doch noch einen Gulden mitnehmen sollen.«
»Ich komm' schon fort,« beruhigte Brosi, »aber was ich dir noch einmal sag', versprich mir, daß du dir nichts abgehen läßst, das Näherlisle soll dir warten und neun Tag bleibst im Wochenbett.«
»Das versprech' ich nicht, aber drei Tag, da hast mein' Hand drauf.« Brosi hielt die Hand fest und stand still indem er sagte:
»Ich schreib' wo ich bin und der Lehrer soll mir gleich anzeigen was es ist, ein Bub oder ein Mädle ist mir gleich, wenn's nur wuselt. Wenn ich dem Terkel nur auch gleich in die Augen sehen könnt' – aber es ist schon so recht, der Gipsmüller und sein' Frau wollen Gevatter sein und die Namen weißt auch. Ich hab' dir nichts mehr zu sagen. Jetzt weiter darfst nicht mit. Ich geh' da links 'nauf. Was ich vergessen hab', kannst dir selber sagen. Was du thust ist mir recht, das weißt. Jetzt b'hüt dich Gott, Moni. B'hüt dich Gott alter Schatz und grüß mir den Terkel und laß ihn nur recht schreien, daß er auch gut singen lernt. Jetzt heul' nicht, du thust dem Kind Schaden. Es ist nichts zu heulen. Geh', sing, ich halt dir zu, so lang ich dich hör'.«
Er schüttelte Moni die Hand und schritt davon. Moni setzte sich an den Wegrain, nach einer Weile aber rief Brosi aus dem Walde:
»Ich bitt dich, sing'.«
Und Moni begann:
Es wollt ein Steinhauer wandern,
Auf die Wanderschaft wollt' er gehn.
Was begegnet ihm auf der Reise?
Ein Mädchen schneeweiß bekleidet:
»Wo 'naus, wo wollt Ihr hin?«
»Ich such' ein Schatz auf Erden,
Oder willst du mein Schatz werden
So komm und bleib' bei mir.«
Brosi stand still und begleitete den Gesang, dann schrie er Juchhu, daß es vom Berg und Thal widerhallte und weiter schritt er singend und Moni ging tiefer in den Wald, sammelte Holz und trug es heim; sie sang aber nicht weiter.
Das Haus war so leer, beim Essen war's so einsam, und hätte Brosi nicht gebeten, es dem Kinde zulieb zu unterlassen, sie hätte viel geweint; sie bewältigte sich und
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