Schwarzwaelder Dorfgeschichten
ihrige reichte und sich nach der Wand umwendete.
»Hast der Mutter nichts mitgebracht?« fragte Moni leise.
»Zuerst bin Ich da, das ist die Hauptsach'. Mit dem Andern hat's Zeit,« sagte Brosi tiefaufathmend sich auf die Bank setzend. »Gottlob, daß ich wieder da bin. Es sieht wüst aus in der Welt, die Menschen sind auf einander, wie wenn Eins das Andere auffressen möcht'! Du bist aber schöner geworden, Moni, ich hab's gar nicht mehr gewußt, daß ich so eine nette Frau hab'.«
Er strich ihr mit der Hand über die erglühende Wange, dann hob er den Säugling sehr unbeholfen aus der Wiege und nahm ihn noch ungeschickter auf den Arm. Moni that ihm das Häubchen ab und zeigte wie viel Haar er schon habe, aber das Kind verlangte nach der Mutter und Brosi ging vor die Thüre und schleppte einen großen Quersack in die Stube, in dem es wieder quickste. Er öffnete den Sack und sagte:
»Ich hab' noch was Lebiges mit in's Haus gebracht.« Er zeigte ein schönes junges Schwein mit vielversprechenden langen Ohren; da aber der Säugling die Freude der Mutter nicht theilte, sondern erbärmlich schrie, wurde der neue Mitbewohner wieder in sein vorläufiges Zelt gebracht und aus der andern Seite des Sackes dem jungen Weltbürger ein rothbackiger Apfel gereicht, den er alsbald zum Munde führen wollte, was die Mutter indeß abwehrte; aber der kleine Schelm verstand es schon, den Apfel auf den Boden fallen zu lassen und lachte herzlich, da die Mutter mit liebkosendem Schelten ihm den Apfel stets wieder aufhob.
»Wie er so herzlich lacht,« jauchzte Brosi und die Mutter behauptete, er könne noch viele Kunststücke, aber sie brachte ihn nicht dazu, daß er jetzt eines davon preisgab.
Brosi legte der Großmutter ein Täfelchen Schokolade auf das Bett und bemerkte frohlockend, er habe es in Erinnerung behalten, daß sie einst dieses Getränk gelobt; aber das Apothekerrösle kehrte sich nicht um und sagte nur: »Ich mag keinen, trink' du ihn, ich nehm's für genossen an.« Brosi biß auf die Lippen, aber Moni winkte ihm beschwichtigend und staunte nun über das schöne Obst, das er auf dem Tisch ausschüttete, wobei sie nicht vergaß, hinzuzusetzen, daß sie ihm die schönsten Zwetschgen aus dem Garten aufgehoben habe. Zuletzt gab es noch großen Jubel, als Brosi Wollzeug zu einem Sonntagskittel aus einem verschnürten Papiere auspackte.
»Es wär' nicht nöthig gewesen, aber es freut mich doch und doppelt, und daß du so an mich denkst freut mich,« äußerte Moni.
Da die Mutter sich noch immer theilnahmlos abwendete, zeigte sie die »Mitbring« dem Kinde und sagte:
»Guck, das hat dein Vater mitgebracht, dein Vater ist ein braver Mann, werde nur auch so. Streichel' ihm zum Dank,« sie nahm das Händchen des Kleinen und strich damit Brosi über die Wangen. Sie mußte ihn das Kind gehörig auf den Arm geben und er tanzte und sang damit in der Stube umher, während Moni schnell das Essen bereitete und aus der Küche mitsang.
Moni hatte viel zu erzählen, und wie natürlich Alles kunterbunt durcheinander, schließlich aber kamen sie doch immer wieder beide darauf zurück, daß sie glückliche Menschen seien, nicht durch die Liebe, davon sprachen sie nicht, sondern durch die Vermehrung ihres Besitzthums; sie hatten es in diesem Jahre weit gebracht, hatten eine fast ganz bezahlte Wiese, und Brosi breitete all' sein erworbenes Geld ein Stück neben dem andern auf dem Tisch aus; er gab dem kleinen Knaben einen nagelneuen Fünflivresthaler als sein Eigenthum, daß er damit zu hausen anfange.
War Brosi in Gedanken auch immer daheim gewesen, und sagte er oft, ein verheiratheter Mann sollte eigentlich nicht mehr in die Fremde gehen, denn er habe sich fast vor sich selbst geschämt, welch' ein Heimweh er anfangs hatte, so war ihm doch wiederum jetzt sein eigenes Leben neu; er empfand das Glück desselben, aber auch das Ungemach, das ihm beschieden war und fast unerträglich erschien. Das Apothekerrösle ließ nicht ab von seiner unbegreiflichen Verbostheit, und jedes gute Wort, das man ihm gab, war ebenso an ihm verschwendet, wie es am Hochzeitstage den Wein ausgeschüttet hatte. Brosi war indeß Manns genug, um diesen Kummer in sich zu verwinden und das schlafende Kind betrachtend, sagte er zu sich: »Du mußt dir's verdienen, daß deine Kinder auch einmal Geduld mit dir haben, wenn du bettlägerig und krittlich bist.«
Obgleich er von der Reise, er war heute zwölf Stunden gelaufen, müde war, wollte er doch noch heute sein
Weitere Kostenlose Bücher