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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Naht und enthülste nach einander zwanzig Ducaten. Brosi fühlte das Gold schwer in der Hand, er legte es auf die Treppe und machte dreimal ein Kreuz darüber, es blinkte hell in der Dunkelheit.
    »Sie ist bei alledem doch eine gute Frau gewesen,« sagte Moni, ihr Mann antwortete nicht.
    Wäre nicht der Gipsmüller zum Leichenbegängnisse gekommen, es hätten sich nur Wenige demselben angeschlossen, man sah es aber doch allen Menschen an, wie froh sie waren, daß das Apothekerrösle nun unter die Erde kam.
    Dem Gipsmüller theilte Brosi auch das Geheimniß von dem aufgefundenen Schatze mit und überließ ihm auf Zureden Moni's die Entscheidung, ob er solchen mit den Schwägerinnen in der Schweiz theilen solle. Der Gipsmüller entschied vor der Hand, bis man später den Schwägerinnen es offen erkläre, für den Alleinbesitz Brosi's, da die in der Fremde ja nichts für die Mutter gethan hatten, sondern die Eheleute sie allein erhalten mußten. Er übernahm hierauf ohne Scheu das Gold und versprach Brosi Silbergeld dafür, das gar nichts Unheimliches hatte.
    Man vermuthete, daß der Gürtel, der zweimal kürzer genäht war, etwa bei einem Falle im Walde dem Apothekerrösle die Lähmung gebracht habe. Gewisses ließ sich natürlich darüber nicht herausbringen, aber ein Theil von dem trotzigen, aufbegehrerischen Wesen der Verstorbenen ließ sich allerdings dadurch erklären, daß sie sich im Besitz eines geheimen Schatzes wußte.
    Das Haus war nun in doppelter Beziehung frei, das Apothekerrösle war nicht mehr da, und die Schuld, die wie ein Gespenst darauf gehaftet hatte, wurde abgetragen; aber ein anderes Gespenst zeigte sich. Brosi machte mehrere Versuche zu einem Häusertausch, aber Niemand wollte sein Haus übernehmen, in dem das Apothekerrösle nächtens als Geist umgehen sollte.
    Noch lange nach seinem Tode plagte es die Insassen durch diesen Aberglauben.
    Brosi und Moni fanden sich aber doch nur wenig davon beunruhigt. Zwar kam Brosi immer früher aus der Gipsmühle nach Hause, um seine Frau nicht allein zu lassen, und wenn er die Stunden anrief, begann er vor seinem Hause den frommen Sang, um es damit zu beschirmen und bald fanden die beiden Eheleute, daß sie für ihre ganze Lebenszeit Raum genug im Hause hatten; gehörte ihnen ja jetzt erst die Stube zu eigen, und die wohnliche Bühnenkammer war fast überflüssig.
    Friedlich aber still war's diesen Winter im Hause. Der Tod des Apothekerrösle brachte doch auch für die ganze Kriegszeit einen Segen über das Haus: es wurde theils aus Aberglaube, theils aus Rücksicht, ferner mit Einquartirung übergangen.
     
Zwölftes Kapitel.
     
    Napoleons Continentalsperre gegen England brachte dem Brosi reichlichen Verdienst, nicht als Fabrikant oder Schmuggler, sondern einfach als Maurer bei den vielen Fabrikgebäuden, die besonders im Elsaß errichtet wurden. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, daß Brosi durch ein Weltereigniß sehr viel Kummer hatte, denn Brosi wurde plötzlich ein Ausländer. Bei der Theilung Vorderöstreichs durch den Reichsdeputationshauptschluß wurde Endringen badisch und Haldenbrunn württembergisch. Dieser Schnitt ging Brosi in's Herz; er wußte nichts von deutscher Einheit, er war trotz seiner Verehrung für Napoleon doch gut kaiserlich und merkte nichts von diesem Widerspruche; das aber fühlte er doch, was es ist, Länder zu zerschneiden, und jedesmal, wenn er an dem Grenzpfahl im Walde vorüber kam, machte er ihm ein grimmiges Gesicht. Besonders mit seinem Gevatter, dem Gipsmüller, der nun auch ein Badischer geworden war, sprach er viel über die verkehrte Welt, und als es im Laufe der Jahre hart gegen Napoleon herging, war seine erste Hoffnung, daß Endringen und Haldenbrunn wieder zu Einem Lande gehören würden.
    Es ist aber wunderbar, wie bald die aufgepfropften Begriffe selbständig ausschlagen. Es vergingen kaum einige Jahre, als die Endringer und Haldenbrunner als Badische und Württembergische einander vielfach neckten.
    In dieser Zeit hatte aber Brosi von der Welt doch alljährlich eine besondere Freude. Obgleich der Rheinländische Hausfreund ein badischer Kalender war, brachte ihn doch Brosi jeden Herbst mit nach Hause; aber er las keine Silbe darin, bis das Neujahr wirklich da war, und auf manchem Gang in der Nacht schmunzelte er vor sich hin, wenn er an die lustigen Geschichten dachte, die er gelesen hatte. Von der ganzen Sammlung seiner Kalender waren diese die zerlesensten und in keinem ist mehr eingetragen. Es geschahen

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