Schwarzwaelder Dorfgeschichten
voll innersten Jubels und doch war es anders, es ließ sich nicht bestimmen, wie und worin.
Als die Gevatterleute abgereist waren und wiederum einen Sack Mehl zurückgelassen hatten, ging Brosi nochmals allein in den Auerhahn, er sang lustig mit, machte sich aber doch frühzeitig heim und sang mit seiner Moni die Tanzweisen, die man vom Auerhahn herunter vernahm; der kleine Kilian schlief ruhig dabei.
Elftes Kapitel.
Mit Dreschen, Gipsmahlen und dem Nachtwächterrufen ging der Winter vorüber, das glückliche Ereigniß des vorigen Jahres stellte sich wiederum ein und Niemand war dessen froher, als der grunzende Mitbewohner hinter dem Hause. Fröhlicher als im vergangenen Jahre trat Brosi wieder seine Wanderschaft an, denn er hatte es nun deutlich erfahren, daß alle Sorge um die Heimath unnöthig war; als er im Spätherbst wieder heim kam, lief ihm der kleine Kilian schon entgegen und der Vater lernte dessen unbeholfene Sprache bald verstehen. Moni hatte viel zu erzählen, man hatte Einquartirung gehabt von allerlei Nationen, Bayern, Russen, Hessen und Franzosen, die aber bisher immer gute Mannszucht gehalten hatten. Dazu kamen noch viele Neuigkeiten aus dem Dorf und der Umgegend. Die Kirchweih in Haldenbrunn und Endringen wurde regelmäßig mitgefeiert und so verging ein zweiter und ein dritter Winter und die Trennungszeit im Sommer. Brosi und Moni standen fest in Glück und Heiterkeit, aber doch empfanden auch sie das Bangen, das damals alle Menschen überfallen hatte; die Erschütterung, die damals ganz Europa ergriffen hatte, wurde in jedem Hause des entlegensten Dorfes verspürt. Bonaparte war Kaiser Napoleon geworden und wir müssen es sagen, Brosi, der viel im Elsaß arbeitete, hatte eine große Verehrung für ihn. Die Gewalt des Kaisers änderte Vieles, aber die Tischordnung im Auerhahn zu Haldenbrunn, die Brosi oft ein Gräuel war, konnte er doch noch nicht umstürzen.
Brosi hatte seine Wiese vollständig bezahlt, und acht Tage bevor ihm sein erstes Töchterchen geboren ward, noch eine zweite Kuh baar bezahlt; dazu kam noch ein neues Bett, das aber Moni ganz allein aus der Kunkel herausspann, ein Schwein wurde alljährlich in's Haus geschlachtet, und es war Alles heiter, nur das Apothekerrösle blieb sich gleich. Da kam eines Tages, Brosi war gerade in der abgelegenen Gipsmühle, russische Einquartirung, die arg in der engen Wohnung hauste. Das Apothekerrösle saß immer aufrecht im Bette und schimpfte und schalt, je mehr der Russe mit dem Säbel auf den Tisch schlug, und die Kinder heulten dazu. Moni hatte Niemand den sie nach ihrem Mann schicken konnte, sie wußte sich kaum zu helfen mit der Beschwichtigung der Mutter, der Kinder und des Russen. Als sie diesem das Essen brachte, warf er es zum Fenster hinaus, durchstöberte das ganze Haus und entdeckte endlich die wohlversteckten Hühner. Das Apothekerrösle schrie jämmerlich, als es draußen die so gut legenden Hühner krähen hörte, und als der Russe mit den Erwürgten in die Stube kam, hatte sein Schelten kein Ende. Als ihm der Russe mit dem Säbel drohend Schweigen gebot, spie es ihm den Geifer in's Gesicht, der Russe faßte es mit beiden Händen am Halse, noch einmal schnappte es auf nach Luft und sank in die Kissen zurück. Der Russe, der jetzt sah, was er gethan hatte, schaute wild umher, raffte Alles zusammen, vergaß aber die Hühner nicht, und entfloh aus dem Hause, als jagte man mit Peitschen hinter ihm drein.
Moni kniete noch am Bett der Mutter, da trat Brosi ein und erfuhr schaudernd Alles, was geschehen war. Es war keine Rettung mehr. Brosi eilte sogleich zu dem Befehlshaber, die Lärmtrommel tönte durch das Dorf, vor dem Auerhahn wurde Musterung gehalten, aber der Mörder fand sich nicht, und die Leute sagten, es sei gar kein Russe gewesen, der Teufel habe das Apothekerrösle erwürgt. Noch am selben Abend marschirte die Einquartirung ab.
Brosi und Moni konnten sich nicht leugnen, daß der Tod des Apothekerrösle gerade kein Unglück war; aber als hätte wirklich ein böser Geist die Hand dabei im Spiele, mußte noch die Art des Todes den Ueberlebenden schweren Kummer bereiten.
Von den sogenannten Todtenfrauen wollte keine die Leiche des Apothekerrösle einkleiden helfen, Brosi und Moni mußten dies allein thun. Da fühlte Brosi um den Leib der Entseelten einen Gürtel, Moni hieß ihn hinaus gehen und nach einer Weile kam sie und hielt in zitternder Hand einen Gürtel, in den Geld eingenäht war; schnell trennte Brosi die
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