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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Bett sagte Brosi:
    »Ich fürcht' mich so vor dem neuen Haus, ich kann's gar nicht sagen.«
    »Aber wir müssen's thun, wenn nur auf eine Weile, du hast's dem Severin versprochen.«
    »Ich bin ja gezwungen gewesen, mehr als gezwungen, ich hab' ihm sein Freud' nicht verderben wollen. Und lieber Gott, das ist ja so ein kalt's Haus, das ist nichts für alte Leut'.«
    »Du hast Unrecht. Es ist gut warm und hat prächtige Oefen, da kann man mit einem Schwefelhölzle einheizen.«
    »Ja, das kann Alles sein, aber weißt? Es ist mit Ziegel gedeckt, das hält gar nicht warm, so ein Strohdach ist wie ein' gute Pelzkapp, und die Stubendecken sind so hoch, und nach Endringen mag ich auch nicht mehr. Ich sterb', wenn ich da 'nein muß. Lieber Gott! Man wünscht' viel, was Einem nicht recht wär', wenn's nachher in Erfüllung ging'.«
    »Ja, was aber machen?« erwiderte Moni dem in die Kissen hinein Schluchzenden. »Sag's ihm frei, er wird das nicht wollen, wenn dich's so hart ankommt. Du hast ihm das nie so gesagt.«
    »Weil ich nicht kann; wenn er mich ansieht, bleibt mir's immer im Hals stecken. Aber halt! Juchhe! Ich hab' was.« Er sprang aus dem Bett, machte Licht und holte die Nagelschachtel mit dem Hammer vom Himmelbett.
    »Was willst? Was willst machen?« fragte Moni.
    »Was ich von dir gelernt hab',« sagte Brosi lachend. »Es hat einmal ein Mädle geben, das hat einem jungen Burschen einen Riegel vorgeschoben und hat ihn zum Haus 'nausgeschwätzt. Jetzt wird einem draußen ein Riegel vorgeschoben und der darf nicht herein.«
    Während vom Auerhahn die Musik herabtönte, erschollen laute Hammerschläge im Hause Brosi's, denn er nagelte die Hausthüre, die Stallthüre und die Schuppenthüre zu und legte sich dann fröhlich in's Bette, im Voraus lange ausmalend, was das morgen für ein Spaß sein werde.
    Die Kinder und Enkel, die am Morgen nach dem Hause Brosi's kamen, fanden dasselbe verschlossen und auch auf Klopfen wurde nicht geantwortet.
    Endlich kam Severin, auch er klopfte, aber Niemand antwortete. Die Endringer kamen mit Schießen und Musik, um das Brautpaar zu holen. Brosi und Moni hörten, wie draußen viele Leute standen die auf Allerlei rietehn und Einige sagten sogar, Brosi und Moni seien gewiß an der Freude gestorben, das käme davon, wenn alte Leute solche Feste mitmachten.
    Drinnen drang Moni in ihren Mann, er solle doch Antwort geben, das sei ja sündlich, die Leute so hinzuhalten, Brosi aber sagte, er möchte gern hören, was die Leute nach seinem Tode ihm nachsagten. Moni wollte auf wiederholtes Klopfen schreien, da hielt ihr Brosi den Mund zu.
    Jetzt hörte man den Schlosser mit dem Dietrich an den Schlössern arbeiten, sie gingen auf und zu, aber keine Thüre öffnete sich, und Brosi lachte in sich hinein. Da rief Severin: »Wenn wir keine Antwort erhalten, schlagen wir die Thüre mit dem Beil ein. Vater, hört Ihr nicht?«
    »Ja, ich höre,« antwortete Brosi, der sich an die Thüre gestellt hatte und nun erklärte, daß er nicht aufmache, wenn ihm Severin nicht sein Wort zurückgebe, und daß er in seinem alten Hause bleiben dürfe, lieber bliebe er ewig mit seiner Moni eingeschlossen.
    Ein Jubel erscholl von der Straße, und Brosi öffnete endlich und reichte seinem Severin die Hand.
     

Zwanzigstes Kapitel.
     
    Mancher Aberglaube ist nur eine Erfahrungswahrheit, die zu sicherer Ueberlieferung von Geschlecht zu Geschlecht in feste Form gebunden ist, und die Furcht regiert viele Gemüther leichter als die Einsicht. Man hält es für gefahrbringend vor den allzeit lauernden bösen Schicksalsmächten, solch ein Fest zu feiern wie Brosi und Moni gethan, das den langen stillen Fortgang des Lebens in mächtigem Zusammenfassen spannt und höher hebt, und in der That erschließt sich leicht hinter solch einem Hochpunkte die Kahlheit des Alltagslebens und der unterbrochene stille Fortgang verwandelt sich nun in Oedigkeit und Abspannung. Es ist etwas anderes, zur Zeit der aufstrebenden Kraft einen Jubeltag sich zu setzen als da, wo die Ruhe und das stille Walten allein Erquickung bietet. Wie sich Moni unter der Schappel demüthig gebeugt hatte, so war sie den ganzen Tag in sich still und ruhig geblieben, Brosi aber hatte im jauchzenden Austoben sich erlustigt, und schon am andern Tage, nachdem Severin abgereist war, schlief Brosi nach dem Essen unwillkürlich auf der Bank ein.
    Das Gäßchen war heute besonders widerwärtig, denn die Vorübergehenden sprachen da draußen so laut, man hörte jedes Wort, als

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