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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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er heimkam, machte er dann jenes Scherzwort zur Wahrheit, daß er über Amerika in's Bett stieg.
    Im Frühling war eine lustige Hochzeit im Dorf, die aber ihre traurigen Folgen hatte. Der Schackle war zurückgekehrt und heirathete eine Kaufmannstochter aus der nahen Amtsstadt; er errichtete einen großen Kaufladen, mit langen bis an den Boden reichenden Fenstern, wie man solche im Dorf noch nie gesehen. Die Zuckerin, die, gestützt auf ihren jetzigen Familienanhang bei Schultheiß und Gemeinderath, die Gestattung dieser Concurrenz hatte verhindern wollen, brachte nichts zu Stande, und sie, die einst die Familie Xaveri's so hoch gerühmt hatte, konnte nicht genug Schimpfworte auf dieselbe finden und den Xaveri hieß sie fast nicht mehr anders als den »Garnichts,« weil er einmal gesagt hatte: »Ich kümmere mich um die Sache gar nichts!« und dabei festgeblieben war. Die Zuckerin suchte jetzt den Xaveri zu stacheln, daß er dem Pflugwirth dafür seinen Auswandererhandel verderbe; Xaveri aber war nicht mehr dazu aufgelegt, dennoch versagte er sich die Schadenfreude nicht, ihr vorzuhalten, daß sie ihn verhindert habe, als es noch Zeit war, und ihn jetzt ermahne, da es zu spät sei. Nun wollte sie, daß er mindestens nicht zu Schackle's Hochzeit gehe, aber auch hierin willfahrte ihr Xaveri nicht; er war ja der alte Beschützer des Schackle gewesen und schloß zuletzt auf jede Ermahnung: »Ich bin kein Krämer!«
    Xaveri pfiff lustig, als es zum Hochzeitsschmaus des Schackle ging, und hörte nicht auf das Brummen und auf das laute Schelten seiner Frau, er zog sein bestes amerikanisches Gewand an und versteckte noch darunter sein Waldhorn. Er entsetzte sich fast, als er seine Frau ansah: wie hatte diese sich so fürchterlich verändert! Ihre ganze Erscheinung war so über alle Maßen vernachlässigt, daß er fast gar nicht glauben mochte, das sei seine Frau. Die Zuckerin wußte, daß ihr Mann noch vom Soldatenleben her viel auf ein propres Wesen hielt, und fast zu seinem Aerger vernachlässigte sie sich immer mehr und lachte wenn er sie Hanfbutz (Vogelscheuche im Hanfacker) nannte. »Kannst dich anziehen und auf den Abend auch nachkommen, ich will einmal gut essen!« sagte Xaveri und ging nach dem Pflugwirthshause. Das Waldhorn tönte am Abend das ganze Dorf herauf; es konnte Niemand anders sein, als der Xaveri, der so schön blies. Die Zuckerin saß daheim in Zorn und bitterm Haß und sie wußte am Ende nichts Anders zu thun, womit sie ihren Mann ärgern könnte, als daß sie ein Beil holte, um die Kiste zu zertrümmern. Er hütete die Kiste wie ein Kleinod, er hatte seine Frau gebeten, ja ihr streng befohlen, sie nie zu berühren; darum sollte sie jetzt zerstört werden. Die Zuckerin besann sich aber doch wieder, daß sie einen namhaften Geldwerth zerstörte und ließ nun ihren Zorn damit aus, daß sie mit dem Beil den Namen Xaveri's und die beiden Waldhörner auskratzte. Sie ging vor das Haus und jetzt sagte ihr eine wohlwollende Nachbarin, der Xaveri tanze wie ein junger Bursch. Schnell sprang sie nach dem Wirthshaus und eilte athemlos die Treppe hinauf. Dort tanzte Xaveri eben mit des Pflugwirths Agathe und jauchzte und sang dabei; schnell drang sie durch die tanzenden Paare und stand vor ihrem Xaveri: »Was machst du da?« schrie sie laut.
    »Guck, die ist halt schöner als du!« erwiderte Xaveri. Fluchend mit gellem Schreien, daß darob die Musik einhielt, schimpfte nun die Zuckerin Agathe, die aber ruhig entgegnete: »Was schändest so? Ich mag ihn nicht; wenn ich ihn gemocht hätt', hätt'st du ihn nicht kriegt!«
    »Du siehst ja aus wie ein Hanfbutz!« rief Xaveri und in übermüthiger Laune begann er das Lied zu singen:
     
    I g'sieh kein Rab, i g'sieh kein Vogel –
    Der Hanfbutz, der Hanfbutz, der Hanfbutz isch do!
     
    Die Musik begann die Weisung zu spielen und Alles jauchzte hellauf und tanzte und drückte die Zuckerin hinaus. Diese eilte zu Xaveri's Mutter und zu Trudpert. Bald sah man Letztern auf dem Tanzboden und Xaveri verschwand gleich nach ihm.
    Im Leibgedingestübchen der Mutter gab es nun heftige Erörterungen, oft von Weinen und Schreien unterbrochen. Die Mutter hatte schnell die Laden zugemacht. Es sollte kein Laut nach außen dringen. Xaveri, der ohnedieß nur verzweifelt lustig gewesen war, erkannte wohl bald sein Unrecht, aber er hatte wieder seinen alten Trotzkopf und wollte das nicht gestehen, bis endlich Trudpert, der sein Lebenlang gutmüthig und nachgiebig gegen ihn gewesen war, auf ihn

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