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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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hielt sich bei den adeligen Erbgütern nicht lang auf, sondern wies auf die Bedeutung der großen geschlossenen Bauerngüter hin, wie diese die Stammhalter des Staates seien und wie Alles zu Grunde gehe wenn die Gütercomplexe zersplittert würden und das eintrete, was der Märtyrer für Deutschlands Wohlfahrt und Kraft, Friedrich List, die Zwergwirthschaft genannt. Mit erhobener Stimme pries er die Landschaft glücklich, in der noch nicht der Grundbesitz, das unbewegliche Gut, so sehr zu einem beweglichen geworden sei, daß es davon laufe, wo vielmehr noch die Grundfeste einer mächtigen Bauernschaft bestehe und »freudig« rief er aus »sehe ich mich auch hier um und sehe noch Männer im groben Kittel voll Kraft und Bedeutung, die sich ein Denkmal setzen für ewige Zeiten wie sie es von den Vorvätern überkommen und die es nicht dulden, daß auf ihren großen Ackerbreiten einst nichts als Markstein an Markstein wachsen. Ich sehe mich um und sehe nicht Zwergwirthe, sondern mächtige gesunde Bauernstämme.« Ein allgemeines Lächeln unterbrach den Redner und der Furchenbauer sah stolz umher und schien größer und jünger zu werden. Dieser Tag brachte ihm Preis und Ehre in Fülle. Der Domänenrath ging nun auf den eigentlichen Zweck seiner Rede über, indem er gegen das in der That vielfach verderbliche Verfahren der Zertheilung großer Güter durch Händler, die sogenannte Hofmetzgerei, loszog und damit schloß daß man eine Petition an die Stände unterschreiben solle, damit ein Gesetz erlassen würde zum Schutze der geschlossenen Güter und gegen die Hofmetzgerei. Bevor er die bereits entworfene Petition vorlas, stellte er den Gegenstand zur Debatte.
    »Will Jemand das Wort ergreifen?« fragte er.
    Lautlose Stille.
    Da rief eine Stimme vom Empor: »Ich, ich will dagegen reden.«
    Der Furchenbauer erbleichte. War das nicht die Stimme Albans?
    Der Oberamtmann schickte einen Landjäger auf den Empor, um den Ruhestörer zu entfernen. Noch einmal fragte der Domänenrath: »Will Jemand das Wort ergreifen?«
    »Ja wohl,« rief jetzt eine Stimme neben dem Furchenbauer, daß dieser zusammenfuhr. Ein Lachen und Murmeln zog durch die Versammlung, aus dem man vielfach das Wort hörte: »Ah! der Klein-Rotteck.« Dieser stand auf, hielt das Messer in der Hand und stemmte dessen Spitze auf den Tisch; er schaute gelassen hin und her und wartete bis Ruhe eingetreten war, dann begann er: wie er auch meine, daß große Bauern dem Staat nützlich seien, weil sie noch die einzigen sein könnten, die nicht unterducken; daß dies aber nicht der Fall sei, wo die Ehre und der Verstand fehle »und die hat« setzte er mit erhobener Stimme hinzu »ein Taglöhner, der mit dem Handkarren fährt, ein Bettelmann, der seine Schuhe in der Hand trägt, oft grad so gut und noch besser als Einer der vierspännig fährt. Der Furchenbauer da neben mir,« der Erwähnte fuhr wieder zusammen, »der Furchenbauer hat einen Knecht, ihr habt ihm heute einen Preis gegeben, sein Urgroßvater war ein Bruder von meinem und hat fast nichts bekommen. Darf man die Enkel zu Bettlern machen, warum denn nicht seine Kinder zu Mittelleuten?« Er erhob sein Messer und fuhr fort: »Da liegt ein Laib Brod, ich will sagen er ist mein, ich zertheil' ihn und geb' Jedem von meinen Kindern ein gut Stück; so hab' ich's auch mit meinem Hofgut und so darf ich's haben und Niemand, kein Gesetz und Niemand soll mir's wehren. Das ist und bleibt ein Grundrecht, sei's geschrieben oder nicht. Und weil wir grad davon reden: die große Verfassung gilt jetzt nichts mehr, aber in unserer kleinen, in unserer Landesverfassung ist uns mit deutlichen Worten ›Freiheit des Eigenthums‹ zugesichert. Ich weiß die Worte deutlich und einer von den Herren wird wissen welcher Paragraph es ist –«
    Der Klein-Rotteck hielt eine Weile inne und eine Stimme rief: »der vier und zwanzigste,« worauf der Redner fortfuhr:
    »Also im 24. Paragraph haben wir Freiheit des Eigenthumsrechts. Die Hofmetzgerei ist ein Elend, ein großes Elend, das ist wahr; aber ist nicht ganz Deutschland auch ein zerstückeltes Gut, in der Hofmetzgerei geschlachtet? Und die Zwergwirthschaft –«
    Ein allgemeiner Sturm entstand, der Präsident verwies den Klein-Rotteck zur Ordnung und dieser fuhr ruhig fort, aber nur noch mit halbem Nachdrucke, das freie Schalten über jegliches Eigenthum zu vertheidigen. »Die niedern Leute,« schloß er, »müssen auch Gelegenheit haben, ein Stück Acker zu erwerben, daß sie nicht ewig in

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