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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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hin, indem er dachte, wie der Meister aufschauen würde, wenn er ohne ein Wort zu sagen, mit den Dreschern zum Morgenimbiß käme. Es wird ihm selber Recht sein, daß seine Uebereilung nicht ausgeführt ist; er ist allezeit so hitzig und denkt oft in der nächsten Minute nicht mehr daran. Wenn er dich aber vor allen Leuten aus dem Haus jagt? Was dann? Gestern vor aller Welt für treue Dienste mit der Denkmünze belohnt und heute mit Schimpf und Schande aus dem Haus gejagt. – Was wird Ameile dazu sagen? Bis jetzt hast du selber aufgekündigt und kannst mit Stolz weggehen, und das mußt du wenn der Bauer nicht kommt und dich holt.
    Sieh, die Thüre öffnet sich – nein, es ist die Großmagd, die nach dem Brunnen geht, um Wasser zu holen, sie ruft Dominik zu: »So, du bist noch da? Glück auf den Weg.« Sie trommelte mit einem Scheit Holz auf dem Kübel zum Aerger des Dominik, denn nach altem Brauch ist dies Trommeln auf den Kübel ein Zeichen des Spottes und der Mißachtung gegen einen »wandernden« Dienstboten. Sie ging nach dem Brunnen und während sie wartete, bis der Kübel voll war, sang sie:
     
    Heut ischt mein Bündelestag,
    Morn (morgen) ischt mein Ziel,
    Schickt mi mein Bauer fort
    Geit (giebt) mir et viel.
     
    Dominik kehrte nach der Stallkammer zurück, schnürte seine Gewandung noch fester zusammen, hob sie auf die Schulter und verließ den Hof ohne noch einmal umzuschauen. Er hatte schon zu lange gezögert.
    Als er aber jetzt an das äußere Hofthor kam, wurde ihm doch eine Ehrenbezeigung zu Theil. Die Knechte kamen mit Peitschen, an deren schwanke Spitzen sie rothe Bänder geknüpft hatten, und nun begannen sie allesammt nach einer bestimmten Melodie zu knallen, daß es weithin schallte. Dominik dankte für dieses Ehrengeleit, denn wie man einem Soldaten in's Grab schießt, so gilt es als Ausdruck der Ehre und Liebe der Mitdienenden, daß man einem wandernden Dienstboten nachknalle. Dominik ging fürbaß. Er trug schwer auf der Schulter, aber noch schwerer im Herzen. Als er den Hof hinter sich hatte und an dem Garten vorüber kam, wo der Apfelbaum stand, unter dem er noch gestern Nacht Ameile in den Armen gehalten, da glühten ihm die Wangen, die ganze Liebe des treuen und plötzlich so starken und selbständigen Mädchens lebte wieder in ihm auf. Er schalt sich, daß er immer nur an sein Knechtsleben gedacht hatte; Ameile hatte Recht, ihm fehlte der tapfere Muth, er dachte zu viel daran, daß er ein armer Bursch sei und wie er barfuß als Kühbub auf den Hof gekommen. Es sind schon Mindere hoch hinauf gekommen, halt' dein Glück fest und zeig', daß du es werth bist ... An der Hauskapelle, da wo der Weg umbiegt und abwärts in's Thal geht, dort stand Dominik noch einmal still, schaute nach dem Hof zurück, wo jetzt der Taktschlag der Drescher verstummte, sie gingen zum Essen und fast laut sagte Dominik vor sich hin: als Haussohn will ich da aus- und eingehen.
    Es ist ein tiefdeutiger Spruch: ein Mädchen, das ein ausgelöschtes Licht aus dem glimmenden Docht wieder anblasen kann, ist eine reine Jungfrau. War die Liebe des Dominik nicht schon einmal ausgelöscht? Und wie hellleuchtend hatte sie der Athem Ameile's wieder angefacht.
    Die Gedanken des Dominik, noch vor Kurzem so betrübt und unverzeihlich weichmüthig, wurden auf einmal freudig und fest. Nur über Eines war er noch nicht mit sich im Reinen: ob er es geradezu aller Welt sagen solle, daß ihn Ameile liebe und daß er darum aus dem Hause mußte, oder ob er dieß noch verschweigen und sich eine Zeitlang übler Nachrede aussetzen sollte. Wieder wollte ihn die gewohnte Demuth noch einmal überkommen, aber er bewältigte sie und faßte den unabänderlichen Vorsatz, denen, an deren Meinung ihm liege, den Sachverhalt mitzutheilen, vor Allem dem Hirzenbauer; ob auch der Mutter und den Geschwistern, das wird sich zeigen.
    Wohlgemuth zog Dominik seines Weges. Heute konnte er welchen Weg er wollte einschlagen, heute befahl ihm Niemand mehr. Du bist dein eigener Herr, sagte er sich, aber doch stieg er wieder den Henneweg hinauf. Der Nebel stand fest über Thal und Wald, von den Zweigen floßen Tropfen, aber Dominik wandelte hin wie in lauter Sonne und lichter Freudigkeit. Als er wieder auf dem begrasten Weg und endlich am Grenzstein des Furchengutes dort an der Waldeslichtung war, dachte er nicht mehr an die Pachtung der Schafweide: er wollte mit seinem Ameile ein gut Stück von diesem Gute haben, und wenn nicht im Boden selbst, doch in Geld. Noch

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