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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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einmal dachte Dominik, ob es nicht klüger wäre, wieder umzukehren und nach Reichenbach zu gehen; dort war jetzt Albans Stelle offen, das war ein Ehrenplatz, und er war näher beim Furchenhof. Aber Ameile hat ihn gebeten, nicht in einen neuen Dienst zu treten ... Während des Ueberlegens schritt er immer rasch voran, er wollte, wenn er sich anders entschließe, keine Zeit versäumt haben, und wirklich blieb er auch dabei, zu seiner Mutter zu gehen. Dorthin hatte ihn auch Ameile gewiesen, dort waren ihre Gedanken bei ihm, und er mußte für Ameile die Trau auslösen. Jeder Schritt ward ihm leicht und zur Freude, denn er ging ihn für Ameile.
    In Klurrenbühl im Wirthshaus hielt er an und traf heute große Bewegung, einem der Angesehensten des Dorfes wurden heute im Gantverfahren seine Liegenschaften verkauft. Man erinnerte Dominik, wie vor fünf Jahren hier ein großes Hofgut, das er noch gekannt hatte, zerschlagen wurde; der heut zu Vergantende, ein fleißiger, haushälterischer Mittelmann, kaufte übermäßig viel ein, und nun ist er schon der Dritte, der dadurch vergantet wird, zwei Mißernten und die Kapitalschulden erdrückten ihn und jetzt ist auch sein früheres Besitzthum damit verloren und er ein Bettelmann.
    Die Leute, die Dominik kannten, staunten, als er fragte, was denn das ganze Anwesen im Schätzungswerthe betrage, und als er auf die Auskunft erwiderte: das wär' mir zu klein. Dominik sah schon vor sich, wie er ein mittleres Gut kaufte, es durch Fleiß und Bewirthschaftung höher hob und am Ende doch noch Ameile in ein Glück setzte, wie es ihr gehörte. Er war jetzt in der Stimmung, daß er auf die halbe Welt ein Anbot gethan hätte, so frisch ausgerüstet fühlte er sich. Fast vor seinem eigenen Muthe fliehend, ging er beim Beginn der Versteigerung davon, und immer wehmüthiger ward es ihm jetzt im Herzen, daß er mit jedem Schritt weiter weg von Ameile sei. Es fiel der erste Schnee, der aber alsbald wieder zerging, und der abgerissene Klang aus dem Liede zog Dominik durch den Sinn:
     
    Berg und Thal, kalter Schnee –
    Von Herzlieb scheiden und das thut weh.
     
    Wann wird er den Weg wieder zurückkehren, freudig getrieben von lockender Glückseligkeit? Wenn nur Ameile nicht gar zu hoch über ihm stünde! Freilich, sie hat ein festes Herz, aber sie weiß doch noch nicht, was es heißen will, aus solch einem vollen Hause fortzugehen: der Milchkeller ist allzeit voll und es ist etwas Anderes, wenn man jeden Tropfen sparen muß; daheim ist die Mehltruhe, der Schmalztopf allzeit gefüllt, da heißt es nur: geh da geh dort hin und schöpf; wie aber dann, wenn's klein hergeht und wenn man nach dem was man braucht überallhin ausschicken muß? Wir wollen mit Lieb und Freud jeden Bissen salzen und schmalzen.
    Ein guter Kamerad gesellte sich unversehens zu Dominik, der wußte die besten Herzensgedanken, und der Kamerad war das Lied, das er also vor sich hinsang:

    Es steht ein Baum in Oesterreich
    Der trägt Muskatenbluth,
    Die erste Blume, die er trug
    War Königs Töchterlein.

    Dazu da kam ein junger Knab,
    Der freit um Königs Tochter;
    Er freit sie länger als sieben Jahr
    Und kann sie nicht erfreien.

    Laß ab, laß ab du junger Knab,
    Du kannst mich nicht erfreien;
    Ich bin viel höcher geboren denn du
    Von Vater und auch von Mutter.

    Bist du viel höcher geboren denn ich,
    Vom Vater und auch von Mutter,
    So bin ich dein Vaters gedingter Knecht
    Und schwing dem Rößlein das Futter.

    Bist du mein Vaters gedingter Knecht,
    Und schwingst dem Rößlein das Futter,
    So giebt dir mein Vater auch guten Lohn,
    Daran laß dir genugen.

    Der große Lohn und den er giebt,
    Der wird mir viel zu sauer;
    Wenn andre zum Schlafkämmerlein gehn,
    So muß ich zu der Scheuer.

    Des Nachts wohl um die Mitternacht,
    Das Mägdlein begunnte zu trauern,
    Sie nahm ihre Kleider in ihren Arm
    Und ging wohl zu der Scheuer ...

    Das war ein braves Lied. Dominik wußte wohl, es hat noch mehr »G'sätzle«, aber er kannte sie nicht und erinnerte sich nur, daß der Knecht des Königs Schwiegersohn wurde. Und was in alten Zeiten geschehen ist, kann auch wieder geschehen. Und wenn Ameile auch »höcher ist denn er von Vater und auch von Mutter,« so ist sie doch keine Königstochter und hat ihn gewiß mehr lieb als die von alten Zeiten. »Dich nehm' ich und keinen Andern« das sind ihre Worte gewesen. Wenn's nicht wahr wär', hätt' man kein Lied darauf gesetzt. Und Dominik sang die Verse aber- und abermals mit voller Lust und

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