Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
Vom Netzwerk:
wird heulen? Rechtschaffen und lustig –«
    Die Beiden redeten lange kein Wort mehr, der Quell des Wortes war versiegelt, in stiller Nacht hingen sie Lippe an Lippe.
    »Sieh den Stern!« rief Ameile nach einer fliegenden Sternschnuppe den Kopf wendend, aber nicht nach ihm deutend, denn es ist bekannt, daß man mit Hindeuten nach einem Stern einem Engel die Augen aussticht. In begeistertem Ton fuhr Ameile fort: »Weißt noch wie du mir gesagt hast, ein Sternschuß ist ein verirrter Stern, der wieder an seinen Ort heimkehrt? So sind wir Zwei jetzt auch. Da, jetzt wollen wir uns Braut und Bräutigam heißen. Du mußt mir eine Trau geben. Weißt was? Deine Denkmünze, das ist mir das Liebste.«
    »Ich hab' sie nicht mehr.«
    »Wo hast sie denn?«
    »Ich hab' sie meiner Mutter geschickt. Ich hab' sie dem Hirzenbauer versetzt, daß er meiner Mutter ein paar Gulden geben soll. Ich hätt' dir das nicht sagen sollen, ich will mich aber nicht berühmen. Ich hab' im Gegentheil an meiner Mutter bisher zu wenig gethan.«
    »Vor mir darfst dich berühmen. Das ist mir lieb, daß ich jetzt auch weiß wo du hingehst. Ich bin doch dumm. Ich hab' gemeint, du mußt in die wilde Welt hinaus. Du hast ja auch ein' Mutter. Das ist gut. Grüß sie von mir und sag' ihr, sie soll mir meine Trau gut aufheben und soll sich am Leben erhalten, bis sie auf unserer Hochzeit lustig ist. Und wenn dir was vorkommt, daß du eine Annahme brauchst, geh' nur zur Oberamtmännin und sag's ihr nur frei, du seist heimlich mein Hochzeiter, sie weiß schon so was, und die wird dir in Allem helfen und beistehen, die hat den klaren Verstand zu Allem und ist so grad wie eine rechtschaffene Bauernfrau, gar nicht wie eine Herrenfrau. Und noch Eins: verding' dich nicht in einen andern Platz, du wirst dir schon so forthelfen und thu's mir zulieb und geh' heut' nicht in der Nacht fort, du hast nächt (vergangene Nacht) nicht geschlafen und bist müd; wart bis Tag ist.«
    Noch Vieles plauderten die Liebenden zusammen in Scherz und Ernst, sie wollten gar nicht voneinander lassen; endlich aber mußten sie sich doch trennen.
    Ameile ging still und gedankenvoll nach dem Hause, sie öffnete es leise. Als sie die Bühnentreppe hinanstieg zu ihrer Kammer, die der Schlafkammer der Brüder gegenüber war, wurde sie plötzlich von starken Händen gefaßt und eine Stimme rief:
    »Wer bist? Wer ist da?«
    Ameile schrie laut auf. Die Mutter kam mit Licht herbei und sah wie der Vater die Tochter fest in den Armen hielt.
    »Du bist's?« rief der Vater, »So? Ich weiß wo du gewesen bist, aber still, still, nicht gemuckst, daß Niemand im Haus Etwas erfährt, still sag ich.«
    Er schleppte Ameile nach ihrer Kammer, schloß sie ein und nahm den Schlüssel zu sich.
     

Ein armes Kind im Elternhaus.
     
    Ein gut gestelltes Hauswesen geht ordnungsmäßig fort, ohne täglich frisch aufgezogen zu werden. Der rasche Taktschlag der Drescher war schon laut, als Dominik ärgerlich ob seines langen Schlafes erwachte; er besann sich aber, daß er ja das Hans verlassen müsse, aus dem er so plötzlich gewiesen war. Er sputete sich. Verwirrt schaute er sich im Hof um; wie viel hundertmal hatte er's gehört und sich selbst gesagt, daß er wie das Kind im Hause gehalten sei und jetzt – abgelohnt, fortgeschickt, du gehörst nicht mehr hieher ... Da war kein Werkzeug im Hof, das er nicht gehandhabt, an dem er nicht Etwas gerichtet hatte, jedes Thier kannte ihn, seinen Tritt und seine Stimme, und jetzt – hinaus, fort, das geht dich Alles nichts an. – Aus dem Hause stieg der morgendliche Rauch auf, dort wird keine Suppe mehr für dich gekocht, du holst dir dort nicht mehr unter Scherz und Neckerei eine glühende Kohle für deine Pfeife. Wo nur Ameile sein mag, daß sie sich nicht einmal vorübergehend am Fenster oder unter der Thüre zeigt? Da drin lebt Alles weiter, als ob du nie dagewesen wärest, und wer weiß, ob sie nicht auch Ameile dazu bringen? Nein das nicht, das wird nie sein. Wie wird's aussehen, wenn du wieder in die Stube trittst und die Tochter begehrst? Bis dahin muß die Welt anders werden.
    Noch nie in seinem Leben war Dominik an einem Werkeltags-Morgen so lange müßig dagestanden, heute konnte er nicht vom Fleck und er durfte ja thun und lassen was er wollte, er war Herr über sich und seine Zeit. Dennoch war's ihm manchmal wieder, als müsse er auch zu den Dreschern; das ist die gewohnte Ordnung, das muß sein, davon kann ihn Niemand abhalten. Eine Weile lächelte er vor sich

Weitere Kostenlose Bücher