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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Maurermeister, er könne wohl Baumeister heißen; in dieser bösen Welt aber hätten die großen Herren alle schönen Titel für sich allein genommen.
    Seb gab seinem erstgebornen Sohne den Namen des Schutzpatrons der Baugewerke: Johannes.
    Die Schwalben vor dem Fenster zwitscherten, wenn Zilge ihr Kind in den Schlaf sang, und sie, die allezeit still und sinnend war, erweckte auf Einmal einen ungeahnten Schatz von Liedern, die ihr im Gedächtnisse schlummerten; sie sang sie dem Kind und sich selber zur Lust.
    Und wenn Zilge bei der Arbeit still war, sangen ihr die Schwalben geheimnißvolle Weisen. Ja, man thut den Schwalben Unrecht, wenn man ihnen nur ein Zwitschern zuerkennt. Wenn sie so ruhig auf der Dachfirste sitzen, schlingen sie Töne ineinander, so innig, so aus tiefster Seele und so fein, daß es ist als sänge Jemand das schönste Lied, aber nur mit halber Stimme, nur für sich, nur in sich hinein. Sängen die Schwalben so laut wie die Nachtigall und Lerche, man hörte nur noch auf sie. Wird es einmal einen nie dagewesenen herrlichen Frühling geben, in dem das leise halbstimmige Singen der Schwalben zum schmetternden Klange wird? Oder können sie nie aus voller Brust laut hinaus jubeln, weil sie doppelten Frühling und doppelte Heimath und eigentlich Keines recht und einzig haben? ... Es ist das beste Zeichen einer von Sorgen befreiten und frohgeweckten Seele, wenn sie sich hinein versenken will in das geheimnißvolle Leben von Thier und Pflanze und sich selber drin vergißt.
    Zilge konnte allerlei denken und grübeln, ohne doch je in ihrer Thätigkeit lässig zu sein, ja sie war emsiger als je, ihr stetes Denken und Arbeiten war darauf gerichtet, die Schulden, die sie noch vom Hausbau her hatten, abtragen zu helfen, und bevor das Töchterchen angekommen, war dieß gelungen. Das Haus war vollständig bezahlt und Vieles in dasselbe eingeschafft; wohlgemuther sah kein Ehepaar darein, und fröhlicher grüßte und dankte keins als Seb und Zilge, wenn sie Sonntag Morgens mit einander zur Kirche gingen und aus derselben heimkehrten. Dieser gemeinschaftliche Kirchgang ist oft eine selbständige heilige Feier, der die eigentliche nicht gleichkömmt. Zilge sagte einst auf diesem Kirchgange zu Seb:
    »Wenn ich so mit dir geh', jetzt vor Gott und der Welt dein und du mein, da ist mir's gar nicht als ob wir zwei Menschen wären und Jedes für sich allein gehen könnt'! Und jetzt können wir bald unsern Johannes mit nehmen, und da sind wir dann Beide in Einem Stück. Und unser Haus hab' ich mit der Nadel und du mit dem Hammer aufgebaut. Man könnt' ein Räthsel drauf machen.«
    »Ich glaub' nicht, daß der Pfarrer mir was besseres sagen kann als du,« erwiderte Seb lächelnd, und noch in der Kirche auf ihren getrennten Plätzen schauten sie einander oft an.
     
Der Grund wankt.
     
    Es war gegen den vierten Frühling, da regnete es wochenlang unablässig, man sah die jenseitigen Waldberge den ganzen Tag nicht, die Tannen an der Westseite des Hauses sausten und brausten unaufhörlich und ein brauner Strom stürzte am Hause die Wiese hinab.
    Seb grub dem Wasser einen Graben, etwas entfernt von der Mauer; aber der Ziegler, dem die Wiese gehörte, that Einsprache: wenn das Wasser ungesammelt den Berg hinabrollte, tränkte es die Wiese, und jetzt riß es eine tiefe Schrunde hinein, und floß unnützlich ab. Die Sache kam vor den Schultheiß und Seb war mit seinem besten Freunde im Widerstreit.
    In einer Nacht schrie Zilge plötzlich auf, sie wollte gespürt haben, wie das Haus sich senke. Seb gestand ihr, daß das schon längst der Fall sei, er behauptete aber, daß nichts Neues geschehen, und beschwor nun seine Frau, ihre Wahrnehmung geheim zu halten, da sonst sein ganzes Ansehen und sein Erwerb zerstört würde.
    Zilge faßte ihre beiden Kinder in ihre Arme, »O Gott meine Kinder! Wenn das Haus einstürzt« – jammerte sie.
    »Und an mich denkst du gar nicht?« fragte Seb erbittert.

    »Ich denk' ja auch nicht an mich,« erwiderte sie.
    Seb ging unter heftigem Regengusse hinaus und sah, daß der Ziegler den Graben zugestopft hatte, so daß das Wasser wieder zerstreut abfloß; das ganze Haus stand ringsum wie in einem Bache. Er arbeitete nun aus allen Kräften, und als der Tag anbrach, zeigte sich, daß das Haus noch um ein Merkliches gewichen war.
    Seb eilte zum Schultheiß, sein Ungemach ließ sich nicht mehr verhehlen, der Ziegler sollte ihm nun dafür einstehen, aber noch als er beim Schultheiß war, kam ein Bote und

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