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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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mehr ein Tadel, denn er vernahm dabei, was man ehedem von ihm gehalten.
    Es gab wohl nie einen weniger aufgeweckten Bräutigam als Bläsi. Er that Alles was Vater und Mutter ihm sagten, mehr aber auch nicht. Denselben Weg, den er mit Erdmuthe gegangen, ging er nun zu seiner Braut und wenn er zu ihr kam, mußte er sich immer erst erinnern, was er sei und was er hier zu thun habe. Die Leute schüttelten oft den Kopf über sein seltsames Wesen. Als ihn einst seine Braut eine große Strecke Wegs heim geleitete und unter dem Apfelbaum am Wegweiser sich niedersetzen wollte, schrie er mit entsetztem Angesichte:
    »Nicht, nicht, nicht, da sitzt ein Geist,« und fort rannte er.
    Andern Tages kam der Heiligenpfleger von Seebronn, brachte die Brautgeschenke wieder zurück und löste das geschlossene Band, da Bläsi irrsinnig sei.
    Eine tiefere Kränkung hätte Gottfried nicht erfahren können, als daß man seinen Sohn abwies und ihm solches nachsagte. Er redete fortan kein übriges Wort mehr mit Bläsi, der die Auflösung seines Bräutigamstandes aufnahm, als ob das ihn gar nichts anginge, er blieb still und schaute immer träumend drein. Sein Schwager war der einzige, dem er sich anschloß, er arbeitete lieber für ihn als im elterlichen Hause und wenn man nach dem Kornmarkt fuhr, der jetzt nach der Stadt verlegt war, leistete er am liebsten Knechtesdienste und blieb bei den Pferden. Dabei sah er in gleicher Weise wie vordem frisch und jugendlich aus, nur hatte er die seltsame Angewohnheit, daß er auf manche Anrede nichts antwortete, sondern nur still wehmüthig lächelte.
    So vergingen drei Jahre.
    Als einst in der Zeit der beginnenden Heuernte Bläsi seine Pferde auf dem Marktplatz in der Stadt tränkte, da kam Traudle zu ihm und winkte ihm schon von fern, er sah sie kommen, aber er rührte kein Glied und dankte nicht ihrem Gruße.
    »Gottlob, daß du da bist,« rief Traudle. Bläsi sah, daß seine Pferde die triefenden Mäuler aus dem Troge hoben, er pfiff ihnen, aber sie soffen nicht mehr und er führte sie in das Wirthshaus zurück. Traudle konnte vor raschem Athem nicht sprechen, sie ging neben ihm her und sagte:
    »Bläsi, wach auf, Schlafenszeit ist vorbei.«
    Er sah sie kaum an und band die Pferde wieder an die Krippe.
    »Hörst mich denn gar nicht? Ich hab' dir was Gutes zu sagen, an das kein Mensch denkt. Um Gottes willen, bist denn wirklich hintersinnt?« fragte Traudle mit steigender Angst und prallte scheu zurück, als Bläsi sie durchbohrend anschaute.
    »Was willst von mir? Was hast?« fragte er endlich.
    »Hinter der obern Mühle am Bachsteg wartet ein Mädle auf dich und hat mich zu dir geschickt. Sag, thut dir's nichts, wenn ich dir sag' wer's ist? Sag's doch. Es ist ein Mädle, es bringt dir Botschaft von der Erdmuthe.«
    Als ginge plötzlich die Sonne auf, so hell wurde das Antlitz Bläsi's, er faßte Traudle am Arm, daß sie laut aufschrie.
    »Wo ist das Mädle? Wo?« fragte er.
    »Komm mit.«
    Er ging raschen Schrittes neben Traudle, und als sie über den Steg kamen, sah er eine verhüllte Frauengestalt mit einem weißen Kopftuche und einem Bündel auf dem Rücken, ähnlich wie sie aus der Umgegend auf Wallfahrten ziehen. Die Gestalt saß unter dem Weidenbaum in sich zusammengekauert, jetzt richtete sie das Haupt empor, ein braunes Auge leuchtete, die Gestalt richtete sich auf und Bläsi rief:
    »Bist du nicht? ... Heiliger Gott im Himmel, du bist's.«
    Ein Freudenschrei ertönte, den das gewaltige Rauschen des Stromes nicht verdecken konnte. Erdmuthe und Bläsi lagen einander in den Armen.
     
An den rauschenden Wellen.
     
    »Glaub' nicht, daß ich kein rechter Mann bin, ich kann nicht anders, ich muß weinen, du glaubst nicht wie viel tausend Thränen mir in's Herz gesunken sind. Es wird mir so leichter. Laß nur.« So beruhigte Bläsi, da Erdmuthe seine in's Unfaßliche gehende Erregung beschwichtigen wollte, »ich freu' mich nur, daß ich dich gleich erkannt habe, du hast dich ganz verändert, aber deine Augen, die sind's noch. Jetzt sag, wie ist's denn möglich? Ist's denn wahr, daß du da bist? Wie hat's denn nur sein können? Sind's denn schon drei Jahr, seit du fort bist oder ist's erst seit gestern?«
    So oft auch Erdmuthe beginnen wollte, ihre Geschichte zu erzählen, sie wurde immer wieder unterbrochen von Ausrufungen der Liebe und Verwunderung. Endlich verbot sie jede Zwischenrede und begann:
    »Da an dem Platz wo wir jetzt sind, da hat mein großes Unglück angefangen, da hat sich mein

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