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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Sag's frei, magst mich oder nicht?«
    »Ach Gott, ich kann dir's nicht sagen, wie lieb –« Sie umhalste ihn und lange hielten sie sich fest in den Armen, die ganze Welt war vergessen und sie hörten nichts als das Klopfen ihrer Herzen und sahen nichts als das Eine in das Auge des Andern. Bläsi gewann zuerst wieder das Wort:
    »Willst du jetzt noch einmal heim?«
    »Ich muß ja, ich muß.«
    »Es ist auch gut. Mein Vater ist grimmig gegen dich, wie ich ihn noch nie gesehen hab', aber das wird sich schon geben. Hast denn gar nichts geahnt, wie du zu uns kommen bist?«
    »Ich weiß nicht, wie ich gegen das Dorf kommen bin, ist mir's gewesen, wie wenn mich der Boden festhalten thät' und dann bin ich da drüben gewesen auf dem Grab meiner Mutter, und in deinem Haus ist mir's so heimelig gewesen und es ist mir Allerlei durch den Kopf gangen, aber wie ich gehört hab', daß man auf meinen Vater schimpft, da ist mir wieder alle Gelust vergangen; ich bleib' in keinem Haus, wo man so über meinen Vater redet, er hat das beste Herz von der Welt, freilich schwach ist er, aber er muß selber am meisten darunter leiden und es hat Keiner das Recht darüber zu schimpfen. Jetzt Bläsi, jetzt mußt du mir helfen, ich weiß nicht mehr wo ich bin und was ich zu thun hab'.«
    Mit stolzem Selbstgefühl seiner Männlichkeit erklärte Bläsi, daß er sich das schon ausgedacht habe. Erdmuthe solle ihrem Vater das Geld für die Ueberfahrtskosten geben und mit dem Uebrigen nach Hollmaringen kommen, dann sei beiden Theilen geholfen. Statt diesen Vorschlag, wie Bläsi erwartet hatte, als klug zu loben, sagte Erdmuthe:
    »Ich möcht' ihm lieber Alles lassen, ich will gar nichts mehr mit Geld zu thun haben, es graust mir davor; andere Mädle haben gar nichts damit zu schaffen und ich muß mich so viel mit 'rumplagen.«
    Bläsi fand das Letztere richtig, wenn er auch nur halb den Widerwillen Erdmuthe's anerkannte; er wiederholte ihr, daß sie großjährig sei und daß es eine Sünde wäre, das Geld an Cyprian zu verschleudern.
    Mitten im sonnigen Erleuchten der Liebe Erdmuthe's zog plötzlich eine verfinsternde Wolke darüber; sie hatte zu oft und Jahre lang von dem Geize der Gottfriedischen reden hören und sie sah auch Bläsi davon befangen. Wenn es nicht wäre, warum will er nicht dem Vater Alles geben, um sie zu retten? Bläsi deutete die Veränderung ihres Antlitzes und ihr Verstummen anders. Er rieth Erdmuthe, da sie sich vor dem Austrage der Sache fürchte, wieder in's Dorf zu seiner verheirateten Schwester zurückzukehren und ihm allein oder seinem Schwager Alles zu überlassen. Das wollte und konnte Erdmuthe nicht, sie mußte mit ihrem Vater allein zurecht kommen, sie durfte auch sein Vertrauen auf ihre Rückkehr nicht getäuscht haben; mußte er nicht an der Welt verzweifeln, wenn sie, seine letzte Hoffnung, ihn hinterlistig verließ? Oder wollte sie auch Bläsi beweisen, daß sie für sich allein Kraft genug besaß?
    Noch einmal siegte die überströmende Macht jugendlicher Liebe und mit dem Rufe: »Es gibt gar kein Geld in der Welt, horch wie der Fink da über uns lustig ist und hat keinen Kreuzer im Sack,« umhalste sie abermals den Bläsi und tausend Erinnerungen und Begegnungen wurden ausgetauscht und gelacht und gejubelt und sie erfanden verschiedene Küsse, der eine war für den Vetter, der andere war für den Bräutigam, der eine war für die Base, der andere für die Braut. Bald mußte Bläsi aufstehen, des Weges daherkommen, grüßen und ein Gespräch anknüpfen, wie es früher hätte sein sollen, bald mußte Erdmuthe die gleiche Rolle spielen und sie verstand es noch viel scherzhafter und dann saßen sie wieder beisammen und hielten sich umschlungen und dann hieß es: »Jetzt ist wieder ein Jahr vorbei,« und noch eines wurde gespielt und immer wieder. Die Sonne sank nieder als Bläsi sagte:
    »Sieben und siebenzig Jahr möcht' ich so leben.«
    »Und hernach laß ich mir noch was dreingeben,« lachte Erdmuthe. Bläsi bedauerte, daß er nichts habe, das er ihr als Liebesangedenken geben könne, aber er versprach ihr, wenn sie zur Hochzeit der Rosel komme, ihr einen goldenen Ring zu geben.
    »Silber oder Gold ist mir eins,« scherzte Erdmuthe.
    »Das Wort gilt,« bestätigte Bläsi und wie erschreckt fuhr sie zusammen vor diesem Zusatz; hatte sie nicht ihrem Vater auch das Wort gegeben, fest und standhaft zu bleiben? Durfte sie auf das Wort eines Andern, durfte man auf ihr Wort mehr trauen?
    Wie das immer nach gewaltigen

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