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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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fürchte. Leise in's Ohr sagte er Erdmuthe:
    »Grab' ein bisle am Apfelbaum beim Wegweiser auf der Ackerseit', du wirst was finden, nimm es zu dir.«
    Ein eigener schelmischer Zug schwebte auf seinem Antlitz als er dann laut »Regele« bat, ihn nicht zu verkennen, wenn er auch manchmal barsch und grob gegen sie sei und als eben ein Hollmaringer vorüber ging, übte er das sogleich und wiederholte in polterndem Ton die Bedingungen unter denen er die beiden Taglöhnerinnen in Dienst nahm, und ging davon.
     
Der Heimgang der Verhüllten.
     
    Erschien Bläsi seinem Schwager, mit dem er heimwärts fuhr, als ein Wunder, so erschien ihm die ganze Welt und er selber sich noch mehr als ein solches. War's denn möglich, war's nicht ein Traum, daß Erdmuthe wieder da war? Er schrak zusammen als er diesen Namen in sich hineindachte, als hätte er sich verrathen, und leise vor sich hin sagte er: »Regele.«
    Die beiden Frauen gingen barfuß den Weg neben der Straße und trugen ihre Schuhe auf den Rückenbündel geknüpft; Bläsi deutete schon von fern mit der Peitsche nach ihnen und fragte seinen Schwager:
    »Was meinst, daß mein Vater dazu sagen wird, daß ich sie gedingt habe?«
    »Der wird sich freuen, daß du wieder so hellauf bist und dich auch wieder von selbst um etwas annimmst und Muth hast.«
    Bläsi knallte mit der Peitsche als er an den beiden Frauen vorüber fuhr, die still grüßten, er knallte fort und fort hin und her, das war ja das einzige Freudenzeichen, das er, ihnen allein verständlich, kundgeben konnte und Erdmuthe verstand die innere Musik, die aus diesem unmelodischen Knallen heraustönte. Sie ging den stundenlangen Weg still mit Traudle und nur manchmal klagte sie über die Beschwerlichkeit des Gehens:
    »Ich bin die halbe Welt ausgewandert, und jetzt ist mir's als ob mir bei jedem Schritt die Kniee brechen.«
    Sie hatte heute schon zu viel erlebt, um noch bei rüstiger Kraft zu sein. Traudle wollte auf Bläsi schelten, daß er sie nicht mit auf den Wagen genommen, aber sie mußte auf die Einreden ihrer Begleiterin bald schweigen.
    Als man am Wegweiser beim Apfelbaum anlangte, rannte Erdmuthe ihrer Begleiterin vorauf, grub nach Anweisung Bläsi's an dem Baume und fand einen silbernen Ring von jener Art, wie sie ein Bursche seinem Mädchen als Verlobungsring giebt. Sie steckte ihn an den Finger und küßte ihn, und Traudle war die Erste, die ihr glückwünschte: sie hatte bis jetzt doch noch an Bläsi gezweifelt, nun war auch sie bekehrt. Erdmuthe erzählte, wie sie hier einst mit Bläsi gesessen und lichte Freude durchströmte sie; als sie wieder aufstand war sie voll frischer Kraft, daß sie fliegen zu können glaubte. Noch einmal mußte sie von der Wehmuth sich bewältigen lassen; sie schaute hinüber nach jener Buchenumhegung, daraus die schwarzen Kreuze schauen, sie durfte jetzt nicht dort sich niederwerfen, sie war eine Andere, und sie war eine Bettlerin, die barfuß und demüthig in ihre Heimath einzog. Sie hatte sich vor dem Dorf die Schuhe anziehen wollen, aber Traudle hatte sie bedeutet, daß sich das für eine Taglöhnerin nicht schicke und ihr übel ausgedeutet würde. Sie schaute kaum auf als sie durch die Gassen ging, und wendete gewaltsam den Blick ab als sie zum Elternhause kam. Der lahme Klaus saß wieder auf der Steinbank und strickte, er stierte sie an, der Knäuel unter dem Arme entfiel ihm, er erkannte sie nicht, und doch wäre das Gegentheil Erdmuthe jetzt lieb gewesen, denn sie zitterte im Herzen vor all der Verstellung, die sie üben sollte; sie sollte den Menschen nahen, die ihr allein auf Erden geblieben waren, und doch keine Hand nach ihnen ausstrecken, kein Liebeswort ihnen sagen.
    Die Schultheißin hieß Traudle und deren Tochter willkommen und gab ihnen auf der Hausflur zu essen; aus der Stube hörte man die laute Stimme Gottfrieds, der den Streit zweier Männer zu schlichten suchte.
    Bläsi ging an den beiden Frauen, die aus dem Schooße aßen, vorüber und sagte: »Gsegn' es Gott. Traudle, ich glaub' dein' Tochter ist ein bisle heikel, red ihr zu, daß sie essen soll, ihr krieget nichts mehr bis auf den Abend und ihr könnet gleich mit mir hinausfahren und helfen Heu einthun.«
    Erdmuthe aß mit gutem Appetit und die Schultheißin lobte sie nachher besonders, weil sie so schnell Bescheid im Hause wußte, das Geschirr spülte und an seinen Platz stellte, ehe man sich's versah.
    Bläsi stand aufrecht im Wagen und Traudle und Erdmuthe fuhren mit ihm hinaus auf die Wiese, er

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