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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Vater in's Wasser stürzen wollen, wenn ich nicht mit ihm geh', und wahr bleibt's, wie's auch kommen ist, ich bin doch seine einzige Freud' auf der Welt und unterwegs hat er mir all' Stund gedankt, daß ich ihn nicht verlassen habe. O Bläsi, glaub' mir und thu' mir die Liebe und zweifle nicht daran, ich will dir's zeitlebens vergelten, er ist an dem was mir geschehen ist, so unschuldig wie du; nur das ist sein Unrecht: er hat mir die Höll' vorgestellt wenn ich zu euch komm' und wie dein Vater dich zu todt plagt, und dir zulieb und ich kann's jetzt selber nimmer begreifen, wie mir's gewesen ist, und ich hab' auch gedenkt, du nimmst's vielleicht doch leichter und mein Vater hat sonst Niemand, der ihm ein gutes Wort gönnt, die Großen und die Kleinen fahren Alle auf ihn hinein, wenn er ein Wort sagt, und da bin ich halt fort und es ist mir immer gewesen, wie wenn das doch nicht Ernst wär' und ich käm' morgen wieder heim und doch sind wir immer weiter gefahren, hundert und hundert Meilen Wegs, bis wir an dem großmächtigen Meer Halt gemacht haben, man heißt den Ort Antwerpen. Wir haben lang da bleiben müssen, bis die Anderen nachkommen sind und mein Vater hat mir jeden Kreuzer verrechnet, den er ausgeben hat, und ich hab' unser Geld immer bei mir tragen müssen, der Vater hat's nicht zugeben, daß ich's in einen Schrank verschließ' und er selber hat's auch nicht genommen; da bin ich dir immer herumgelaufen, so geplagt und ich hab' fast gar nicht gehen können und mein Herz ist mir noch viel tausendmal schwerer gewesen und ich hab' mich oft fast hintersinnt und ich hab' herausbringen wollen, warum gerad ich das Alles durchmachen muß und hab's doch nicht gefunden. Unter dem Durcheinander von den Schiffen und den Menschen ist mir so sterbensbang gewesen und wenn's kein' Sünd' gewesen wär', ich wär' in's Wasser gesprungen und wenn ich alles Geld von der Welt hätt' mit mir nehmen und in's Meer versenken können, ich wär' doch und noch viel lieber hineingesprungen. Das Geld ist doch an allem Unglück in der Welt schuld.«
    Bläsi schüttelte nur abwehrend den Kopf und Erdmuthe fuhr fort:
    »Wie die Frau mit den Geschwistern kommen ist, da hab' ich mein Geld in meine Truhe thun dürfen und es ist immer Eines als Wache dabei blieben. Einmal komm' ich dazu, wie der Vater mit der Frau fürchterliche Händel hat, wie ich dazu komm', sind sie plötzlich still und der Vater hat mich nachher, wie wir allein gewesen sind, gewiß eine Stunde bei der Hand gehalten und mir alles Liebe und Gute gesagt und geweint. Damals ist mir das nicht besonders aufgefallen, aber nachher hab' ich dran denken müssen, was das Alles zu bedeuten gehabt hat. Am Morgen vor der Abfahrt, wie wir Alle auf dem Schiff sind, schickt mich mein' ... mein Mutter noch einmal in die Stadt, ich soll einen Sack Erbsen holen, den wir im Wirthshaus haben liegen lassen; mein Vater will gehen, aber sie leidet's nicht und er ist leider Gottes auch nicht ganz bei sich gewesen; auf das Schiff zu gehen ist ihm doch gar hart geworden und er hat sich durch den Wein den Jammer vertreiben wollen. Wie ich vom Schiff absteig', welscht Einer mit mir, aber ich versteh' ihn nicht. Ich geh' in die Stadt, ich find' den Sack nicht, es will Niemand was davon wissen, daß er liegen blieben sei; ich geh' wieder in's Schiff – Bläsi, ich hab' in's Wasser springen wollen, das Schiff ist fort und ich bin allein da, allein, ausgesetzt, verlassen und verstoßen. Bläsi, kannst dir denken wie mir's da gewesen ist ... Die Leute haben gemerkt, was mit mir geschehen ist und sie haben mich vom Boden aufgerichtet wo ich hingefallen bin und da war auch ein Deutscher und der hat mich getröstet und hat mir versprochen, er will mir helfen, daß ich den Meinigen nachreisen kann. Da bin ich gesessen am Boden und hab' nicht reden können und nicht gehen und die Leute haben mir Silber- und Kupfermünzen in den Schooß geworfen. Noch einmal Geld und immer Geld! Was will denn ich noch davon? Ich will sterben. Sie haben mich in die Stadt geführt; wie ich erwacht bin, haben sie mir gesagt, daß ich lang geschlafen hätt'. Das Traudle hat mir oft Geschichten erzählt von Kindern, die von ihren harten Eltern im wilden Wald im tiefen Schnee ausgesetzt worden sind; aber schwerer als mir ist's gewiß Keinem geworden, und ich bin dir so verlassen und unbeholfen gewesen wie ein kleines Kind, das kaum sagen kann, wie sein Vater heißt. Der Deutsche, ist es ein Jud' gewesen, der selber Auswanderer

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