Schwarzwaelder Dorfgeschichten
hinüberschickt, hat mich umsonst über's Meer bringen wollen, ich hab' aber nicht gewollt, ich hab' bei ihm im Haus ein Jahr gedient und er und die Frau, sie ist auch eine Schwäbin, sind gut gegen mich gewesen, aber ich bin doch fort und bei Köln bin ich krank worden, und da bin ich wieder in Dienst gangen zu einem Bauer und jetzt bin ich da. Ich hab' geglaubt, du bist schon lang verheirathet, Bläsi, und ich hab' bei dir dienen wollen, und da bin ich zuerst zum Traudle, das hat auch Trauer, sein' Tochter ist ihm gestorben und wir haben einander getröstet, so gut wir haben können und sie hat gesagt: du hättest dir mein Weggehen so arg zu Herzen genommen, daß du hintersinnt seist und da hab ich dir helfen wollen –«
»Und du hast mir geholfen und ich weiß gewiß, ich wär' gestorben, wenn du nicht kommen wärst –«
»Jetzt sag' aber, Bläsi, was soll ich jetzt anfangen?«
»Du gehst mit in mein Elternhaus.«
»Nein, so nicht, das geht nicht.«
»Hast auch Recht, ich weiß schon einen Ausweg, ja, das ist gescheiter. Du hast ja im Feld schaffen können. Kannst's noch ordentlich?«
»Freilich, ich hab' mich ja mit dem Traudle über die Sommerzeit verdingen wollen. Ach! ich hab' nicht glaubt, daß ich mit dir wieder zusammen komm', und doch, wenn ich sagen soll –«
»Was? Was thätest du sagen?«
»Daß das Traudle Recht gehabt hat. Ich bin wieder heimezu und hab' doch kein' Heimat, und da bin ich zum Traudle und bin grad recht kommen, ihm in seiner Noth beizustehen, seine Tochter ist ihm gestorben und da haben wir Eines über das Andere weinen können. Aber davon hat man nicht gessen, im Gegentheil, mich macht das Weinen viel hungriger –«
»Hast denn heut schon was gessen?«
»Jawohl, schau, da hab' ich noch Brod im Sack. Du hast doch ein gutes, gutes Herz, das hab' ich immer gewußt und ich hab' denkt du wärst schon lang verheirathet; am selben Abend, wo ich von dir geschieden bin, hab' ich gehört, daß du mit des Heiligenpflegers Tochter von Seebronn dich versprechen wirst –«
»Und warum bist denn doch wieder kommen?«
»Hundertmal hab' ich mir das auch auf Wege gesagt: du kannst euch Beide noch unglücklicher machen. Und doch bin ich mit dem Gedanken immer weiter gangen und ich hätt' gern dir Gutes gethan und dir gedient und deinem Vater auch, er hat es doch auch gut mit mir gemeint –«
»Ja, das hat er und er hat Trauerflor um dich angelegt und hat gesagt: du seist gestorben, und man darf nicht anders von dir reden als von einer Verstorbenen.«
Erdmuthe weinte laut als sie dies hörte, Traudle aber trat herzu und schalt Bläsi, daß er der Verlassenen das Herz noch schwerer mache, das Reden solle jetzt einmal ein Ende haben, er solle sich als Mann zeigen und fest auftreten.
Mit einer Heiterkeit des Antlitzes, die gar nicht zu seinem Vorschlage paßte, die ihm aber die Freude über seinen Einfall aufprägte, erklärte nun Bläsi:
»Ich glaub' nicht, daß dich Jemand im Ort kennt, Erdmuthe, und so mit dem Tuch nun gar nicht und du mußt dich nicht kennen lassen, von Keinem. Traudle, wie hat dein' Tochter geheißen.«
»Regele« (Regina), antwortete die Gefragte mit einem tiefen Seufzer.
»Gut. Kennt man dein' Tochter in Hollmaringen?«
»Nein, sie ist nie in Hollmaringen gewesen, mein' Schwester hat sie angenommen gehabt, weil sie selber kein Kind hat. Wenn ich die Erdmuthe anseh', mein' ich noch immer mein Regele lebt und sie haben's in Lichtenhardt auch gesagt, daß sie sich gleich sehen. Warum sollen sie auch nicht? Sie sind ja Bruderskinder.«
»Um so besser,« sagte Bläsi, »Erdmuthe, du heißt jetzt Regele und bist des Traudle's Tochter.«
»Ja, ich hab' sie so lieb wie mein Kind und sie ist's auch mehr als mein eigenes gewesen,« sagte Traudle sich die Augen reibend, und Bläsi fuhr fort:
»Schon recht. Ich nehm' euch also als Taglöhner und du Regele machst, daß sich mein Vater an dich gewöhnt. Nehmet euch ja in Acht, daß ihr euch in Nichts verrathet, bis es Zeit ist, bis Ich's euch sag', es wird sich schon finden.«
»Ja, beim Auskehren findet sich Alles wieder,« scherzte Erdmuthe, und wehmüthig lächelnd sagte Traudle:
»So ist's recht. Wenn du mein Regele sein willst, mußt du lustig sein, lustiger ist kein Geschöpf auf der Welt gewesen.«
»Ich glaub', daß ich die Kunst auch kann,« bestätigte Erdmuthe. Bläsi trug den beiden Frauen noch auf, zu Fuß nach Hollmaringen zu gehen, er könne sie nicht mit auf den Wagen nehmen, weil er sich zu verrathen
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