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Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Titel: Schweig still, mein totes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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Brief von einer Kanzlei. Muss eine von denen sein, bei denen sie sich beworben hat. Der Umschlag ist ziemlich dick, als wäre ein Vertrag drin, sie sollte also besser schleunigst wiederkommen, um ihn aufzumachen.«
    Wenn Lena eine neue Stelle annehmen wollte, wieso war sie dann weggefahren? Und wäre es dann nicht umso wichtiger, mit ihrer Mitbewohnerin in Kontakt zu bleiben?
    »Hoffe, das hilft Ihnen weiter«, sagte die junge Frau. »Sagen Sie Lena bitte auch, dass mir das mit ihrem Vater leidtut.«
    »Das werde ich, danke.« Caitlyn legte auf, noch ratloser als vorher. Sah ganz so aus, als würde sie doch noch auf Onkel Jimmy zurückgreifen müssen, um mehr herauszufinden.
    Die Sache hatte nur einen Haken. Mal abgesehen von gelegentlichen Weihnachtsgrüßen und einem Blumenstrauß, den Jimmy ihr letztes Jahr ins Krankenhaus geschickt hatte, standen sie und ihr Onkel oder ihr Cousin Bernie sich nicht besonders nahe. Also müsste sie zuerst ihre Mutter anrufen.
    Caitlyn verschlang erst einmal den Kirschauflauf, als kleine Stärkung, wie sie sich einredete. Dann klingelte ihr Handy, ehe sie noch dazu gekommen war, bei ihrer Mutter anzurufen: Paul.
    Sie zögerte, gerade lange genug, dass der Anruf beinahe auf die Mailbox umgeleitet worden wäre, kam sich jedoch schäbig dabei vor. »Na du?«, meldete sie sich betont fröhlich.
    »Hallo, tut mir leid, dass ich dich bei der Arbeit störe, aber ich müsste wissen, ob du heute Abend noch nach Hause kommst.«
    Er meinte
zu sich
nach Hause. Was in letzter Zeit irgendwie gleichbedeutend mit ihrem
gemeinsamen
Zuhause geworden war.
    »Ich bin immer noch in North Carolina«, wich sie seiner Frage aus. Als ob das verhindern würde, dass sie bis zum Abend wieder in Washington wäre. Caitlyn wollte jedoch erst herausfinden, worauf das hier hinauslief.
    »Nun.« Das glich mehr einem Seufzen. »Ich wollte dich eigentlich damit überraschen, aber ich schätze, jetzt muss ich es doch verraten. Da Montag ein Feiertag ist, hatte ich für das verlängerte Wochenende einen kleinen Strandurlaub geplant.«
    Musste er denn Montag nicht arbeiten? Das schoss ihr als Erstes durch den Kopf. Er musste wohl extra um einen freien Tag gebeten haben, denn im Gegensatz zu den Ausbildern in Quantico hatten Ärzte auch an Feiertagen Dienst.
    Ihr zweiter Gedanke war, überallhin, bloß nicht an den Strand. Ihr ganzes Leben hatte Caitlyn Strände gemieden. Ihr Vater hatte ihnen vor seinem Tod immer einen Familienurlaub auf den Inseln der Outer Banks versprochen. Dort lag der Ort Duck, den er selbst als Kind mit seinen Eltern besucht hatte. Caitlyn hätte dann zum ersten Mal in ihrem Leben den Ozean gesehen, und jeden Abend, wenn ihr Vater sie ins Bett brachte, sprach er davon, wie sie gemeinsam Muscheln suchen würden, vom geheimnisvollen Duft des Salzwassers und wie wunderschön die Wellen in der Morgensonne glitzerten.
    Selbst jetzt noch, sechsundzwanzig Jahre später, schmerzte sie die Vorstellung, diesen magischen Moment ohne ihn an ihrer Seite zu erleben.
    Das konnte Paul jedoch nicht wissen.
    »Bist du noch dran?«, fragte er.
    »Ja. Ich bin nur, wow, ich bin einfach baff. Paul, das ist so lieb von dir.« Das war es, das war es wirklich. Wie zum Teufel sollte sie da Nein sagen? Weshalb sollte er unter ihrem verkorksten Vaterkomplex leiden?
    »Ich hatte mir gedacht, wir könnten heute Abend gleich nach der Arbeit losfahren«, sagte er. »Und zum Sonnenaufgang wären wir schon am Strand. Ich habe uns ein kleines Häuschen direkt am Wasser gemietet. Nur ein Zimmer, dafür wären wir ungestört.«
    »Klingt fantastisch!«
    Es entstand eine unangenehme Stille, die die ganze Strecke von North Carolina bis nach Washington zu füllen schien.
    »Du kommst nicht mit, habe ich recht?«, fragte er schließlich, und sie konnte seiner Stimme anhören, wie verletzt er war.
    Sie zögerte, ihr Blick fiel auf ein Foto von Lena, das ganz oben in Hales Schachtel lag. Es war bei Lenas Uniabschluss aufgenommen worden: Ihr Doktorhut saß keck auf ihrem Kopf, die Quaste baumelte ihr ins Gesicht, über die vor Glück funkelnden Augen. Obwohl Lena erst vor Kurzem ihre Mutter und ihre Schwester verloren und sich ganz allein ohne fremde Hilfe durch die Uni gekämpft hatte, blickte sie dennoch unverzagt, voller Hoffnung und mit strahlendem Lächeln in die Zukunft.
    »Ich kann nicht«, sagte Caitlyn. Der Kirschauflauf hinterließ mit einem Mal einen bitteren Nachgeschmack.
    »Die Arbeit?«
    Sie konnte nicht lügen, nicht bei

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