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Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Schweig still, mein totes Herz (German Edition)

Titel: Schweig still, mein totes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. J. Lyons
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Weihnachten haben wir drei Mal telefoniert. Das ist drei Mal häufiger, als du mich angerufen hast.«
    Autsch. Jessalyn merkte sich einfach alles. »Weihnachten habe ich mich gemeldet.«
    »Stimmt nicht. Da habe ich dich angerufen. Nachdem du es nicht einmal für nötig gehalten hast, deine Mutter über die Feiertage zu besuchen. Die Arbeit kann dich wohl kaum abgehalten haben – schließlich hast du ja erwähnt, dass du mehr oder weniger Aushilfslehrkraft bist, solange deine Vorgesetzten sich überlegen, ob sie dich rauswerfen oder nicht.«
    Caitlyns Kiefermuskulatur verspannte sich. »Ich werde nicht rausgeworfen. Und ich hatte dir doch gesagt, dass Paul Bereitschaftsdienst hatte.«
    Die nun folgende Stille war schlimmer als der Hammerschlag eines Richters. Caitlyn würde sich gar nicht erst die Mühe machen, sich weiter zu rechtfertigen – das würde Jessalyn nur noch mehr Munition für weitere Wortgefechte liefern.
    Nach einiger Zeit fragte Jessalyn: »Um was für einen Notfall handelt es sich eigentlich? Paul sagte, du seist auf dem Weg nach Evergreen? Warum um alles in der Welt solltest du dorthin fahren? Dort gibt es nichts bis auf schlechte Erinnerungen.«
    Da irrte sie sich. Evergreen war der Ort, mit dem Caitlyn ihre schönsten Erinnerungen verband. Das konnte sie ihrer Mutter jedoch nicht sagen, ohne ihre Gefühle zu verletzen. Jessalyn hatte als alleinerziehende Mutter ihr Bestes getan, unter traumatischen Umständen ein Kind großgezogen, gleichzeitig ihren eigenen Kummer bewältigt. Doch nichts hätte Caitlyn den Vater ersetzen oder das riesige Loch stopfen können, das sein Tod in ihr Herz gerissen hatte.
    »Es geht um Lena, Vonnies kleine Schwester. Sie ist verschwunden.«
    »Das Hale-Mädchen? Was schert dich das?« Die Worte klangen giftig. Caitlyn war nicht die Einzige, die Eli Hale die Schuld am Tod von Sean Tierney gab.
    »Ich habe versprochen, nach ihr zu suchen. Sie steckt in Schwierigkeiten.«
    »Wem hast du das versprochen?«, bohrte Jessalyn nach. Da konnte sie gnadenlos sein.
    Caitlyn gab kampflos auf. »Ihrem Vater. Kurz bevor er ermordet wurde.«
    »Eli Hale ist tot?« Sie atmete gepresst aus, und Caitlyn sah direkt vor sich, wie Jessalyn dabei eine Hand zum Hals führte. »Was ist passiert?«
    Caitlyn berichtete ihr von dem Mordanschlag auf Eli.
    »Du hast das mitangesehen? Es ist genau vor deinen Augen geschehen? Du hättest niemals dorthin gehen dürfen. Wie oft habe ich dir gesagt, das alles endlich auf sich beruhen zu lassen. Du bist ein solcher Dickkopf. Mein Gott. Eine Gefängnisrevolte. Und du mittendrin …«
    »Das gehört zu meiner Arbeit.« Eine kleine Notlüge von der Art, wie sie im Umgang mit ihrer Mutter manchmal notwendig waren. Jahrzehnte voller Lügen und Täuschungsmanöver im Zusammenleben mit Jessalyn hatten Caitlyn zu einer guten verdeckten Ermittlerin gemacht – das FBI hatte ihre Fähigkeiten dann höchstens noch verfeinert.
    Manchmal kam es ihr so vor, als lebe ihre Mutter genügend Gefühle für sie beide aus: Angst, aus der heraus sie ihre Tochter vor allem Übel im Leben zu beschützen versuchte. Depressionen, wegen denen sie sich innerlich zurückzog, während sie sich abmühte, für sie beide ein neues Leben in einer fremden Stadt aufzubauen. Gezwungene Fröhlichkeit, mit der sie noch das unwichtigste Ereignis in Caitlyns Leben feierte, um die Liebe des fehlenden Elternteils auszugleichen.
    »Mir geht es gut, Mom. Beruhige dich.«
    »Mich beruhigen? Das werde ich ganz bestimmt nicht. Und du, mein Fräulein, wirst nicht nach Evergreen fahren. Die Hales haben dieser Familie bereits genügend Schmerz und Leid gebracht, damit das mal klar ist. Du wirst Paul augenblicklich zurückrufen und ihm sagen, dass du mit an den Strand fährst.«
    »Ich kann nicht.« Das Handy in Caitlyns Hand wurde ganz warm, als habe Jessalyns überreizte Stimmung es aufgeladen. »Ich muss Schluss machen.« Caitlyn hatte sich eigentlich noch nach der Telefonnummer von Onkel Jimmy erkundigen wollen, aber zum Teufel damit, dann würde sie die eben im Internet heraussuchen.
    »Tschüss, Mom, hab dich lieb.«
    Während Jessalyn noch Luft holte, um das nächste Ultimatum zu stellen, hatte Caitlyn bereits das Gespräch beendet. Rasch schaltete sie das Handy auf lautlos, ehe es erneut klingeln konnte.
    Die Überreste ihres warmen Kirschauflaufs hatten sich in eine scharlachrote Pampe verwandelt, die an frisch vergossenes Blut erinnerte. Dennoch konnte sie nicht widerstehen und musste einen

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