Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
knallhart, wie sie sich einbilden.«
»Hört sich an, als hättest du da Erfahrung.«
»Wenn du so lange beim Klub dabei bist wie ich, lernst du, dass die Dinge immer eine zweite Seite haben: eine offizielle und eine persönliche.« Weasel sah Goose aus schmalen Augen an. »Belassen wir es dabei.«
Goose griff von seinem Bildschirm aus auf die Videofeeds zu. Caitlyn trug jetzt eine Jeans und war gerade dabei, die Baby-Glock zu laden, die sie dann in ihr Wadenholster steckte. »Was ist mit den Überwachungskameras? Sie wird wissen, dass wir hier sind, unsere Gesichter erkennen.«
»Keine Sorge. Da wird sich Poppy drum kümmern. Auf geht’s.«
»Soll ich nicht hierbleiben und alles überwachen?«
Caitlyn schnappte sich ihren kurzen Ledermantel und verließ das Zimmer. Wieder hallten vom Flur Schritte herbei, als sie an der Zimmertür vorbeilief.
»Dann verpasst du ja das Beste. Ich wette, sie ist gerade auf dem Weg ins Klubhaus.«
15
Nachdem Lena weiter oben ein paar Löcher in den Putz gebohrt hatte, brach ein Teil der Wand mit ohrenbetäubendem Getöse unter dem eigenen Gewicht zusammen. Staub breitete sich im ganzen Raum aus, bis sie kaum noch atmen konnte. Die Wände bebten, und ihr klingelten die Ohren.
Wenn ihre Entführer irgendwo in der Nähe waren, mussten sie das gehört haben. Also kletterte sie über den Schutt, noch ehe sich der Staub gelegt hatte, und zerrte an dem mit Draht verstärkten Lattenwerk, das sie von der Außenwand trennte. Die Lattenverschalung war dünn, als sie sich dagegenstemmte, löste sich ein Nagel nach dem anderen mit lautem
Plopp
aus der Verankerung, doch der Draht wollte einfach nicht nachgeben. Halb blind, mit vom Staub verklebten, tränenden Augen und mit blutigen Fingern tastete Lena nach dem unteren Ende des Drahtgeflechts, dort wo es in den Holzbalken verankert war.
Vor Angst schlug ihr das Herz bis zum Hals und jagte ihr das Blut durch die Adern. Was hätte sie nur für ein Brecheisen gegeben! Sie wischte das Blut an der Hose ab, wo es sich mit dem Gipsstaub vermengte. Eine kleine Lücke zwischen den Latten würde schon ausreichen, nur so groß, dass sie sich hindurch in die Freiheit zwängen konnte.
Die Schimpansen hatten ihren Teil der Arbeit erledigt. Nachdem Smokey damit begonnen hatte, die Verkleidung abzureißen, hatten ihre drei Kumpel sich sofort an dem Spaß beteiligt. Die Außenwand war voller Löcher, eines davon wäre groß genug, es lag genau vor Lena.
Sie war nassgeschwitzt, zitterte, als die kalte Nachtluft ihr entgegenschlug. Am liebsten hätte sie vor Verzweiflung laut geschrien. Nur noch der Draht trennte sie von der Außenwelt.
Verzweifelt krallte sie sich in die Maschen, rüttelte an dem Draht, warf sich mit ganzer Kraft dagegen. Sie wusste, dass sie ihn nicht zerreißen konnte, hoffte aber, ihn aus seiner Verankerung lösen zu können. Als das nicht klappte, zog sie eine der dünnen Holzlatten hindurch und versucht den Draht herauszuhebeln. Tatsächlich gab er ein wenig nach – zumindest bildete sie sich das ein –, sprang jedoch immer noch nicht aus der Verankerung.
Sie grub sich durch den Schutt, der den Boden bedeckte, und suchte nach dem Ende des Drahtgeflechts. Es war fest eingebettet, nicht einfach nur festgetackert. Nein, die kranken Scheißkerle, die dieses Haus gebaut hatten, hatten von außen fünf Zentimeter lange dicke Nägel in den Holzunterbau getrieben und die herausstehenden Köpfe flach gehämmert. Mit einer entsprechenden Zange oder einem Hebel wäre es vielleicht sogar möglich, die Nägel herauszuziehen, sie befand sich jedoch auf der falschen Seite.
Nur ruhig. Kein Grund zur Panik, auch wenn du das halbe Haus abgerissen hast, was den Entführern sofort auffallen wird, sobald sie zurückkommen, was wiederum jeden Moment geschehen könnte; dann werden sie sehr wütend werden und wer weiß was mit dir anstellen … Halt! Konzentriere dich auf das Problem.
Ein aufmunterndes kehliges Geräusch drang von außen an ihr Ohr. Als Lena aufblickte, sah sie, dass Smokey zurückgekehrt war. Die Schimpansin hockte neben dem Loch in der Verkleidung, wiegte den Kopf hin und her und betrachtete Lena, als würde sie ihre Zwangslage überdenken.
»Meinst du, du könntest mir noch mal helfen?«, fragte Lena. Die Schimpansin verharrte einen Moment lang reglos, dann sprang sie auf und ab. »Hier, kannst du daran ziehen?« Lena wackelte unten am Draht und zeigte auf die Enden. »Sei aber vorsichtig, du könntest dich schneiden.«
Smokey
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