Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
Erdbeere und verschwand im Vorzimmer, ohne sich um die verärgerten Gesichter zu kümmern. »Tierney.«
»Sie haben sich den schlechtesten Tag ausgesucht, um nicht aufzutauchen. Ich kann nur hoffen, dass Sie irgendwo in einem Krankenhausbett liegen und ein gültiges Attest dafür haben.«
»Meine Güte, LaSovage, ich freue mich auch, von Ihnen zu hören. Wo liegt das Problem?«
»Der stellvertretende Direktor ist gestern vorbeigekommen, um sich die Übung anzusehen. Da liegt das Problem.«
»Ich bin mir sicher, dass jemand anders als Bösewicht einspringen konnte.«
»Sie verstehen wohl nicht, Caitlyn. Nicht
ich
habe hier ein Problem. Er wollte nicht bei
mir
zuschauen.«
Ein Kellner kam vorbei und fragte Caitlyn, ob sie etwas brauche. Sie schüttelte den Kopf und formte ein stummes »Nein danke« mit den Lippen. Dann erst drang zu ihr durch, was LaSovage gerade gesagt hatte. »Yates war da, um mich zu sehen?«
»Volltreffer. Er hat von der Sache am Donnerstag Wind bekommen.«
»Donnerstag?« Seitdem war so viel passiert, dass sie erst eine Weile angestrengt nachdenken musste, um darauf zu kommen, wovon er sprach. »Sie meinen die Übung mit den Anwärtern?« Von denen sie eine zum Weinen gebracht hatte.
»Schätze, jemand hat ihm davon berichtet. Willkommen beim modernen FBI , hier fasst man die Neuen mit Samthandschuhen an.«
»Aber ich habe nichts falsch gemacht …«
»Caitlyn, Caitlyn.« Er seufzte. »Sie verstehen das wirklich nicht, habe ich recht? Die wollen Sie rauswerfen. Sie müssen gar nichts falsch machen, es reicht schon, wenn Sie etwas nicht hundertprozentig richtig machen.«
»Das lässt sich jetzt ohnehin nicht mehr ändern.«
»Eigentlich doch. Deswegen rufe ich an. Yates hat eine Nachricht hinterlassen, dass er Sie hier sehen will. Heute noch.«
»Will er das Training beaufsichtigen? – Moment, es ist Samstag. Da ist doch gar keine Übung angesetzt.«
»Es war zwar keine Übung geplant, aber ich stelle gerade ein kleines außerplanmäßiges Projekt auf die Beine.« Seine Stimme hellte sich auf. »Ich denke, es wird Ihnen gefallen. Wir werden unser Szenario von neulich ausweiten.«
Jessalyn tauchte auf, und sie sah verflixt wütend aus. Oh-oh. »Das ist sehr freundlich. Aber ich sitze hier fest, mit meinem Onkel und meiner Mutter. Ich schaffe es nicht, heute zurückzukommen.«
»Was soll ich Yates sagen, wenn er fragt?«
Caitlyn war hin- und hergerissen – Familie oder Beruf? Für was sie sich auch entschied, beides würde bedeuten, Lena sich selbst zu überlassen. Und Caitlyn war jetzt das Einzige, was für Lena einer Familie nahekam.
»Sagen Sie ihm, die Familie geht immer vor.« Sie legte auf, als Jessalyn schon die Hand ausgestreckt hatte, um ihr das Handy abzunehmen, als sei sie neun Jahre alt.
»Komm mit, wir müssen uns unterhalten«, sagte ihre Mutter mit diesem Tonfall, der keinerlei Widerspruch duldete und gegen den Caitlyn so gerne aufbegehrte.
»Aber Jimmy und Paul …«
»Die können warten.« Jessalyn führte Caitlyn in ein großes Arbeitszimmer mit verglaster Außenfront, schweren Samtvorhängen und zwei ausladenden schwarzen Ledersofas mit Beistelltischchen aus Glas. Sie wirbelte zu Caitlyn herum. »Du musst mit diesem Unsinn aufhören. Sofort.«
»Du meinst, nach Lena zu suchen?«
»Ich rede vom FBI .« Jessalyn stieß geräuschvoll den Atem aus, dabei entdeckte Caitlyn kleine Fältchen um ihren Mund, die ihr nie zuvor aufgefallen waren. »Ich wollte immer nur das Beste für unsere Familie. Das Beste für dich. Dafür habe ich alles geopfert.«
»Wie kann es das Beste für mich oder meine Familie sein, wenn ich meinen Beruf aufgebe?«
Jessalyns betrachtete die Narbe, die sich von Caitlyns Brustbein bis zu ihrem Hals hinaufzog. Das Geschenk eines Psychopathen. »Das FBI hat dich schon zwei Mal beinahe das Leben gekostet. Liebes, hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was das für eine Mutter bedeutet? Nachdem schon dein Vater …«
Sie wandte den Blick ab und blinzelte angestrengt. Jessalyn sprach nie davon, wie Sean Tierney gestorben war; in den sechsundzwanzig Jahren war das hier das Äußerste, wozu sie in der Lage gewesen war. Zumindest Caitlyn gegenüber.
»Mom, ist schon gut.« Caitlyns Wut war verraucht und sie schloss ihre Mutter tröstend in die Arme. Jeder Streit mit Jessalyn endete so. »Mir wird nichts zustoßen.«
»Das weißt du nicht.« Erneut drohte Jessalyn in Tränen auszubrechen. »Das kannst du nicht wissen. Nach all dem, was ich
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