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Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition)

Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition)

Titel: Schweigend steht der Wald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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stieg.
    »Lass mich einfach in Ruhe, Rupert, okay?«
    »Ich war gestern Nacht vor deinem Haus. Da du Besuch hattest, bin ich nicht hochgekommen.«
    »Es geht dich einen Scheißdreck an, wann ich Besuch habe. Seit wann spionierst du mir hinterher?«
    »Ich dachte, vielleicht interessiert es dich …«
    Die Verbindung war unterbrochen. Rupert schüttelte genervt den Kopf und drückte die Wahlwiederholung.
    »Verpiss dich, Rupert, okay?«
    Erneut brach die Verbindung ab. Rupert versuchte es erneut. Aber diesmal sprang nur die Mailbox an.
    Er warf sein Handy wütend auf den Beifahrersitz und sah auf die Uhr. Es war kurz vor eins. Die letzten Kunden verließen gerade den Supermarkt und schleppten ihre überquellenden Tüten zu den Autos. Seine Mutter hatte gleich Feierabend und würde innerhalb der nächsten fünf Minuten aus dem Personaleingang neben den Mülltonnen herauskommen.
    Er stieg aus, zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich ans Auto und blies den Rauch in die Luft. Kurz darauf sah er Waltraud aus dem Seiteneingang treten. Er warf die Kippe weg, ging ihr entgegen und griff wortlos nach den beiden Aldi-Tüten, die sie in der Hand trug. Er öffnete den Kofferraum, verstaute die Fracht, schloss ihn wieder, ging zur Beifahrerseite und öffnete seiner Mutter die Tür.
    Waldtraud sah ihn verwundert an. »Ist irgendwas? Warum ist Papa nicht hier?«
    »Ich habe ihm die Fahrt abgenommen.«
    »Und seit wann hältst du mir die Tür auf?«, fragte sie argwöhnisch. »Brauchst du etwas?«
    Er antwortete nicht. Er hob das Handy von ihrem Sitz auf und ließ sie wortlos einsteigen. Er wartete, bis sie ihre Beine in den Fahrgastraum gezogen hatte, und schlug dann die Tür zu. Danach ging er um den Wagen herum, nahm auf dem Fahrersitz Platz und steckte den Schlüssel ins Schloss. Aber er startete den Motor nicht.
    »Was ist?«, fragte sie. »Warum fährst du nicht los?«
    »Wir müssen reden, Mutter.«
    »Reden? Ja gut. Aber dabei kann man fahren. Los, ich habe jede Menge Arbeit zu Hause.«
    »Was ist hier los?«
    Waltraud blickte ihn an. »Sag mal, bist du nicht ganz bei dir? Fahr endlich.«
    »Ich fahre, wenn ich will. Was ist hier los, Mutter?«
    »Wovon redest du denn nur? Ich habe Feierabend. Das ist los.«
    »Warum ist Onkel Xaver derart ausgerastet?«
    Waltraud Gollas presste die Lippen zusammen. »Warum quälst du mich, Rupert? Warum?«
    »Warum telefoniert Papa neuerdings laufend mit dem alten Dallmann? Wir hatten noch nie mit dem zu tun. Oder Heinbichler. Was will der dauernd von uns? Papa kann sie nicht ausstehen. Was wollen die alle plötzlich von ihm?«
    Als Waltraud nicht antwortete, fügte er hinzu: »Warum wird Anja Grimm von der Polizei beschattet? Kannst du mir das erklären? Was läuft hier eigentlich?«
    Waltraud hob langsam den Kopf und drehte sich zu ihm um. »Was sagst du da?«
    »Sie wird observiert. Von der Kripo. Ich habe es selbst gesehen. Mit eigenen Augen.«
    Waltraud Gollas erwiderte nichts. Rupert wartete. Als seine Mutter beharrlich schwieg, sagte er: »Lukas schläft mit ihr! Weißt du das? Die Frau, die deinen Bruder unter Mordverdacht gestellt hat, bumst mit deinem Sohn. Und vor dem Haus warten Dallmanns Leute, bis sie fertig sind. Findest du das normal?«
    Waltrauds Kinnlade klappte herunter. Sie wollte etwas sagen, aber was immer es war, es blieb ihr im Hals stecken. »Anja und Lukas … aber …« Sie war bleich geworden.
    »Ja. Anja und Lukas. Diese Frau ist drauf und dran, uns zu ruinieren, und er geht mit ihr ins Bett. Hast du dir mal unsere Hypothekensituation angeschaut? Wir stehen einen Meter vor dem Abgrund. Und was hat Lukas’ verfluchtes Studium uns gebracht?«
    »Er … er bekommt das schon hin, Rupert.«
    »So? Ach ja? Indem er mit Anja Grimm schläft? Was läuft hier eigentlich, Mutter? Was ist hier los, verdammt noch mal?«
    »Ich … ich weiß es nicht, Rupert«, stammelte sie. »Fährst du jetzt bitte?«
    Rupert zog den Schlüssel wieder ab.
    Waltraud Gollas’ Augen blitzten plötzlich auf. »Was fällt dir ein!«, fauchte sie ihn an. »Ich befehle dir, loszufahren. Hast du mich verstanden!«
    Rupert hielt das Lenkrad umfasst, und seine Knöchel waren weiß von dem festen Druck seiner Hände. Er saß leicht nach vornüber gebeugt, gerade so, als habe er gerade einen leichten Schlag in die Magengegend bekommen. Waltrauds Augen waren vor Erregung weit aufgerissen. Die Scheiben hatten sich bereits ein wenig beschlagen. Rupert steckte den Zündschlüssel ein, drehte

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