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Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Titel: Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Domeier
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Junk und Albrecht?
    Langsam kam die Dämmerung. Während Nikolaus auf der Treppenstufe ausharrte, konnte er die anderen Bewohner unten im Hof beobachten. Das Vieh wurde versorgt, Kühe gemolken, der Misthaufen um einige Fuhren mit der Schubkarre erhöht. Ein kleines Mädchen holte frisches Gemüse aus dem Garten und lief damit ins Erdgeschoss.
    Nachdem Nikolaus ungefähr eine Stunde gewartet hatte, wollte er aufbrechen und morgen noch einmal versuchen, Gesine Albrecht zu sprechen. Gerade als er aufgestanden war und seine steifen Beine gestreckt hatte, kam jemand in den Hof geschlichen. Langsam machte sich die Frau daran, die Treppe hochzusteigen. Stufe für Stufe zog sie sich am Geländer hoch, als wäre sie kaum in der Lage, sich auf den Beinen zu halten. Sie hatte ihren Kopf gesenkt, sodass man ihr Gesicht nicht erkennen konnte, aber man hörte, dass sie weinte.
    Der junge Mann wollte die bedauernswerte Person nicht erschrecken und rief leise die Treppe hinunter: »Werte Frau.«
    Die Frau hielt erschreckt inne. Sie hatte den Besucher also tatsächlich noch nicht bemerkt.
    »Seid Ihr Gesine Albrecht?«
    Die Frau starrte mit offenem Mund die Treppe hinauf und nickte.
    »Mein Name ist Nikolaus Krebs. Ich bin der Jurist des Kurfürsten. Ich habe den Auftrag, den bedauerlichen Tod Eures Bruders zu untersuchen.«
    »Warum?«
    »Es scheint Zweifel zu geben, dass es ein Unfall war.«
    Sie nagte an ihrer Unterlippe, bis sie schließlich antwortete: »Ihr meint sicherlich das, was Helena ihrem Vater an den Kopf geworfen hat?«
    »Ja. Auch das.«
    »Sie ist eine enttäuschte, junge Frau, die noch nicht weiß, wie man mit solchen Unglücksschlägen umgehen muss. Da sagt man manchmal Dinge, die eigentlich nicht so gemeint sind.«
    »Vielleicht könntet Ihr mir das besser erklären.«
    »Aber nicht hier draußen.« Gesine Albrecht schlug vor, das Gespräch in ihrer Wohnung fortzusetzen, da sie sich dringend hinsetzen und etwas ausruhen wollte.
    Nikolaus ließ die Frau vorbei. Sie war wohl um die fünfzig Jahre alt, aber durch die schwere Arbeit schneller gealtert. Die dunklen Ränder um ihre Augen verstärkten diesen Eindruck noch. Passend dazu lugten ein paar Strähnen grauer Haare unter der Leinenhaube hervor.
    Die Kammer lag direkt unter dem Dach und hatte fast nur schräge Wände. Als eine Kerze schließlich die Dunkelheit vertrieb, konnte man die einfache Ausstattung sehen: ein wackeliger, kleiner Tisch, ein einfacher Stuhl, ein Hocker und neben der kleinen Feuerstelle eine große Kiste, in der Gesine ihre persönlichen Sachen verstauen konnte. Sie bot ihm einen Platz an, sodass sie sich schließlich am Tisch gegenübersaßen.
    »Was wollt Ihr wissen?«, fragte sie schließlich.
    »Was könnt Ihr mir über die Heirat zwischen Eurem Bruder und Helena Junk erzählen?«
    Gesine Albrecht schaute zu Boden. Sie kämpfte verbissen gegen ihre Tränen an. »Die Heirat kam sehr plötzlich.«
    Nikolaus wartete einen Augenblick. Als sie nicht weitersprach, warf er ein: »Eigentlich sollte doch der Sohn dieses Philipp von Buschfeld Helena zur Frau bekommen.«
    Gesine nickte nachdenklich. »Das fand ich auch eigenartig. Gerade der Herr von Buschfeld verzichtet darauf, mit der Familie Junk verbunden zu sein? Es muss schon einen gewichtigen Grund gegeben haben.«
    »Könnt Ihr Euch vorstellen, was es war?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Was es genau war, wollte mir Herrmann nicht sagen. Auch Helena hat nichts aus ihm herausgebracht. Und ihr Vater wollte es ihr erst recht nicht sagen.«
    »Warum wollte keiner sprechen?«
    Sie wischte sich die Tränen ab, blieb aber stumm. Es schien, als wüsste sie etwas, was ihr schwer auf der Seele lag.
    Also sprach Nikolaus es aus: »Es ging um einen Handel, und als Gegenleistung bekam Euer Bruder dann Helena. Nicht wahr?«
    Ihre Antwort war so leise, als würde sie eher mit sich selbst sprechen als mit ihrem Gast. »Das arme Mädchen wurde wie ein Stück Vieh verschachert.«
    »Was kann Euer Bruder denen denn angeboten haben? Geld?«
    Plötzlich huschte ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht. »Geld? Man sollte nie schlecht über die Verstorbenen sprechen, besonders wenn es der eigene Bruder ist. Aber wenn Ihr Euch lange genug umhört, werdet Ihr es früher oder später auch von anderen hören.« Sie schniefte kurz und starrte wehmütig in die Kerzenflamme. »Herrmann hatte nie Geld. Er traf lieber Absprachen, als selbst zu arbeiten. Er versuchte immer, mit geringster Anstrengung den größtmöglichen

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