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Schweigfeinstill

Schweigfeinstill

Titel: Schweigfeinstill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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wurde finster. »Wir werden bestimmt gut zusammenarbeiten.«
    Nero hatte längst gemerkt, dass Sigrun jemandem eins auswischen wollte. Bevor er neuerlich ins Grübeln über seine Entscheidung für das LKA geriet, fragte er: »Könnte es sich um eine Übernahme handeln?«
    »Sieht so aus. Der Ring hat Mister vorgeschickt, um Lehr vom Markt zu treiben. Das läuft bei Pornografie nicht anders als bei IT-Unternehmen oder in der Kommunikationstechnologie. Man kauft den Kleineren auf.«
    »Produzierte dieser Johannes Lehr Pornos?«
    »Nicht im großen Stil.« Sigrun machte eine Pause. Ihr Essen kam. Unsicher stocherte Nero mit seinen Stäbchen durch Reis und Gemüse. »Sie können Besteck verlangen, wenn Sie mit den Stäbchen nicht zurechtkommen.«
    »Ja, das wäre besser.« Nero winkte dem Kellner. »Könnte es sein, dass Lehr umgebracht wurde, weil er seine Selbstständigkeit nicht aufgeben wollte?«
    »Lehr hatte Schulden. Viele. Ein paar 100.000 Euro. Lebte auf großem Fuß, spekulierte an der Börse, flog auf die Nase. Leistete eine hübsche Nachzahlung an den Fiskus.«
    »Die Pornos sind seine Einnahmequelle?«
    »Möglich.« Sigrun gabelte hungrig Reishügel auf die Stäbchen und schaufelte sie gekonnt in ihren Mund.
    »Frau West, welche Pornos stammen von Johannes Lehr? Der, den sie mir gestern auf dem iPod gezeigt haben?«
    »Vermutlich.«
    Der Kellner brachte Messer und Gabel und legte sie neben Nero ab.
    »Das gibt’s doch nicht. Sie wissen es nicht?«
    Sigrun leckte sich die Lippen.
    »Nee. Ich weiß es nicht. Und zwar nicht, weil mir keiner was sagt, sondern weil wir noch nicht dahintergestiegen sind. Wir würden gerne eine Sache durchziehen, die bei den Kinderpornos Erfolge gebracht hat: eine Rasterfahndung nach Kreditkartenzahlungen auf bestimmte Konten, möglichst europaweit. Aber dazu brauchen wir mehr Fakten, um die Rechtslage voll ausnutzen zu können. Clevere Betreiber schieben ihre Filme von Server zu Server. Alles offshore. Die haben Verschaltungen in anderen Kontinenten. Auch die Kontodaten werden nur geschützt rausgegeben. Natürlich versuchen welche von uns, ins System reinzukommen, aber …«
    »Welche Gründe sind es, die die Frauen daran hindern, auszusteigen?«, fragte Nero.
    »Druck. Das vereinbarte Honorar wird nicht ausbezahlt. Die Leute, die die Frauen filmen, sind immer andere. Sie nennen falsche Namen. Der Punkt ist«, sie wischte sich die Hände an den Jeans ab, »dass wir bislang mit keiner dieser Frauen sprechen konnten.«
    Keller nickte.
    »Sagen Sie mal, fangen Sie wirklich bei uns an?« In Sigrun Wests Gesicht lag nun Feindseligkeit.
    »Aber ja.«
    »Merkt man nicht.«
    »Ich arbeite an der technischen Seite, an Methoden, wie Urheber von Internetstraftaten aufgespürt werden können, am Verfolgen von Datenspuren und Tricks, um Passwörter zu umgehen. Das ist mein Thema.« Er ärgerte sich, weil er sich verteidigte. Wenn die Ermittlungen so zerstückelt wurden, in Technik, in Kriminalistik, in Psychologie, verhalf das nicht zu einem Gesamtbild.
    »Warum in Ihrer Freizeit? In Ihrem«, sie betonte das Wort mit einer gewissen Gehässigkeit, »Resturlaub?«
    Nero schwieg. Er sah nicht auf, als Sigrun West ihre Rechnung bezahlte, und verabschiedete sich mit keiner Silbe. Ihm war einfach nicht klar, was hier gerade geschehen war.

53.
    Valeska ist am Ende. Sie haben sie vorhin für eine halbe Stunde losgemacht. Sie hat sich auf dem Steinboden zusammengekauert. Ihre Hände und Füße sind geschwollen, die Gelenke aufgeschürft von den engen Metallspangen. Wenigstens für kurze Zeit ist die Kamera verschwunden. Sie kann durchatmen.
    Aber der Maskierte kommt zurück und justiert sein Objektiv. Nun liegt Valeska ausgestreckt auf dem Rücken, wie ein Andreaskreuz, die Hände und Füße gefesselt. Die Vagina ist wund, der Po schmerzt von den Gummibändern, mit denen sie sie malträtiert haben. Sie weint. Ihr Körper wird schwach. Sie hat seit beinahe 24 Stunden nichts gegessen und kaum etwas getrunken. Ihr ist elend kalt. Das Schlimmste sind die Schuldgefühle. Sie denkt an die Weihnachtskarten, die sie an ihre Familie geschrieben hat. Irgendwann muss man sie hier rauslassen. Sie würde schwören, nicht zur Polizei zu gehen, nur, damit sie sie gehen lassen. Irgendwann haben diese Spielchen Spaß gemacht, waren Vergnügen. Aber nun enden sie nicht. Es gibt kein Codewort, mit dem sie sofort alles abbrechen kann. Es gibt keine Hoffnung in diesem Keller, der ausgerüstet ist wie eine Geisterbahn.

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