Schweinehunde / Roman
ist hier, wo beinahe jeder Straßenname so endet, nichts Besonderes, aber das Interessante ist, dass der Punkt über dem J wie ein Herz gezeichnet war.«
»Und das bedeutet?«
»Tja, ich bin in Jægersborg aufgewachsen und weiß, dass es in der Gemeinde Gentofte eine Besonderheit auf den Straßenschildern gibt. Endet der Straßenname auf
J,
ist der Punkt darüber als rotes Herz gezeichnet. Diese Information ist im Prinzip allgemein bekannt, aber trotzdem kennen eigentlich nur die Leute aus Gentofte dieses Herz, und manche finden das so süß und heimelig, dass sie es kopieren, wenn sie ihre Adresse aufschreiben. Meine Mutter, zum Beispiel, hat immer ein Herz-j geschrieben, wenn sie Postkarten verschickt hat. Außerdem ist die Frau in Rot vermutlich wohlhabend, was ausgezeichnet zu dieser Gemeinde passt.«
»Okay, ich stimme mit dir überein, dass es ziemlich wahrscheinlich ist, dass unsere geheimnisvolle Frau aus Gentofte stammt, red weiter.«
»Per Clausen hatte in seinem Leben zwei Verbindungen mit Gentofte. Zum einen durch seine Kindheit, und dann, weil seine Tochter dort zur Schule gegangen ist. Das anzunehmende Alter der Frau lässt vermuten, dass die Verbindung zwischen ihr und dem Hausmeister ursprünglich über seine Tochter zustande gekommen ist.«
»Einverstanden, aber jetzt baust du eine Vermutung auf einer anderen auf.«
Poul Troulsen ignorierte den Einwand.
»Nach ihrer Rückkehr aus Schweden im Januar 1993 vollendete Helene Clausen die neunte Klasse in der Tranehøj-Schule in Gentofte. Danach begann sie auf dem Auregaard-Gymnasium, das gleich daneben liegt. Dass sie auf einer Schule in Gentofte aufgenommen worden ist, obwohl sie in Gladsaxe wohnte, hätte uns gleich auffallen müssen. Das ist ungewöhnlich.«
Konrad Simonsen unterbrach ihn.
»Ich kenne die Fakten genauso gut wie du.«
Poul Troulsen sah ihn skeptisch an. Es gab inzwischen Hunderte von Berichten, und er selbst hatte diesen Zusammenhang erst gestern erkannt. Konrad Simonsen spürte das Misstrauen und fügte mürrisch hinzu: »Ja, gut, wir waren unaufmerksam, aber als Arne ein paar Tage später nach Schweden gefahren ist, haben wir diese Infos doch schon bekommen. Als Helene Clausen nach Dänemark gekommen ist, hat sie sich einer Therapie verweigert. Ihr Vater setzte daraufhin Plan B um, der vielleicht die zweite Wahl war. Er hatte einen Kollegen, dessen Frau mit psychisch auffälligen Kindern im Bezirk Kopenhagen und als Schulpsychologin an der Tranehøjschule arbeitete. Per Clausen hat sie aufgesucht, und sie hat ihm ihre Hilfe zugesichert und eine Freundin – die Frau des damaligen Bürgermeisters von Gentofte – gebeten, in puncto Schulwahl ein gutes Wort für Clausens Tochter bei ihrem Mann einzulegen. Leider hat Helene Clausen nie eine richtige Therapie gemacht. Vielleicht hat das acht Menschen das Leben gekostet. Spar dir also deine Zweifel, wenn ich dir sage, dass ich Bescheid weiß.«
»Tut mir leid, ich dachte nur, bei der Menge an Berichten …«
»Poul, worauf willst du hinaus? Wir haben ein Team in der Volksschule gehabt und auch eines im Gymnasium, und die sind ziemlich gründlich vorgegangen. Was hast du an neuen Informationen?«
»Vielleicht nichts, aber diese Teams sind ja vor allem der Frage nachgegangen, ob Helene Clausen während ihrer Zeit in Schweden sexuell missbraucht worden ist. Als weiteren Punkt sollten sie die Umstände ihres Todes untersuchen. Sie haben sich aber nicht mit der Frage beschäftigt, ob Per Clausen eventuell Kontakt zu einer Klassenkameradin von seiner Tochter hatte.«
Konrad Simonsen nickte.
»Hm, da sagst du was.«
»Genau. Aber die Arbeit, die diese Teams geleistet haben, war für mich ein sehr guter Ausgangspunkt. Aus den Berichten ging nämlich hervor, dass die damalige Mädchenclique im Auregaard-Gymnasium eine inoffizielle Anführerin hatte. Heute besitzt diese Frau ein Büro für die Vermittlung von Zeitarbeitern, und ich habe einen Termin mit ihr gemacht.«
Konrad Simonsen faltete die Hände und blickte an die Decke. Dann fasste er einen Entschluss:
»Vermutlich jagst du Gespenster. Leite noch einmal die Suche nach einem silberfarbenen Porsche ein, vielleicht können wir das Suchgebiet jetzt ja auf Gentofte einschränken, und sieh zu, dass dein Handy an ist. Gute Fahrt.«
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D er Kriminalpolizei war ein längerer Bericht in den Fernsehnachrichten genehmigt worden, was an sich positiv war. Weniger positiv war aber, wie die vorbereitende Sitzung zwischen der
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