Schweinehunde / Roman
Sie sehen, mussten wir aus inventarmäßigen Gründen eine vorübergehende Ummöblierung vornehmen, aber es wird schon gehen.«
Sie hatten in aller Eile einen kleinen, quadratischen Tisch beschafft, an dem auf jeder Seite ein Stuhl plaziert worden war, so dass Pauline auf jeden Fall dicht neben Stig Åge Thorsen Platz nehmen konnte, wohin sein Anwalt sich auch setzte.
Konrad Simonsen bemerkte begeistert: »Das ist genial!«
»Was ist eigentlich mit dieser Fernsehsendung? Sollte die nicht heute ausgestrahlt werden?«, fragte Arne Pedersen mürrisch.
»Die ist bis auf weiteres verschoben worden, was auch immer das bedeuten mag. Vermutlich haben sie einen anderen Bericht vorgezogen, der wichtiger ist, aber sei jetzt mal ruhig, damit wir alles verfolgen können.«
Die nächsten anderthalb Stunden wurden für Stig Åge Thorsen wirklich unangenehm. Seine eingeübten Verteidigungsmechanismen zeigten so gut wie keine Wirkung, und die Comtesse trieb ihn mit ihren zahllosen verdeckten Schlägen von allen Seiten kreuz und quer durch den Ring.
»Am 18. November 2003 hatten Sie einen Unfall mit Ihrem Wagen, jemand ist Ihnen reingefahren, als Sie am Lille Strandvej in Gentofte geparkt hatten. Was wollten Sie da?«
Er war nie in Gentofte gewesen. Die Kopie der Schadensmeldung schob er von sich. Das musste ein Missverständnis sein.
»Wer hat Ihre Kreuzfahrt nach Griechenland bezahlt? War das auch der große Unbekannte?«
Er zögerte, tat so, als erinnerte er sich nicht daran, verweigerte die Aussage und gestand schließlich ein, dass er sich selbst diese Reise gegönnt hatte, auf die er viele Jahre gespart hatte.
»Im April haben Sie sich an das Stahlwalzwerk in Frederiksværk gewandt und einen Stoß Kohle gekauft, der seit Jahren ungenutzt auf dem Güterhafen-Areal der Firma lag. Was wollten Sie mit dieser Kohle?«
Es sei doch immer gut, Kohle zu haben, sagte er, und später habe er diese Kohle für das Kleinbusfeuer genutzt, aber das sei ursprünglich nicht geplant gewesen.
»Wie war Ihre Kindheit? Ihr alter Klassenlehrer in Kregme meinte, Sie hätten es wirklich nicht leicht gehabt. Stimmt das?«
Er habe eine ganz normale Kindheit gehabt, antwortete er, genau wie alle anderen Kinder, und dieser Klassenlehrer sei ein geisteskranker, alter Trottel.
»Am Strand von Saloniki haben Sie eine Frau überfallen. Was ist da passiert?«
Der Anwalt griff ein, aber trotzdem hatte der Vorwurf Spuren hinterlassen. Stig Åge Thorsen sah aus wie ein geprügelter Hund.
Die Comtesse machte gnadenlos weiter, sprang von einem Thema zum anderen, bohrte hier und da, ließ, wenn er zögerte, das angeschnittene Thema wieder fallen und kam zehn Minuten später mit doppelter Intensität wieder darauf zurück. Schon bald zeigten sich bei dem Bauern die ersten Anzeichen mentaler Ermüdung. Ein Satz, bei dem er sich verhedderte, eine zitternde Hand, ein Muskelzucken an der Schläfe, Wut, Irritation und mangelnde Vorsicht. Sie schloss die Generalprobe sauber ab: »Kennen Sie Jeremy Floyd?«
»Diesen Namen habe ich noch nie gehört.«
»Ich kann ihn auch hereinbitten, damit er Sie identifiziert. Wollen Sie das?«
Jetzt kam Pauline Bergs Auftritt. Bisher hatte sie nichts gesagt. Jetzt widersprach sie der Comtesse vorsichtig: »Aber, aber er ist doch …«
Die Comtesse fiel ihr ärgerlich ins Wort: »Ich weiß auch, dass er Psychiater ist, aber die Schweigepflicht ist bei einem Mordfall wie diesem aufgehoben. Also, Herr Thorsen, wünschen Sie eine solche Gegenüberstellung?«
Pauline Berg gab nicht auf: »Aber, aber …«
»Sei ruhig.«
Die Comtesse war wütend, der Anwalt wunderte sich, und Stig Åge Thorsen tappte in die Falle: »Er ist tot, mit dem können Sie keine Gegenüberstellung mehr machen.«
»Hm, na ja, dann erklären Sie mir eine andere Sache. Es wundert mich, dass …«
Konrad Simonsen lächelte breit und schadenfroh.
»Er hat nicht einmal bemerkt, dass wir ihn ausgetrickst haben.«
Arne Pedersen antwortete: »Der Anwalt auch nicht. Er sitzt bloß wie ein Sphinx daneben. Sonderlich hilfreich ist der nicht.«
»Lass dich von seiner Haltung nicht täuschen, der ist gut. Ich kenne ihn. Aber du hast recht, es hat nicht den Anschein, als wollte er sonderlich viel für sein Geld tun.«
Eine Viertelstunde später beschloss die Comtesse, dass die Zeit reif war. Sie rückte ein Stück vor und legte ihre Unterarme auf den Tisch.
»Diese zwanzigtausend, die Sie von dem Unbekannten bekommen haben, haben Sie via Internet
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