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Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente

Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente

Titel: Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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anderen wandern los. Die Oma und ich fahren ganz bequem auf der BMW hinterher. Oder drum herum. Das macht der Oma besonders viel Freude, wenn wir unsere Kreise um die fußaktive Pilgerschaft drehen. Ihre hellblauen Locken wehen im Fahrtwind. Das seh ich im Spiegel. Und das ist ein großartiger Kontrast zu meiner froschgrünen Lederkombi. Die |84| Oma lacht. Ein Zwergpudel in Ekstase. Born to be wild, quasi.
    Jetzt ist das ja mit unseren Landfrauen so eine Sache. Weil die natürlich geschwätzig sind ohnegleichen. Und da reicht auch nicht ein einzelner Gesprächspartner. Nein, da muss eine ganze Horde verfügbar sein. Was normal auch kein Problem ist. Sollen sie doch ratschen, die alten Schachteln. Sei’s ihnen vergönnt. Zum Problem wird es erst, wie wir auf die Bundesstraße kommen. Weil es da halt schon ziemlich Scheiße ist, wenn ein Vierzigtonner daherbraust und die Damen rennen in Sechserreihen nebeneinander her. Da kann es schon gut passieren, dass da ein LKW die eine oder andere Schulter streift. Die Fahrer drücken dann auf die Hupe, dass alles nur so staubt, und die Weiber ratschen weiter, als wären sie gar nicht gemeint. Lebensgefährlich, wirklich.
    Nach der vierten oder fünften Beinahe-Überrollung muss ich natürlich zur Tat schreiten. Dafür bin ich ja da. Besonders, wo mir auch noch die Oma an den Rücken klopft und schreit: »Sind die deppert da vorne?«
    Ich nicke und greif zu meiner Flüstertüte. »Lass mich das machen!«, schreit sie nach vorne.
    Das kann sie gern tun, weil ich mich sowieso lieber auf den Verkehr konzentrier. Also reich ich ihr das Megaphon hinter, und sie klappt ihr Visier nach oben.
    »Achtung! Achtung!«, schreit sie in das Teil, und im Handumdrehen liegen alle am Boden. Wir beide auch fast, ich kann grade noch den Sturz verhindern. Weil sie nämlich mit ihrem Organ in das Megaphon brüllt, so, wie es halt auch ihre Art ist. Durch die Verstärkung jedoch bringt sie problemlos ein jedes Trommelfell zum Platzen. Merken tut sie es nicht. Nein, sie ist ganz und gar auf ihren Text konzentriert.
    |85| »Bitte nur in Zweierreihen gehen. Sonst fahren euch die LKWs den Arsch ab!«
    Jetzt halt ich an und reiß ihr das Teil aus der Hand. Nebenan auf der Weide sind die Kühe schon in den Galopp verfallen. Von unseren armen Pilgern mag ich gar nicht erst reden.
    »Hab ich irgendwas falsch gemacht?«, fragt mich die Oma jetzt.
    Ich deute auf die Vordermänner.
    »Jesus Christus«, sagt die Oma. »Wir sind doch da nicht in Mekka. Warum schmeißen die sich denn alle auf die Erde?«
     
    Später, bei der Messe, schlafen die Oma und ich ein bisschen ein. Es ist ja auch sehr ermüdend, so eine Motorradtour, muss man schon sagen. Die Unterkunft in einem Landgasthof ist gemütlich und das Essen großartig, wenn auch fastenzeitgemäß übersichtlich. Während sich die anderen ihren lädierten Haxen widmen, gehen die Oma und ich ein bisschen spazieren. Schließlich ist es ungesund, den ganzen lieben langen Tag nur zu sitzen. Wir teilen uns auch ein Zimmer, und ich danke Gott, dass das eine Ausnahme ist. Sie schnarcht nämlich, dass sich die Balken biegen, und immer wenn ich sie in die Seite ramme, haut sie mir das Knie ins Gemächt. Ja, so eine Wallfahrt hat schon was Barbarisches, frag nicht.
    Zu meinem großen Bedauern können wir dann den Heimgang unserer gemeindeeigenen Schäfchen polizeitechnisch nicht weiter überwachen, weil wir einen Anruf kriegen. Einen Anruf vom Papa. Dass es ihm schlecht geht. Und dem Moratschek auch. Akute Lebensgefahr sozusagen. Ja, und wenn die familieninternen Weggefährten in Gefahr schweben, ist auf die popeligen Mitbürger geschissen. |86| So viel ist klar. Also rasen wir mit zweihundertzwanzig gen Heimat, um dort nach dem Rechten zu schauen.
    Viel zu schauen gibt’s dort allerdings nicht, weil nämlich niemand am Hof ist. Niemand außer dem Ludwig natürlich. Der freut sich, wie er mich sieht, und wedelt mit dem ganzen Hinterteil. Das Wohnzimmer schaut aus wie nach jedem Oldiefestival, auf dem Küchentisch aber liegt ein Zettel: Sind im Krankenhaus.
    Herrje! Was ist denn jetzt schon wieder?
    Ein Anruf im Landshuter Krankenhaus bestätigt die wortkarge Nachricht. Der Eberhofer Senior und der Richter Moratschek sind dort stationär vorhanden. Und sie sind außer Lebensgefahr. Mehr aber darf mir die Schnepfe am Telefon nicht sagen. Und dass ich ein Polizeibeamter bin, das kann ja ein jeder behaupten. Und ob ich eigentlich denke, sie ist blöd. Und dass sie doch

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