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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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beruhigte ihn rasch, dass das auch niemand von ihm annehmen würde. Es war ja auch egal. Basel ist eine liberale Humanistenstadt, und das Thema Schwulsein war für Heteros schon lange erledigt. Das war nicht immer so gewesen. Schwulen gegenüber war man zwar in Basel immer ein wenig toleranter gewesen als in anderen Städten. Vorausgesetzt natürlich, dass sich die warmen Brüder im Gebüsch versteckten oder unter sich blieben in ihren Ghettoclubs. In der Öffentlichkeit hatte man sie früher nur toleriert, wenn sie begnadete Künstler waren oder Couturiers im Range eines Fred Spillmanns.

    Heute ist das ja alles anders.

    Baumer blickte Danner an. Der verbarg seine dunklen Augenringe hinter seiner Fliegenbrille. Dem Journalisten war es völlig egal, wo das Treffen stattfand. Was ihn interessierte, war die Story. Hätte es der Kommissar von ihm verlangt, er wäre hier nackt aufgekreuzt und würde auf dem Tisch mit einer Rose im Mund oder sonst wo tanzen.
    Wie nicht anders zu erwarten war, konnte der Journalist seine Neugier kaum verbergen. Der Zürcher legte sofort los. »Also, Baumi. Erzähl! Was ist los?«
    Baumer sagte noch nichts, prüfte nochmals die Umgebung. Im Fortuna gab es vereinzelte Gäste. Pärchen, die sich unterhielten. Kein einzelner Gast saß an einem Tisch. Konnte man den Kommissar und seine Gehilfen belauschen? Nicht wirklich. Sie saßen wie geplant im kleinen Nebenraum, Musik lief, und die anderen Gäste redeten und produzierten so eine klebrige Geräuschkulisse, die ihre Gespräche übertünchen würde.
    Der Kommissar beugte sich nach vorne.
    Das war wie ein Zeichen für den Reporter vom Blick, dass jetzt das Geheimnis gelüftet werden würde. Er schnellte nach vorne und hielt sein Ohr bereits hin, noch bevor Baumer zu reden begann.
    Regazzoni andererseits gab sich Mühe, dass man sein Interesse nicht bemerkte. Er war natürlich genauso gespannt wie Danner, würde sich aber nie dazu hergeben, einen solch gierigen Gesichtsausdruck wie der Mann mit der Brille zu tragen. Doch auch er, obwohl er in seiner würdigen und daher etwas steifen Sitzhaltung hocken blieb, sperrte die Ohren weit auf.
    »Also, Leute«, sagte Baumer, und Rolf Danner entfuhr sofort ein kurzes, abgehacktes »Ja.«
    »Also, ihr wisst ja von der Ermordung der alten Amad …«
    »Rotbergerstraße«, fiel Danner dem Kommissar ins Wort und seine Augen sprangen auf. »Also darum geht’s?«
    »Hm«, bestätigte Andi Baumer und legte dann alles dar, was er und Heinzmann zu diesem Fall herausgefunden hatten. Er berichtete, dass Amadio-Meier nur die Spitze des Eisberges war. Es gab weitere Tote. Ihre wichtigste Spur führte in die Alpensonne. Baumer erzählte, wie er und Heinzmann die Klinik besucht hatten.
    Als Baumer fertig erzählt hatte, schoss Danner sofort mit seiner Frage hervor. »Was soll ich tun?« Vorfreudig riss er die Augen auf, so dass seine Stirn nach oben ging. Er rückte seine Brille zurecht.
    Regazzoni hingegen hielt sich weiterhin dezent zurück, obwohl auch er äußerst interessiert war zu erfahren, was er zur Aufklärung dieses Mordes beitragen konnte.
    Baumer antwortete dem Blick-Journalisten zuerst. »Du Danner, hast eine besondere Stärke.«
    »Nur eine?«, ließ sich plötzlich der Mediziner vernehmen. Ein charmanter Seitenhieb. Würdig eines Professors.
    Danner ignorierte die Stichelei. »Welche Stärke meinst du?«, fragte er ernsthaft. »Du kannst …«, wollte es ihm Baumer erklären, aber Heinzmann schlürfte so penetrant seinen Kaffee, dass beinahe der Putz von der Decke fiel. Andi Baumer stöhnte auf. »Stefan, bitte.«
    Der entgegnete nur: »Viel zu heiß!«
    Alle außer Heinzmann lachten. Unbeeindruckt machte er weitere Schlürfgeräusche.
    »Also deine Stärken, Danner«, fuhr Baumer fort, indem er sich wieder dem Journalisten zuwandte. »Du kommst unauffällig und schnell an Informationen heran, an die wir nur mit großem Aufwand kommen. Du bist ein verdammt guter Spürhund.«
    Danner freute sich aufrichtig über das Lob.
    Regazzoni rümpfte die Nase, natürlich nur so, dass es keiner der Anwesenden sah. Heinzmann schlürfte seinen Kaffee.
    »Ich will, dass du unseren Dr. Schiwago unter die Lupe nimmst.«
    »Wer ist denn das?«, fragte Regazzoni.
    »Der Russki natürlich«, staunte Heinzmann. »Sagen Sie bloß, Sie kennen Schiwago nicht?« Er summte dem Mediziner die Melodie des Filmklassikers vor, klopfte mit den Fingerspitzen traumverloren den Takt, lächelte selig.
    »Hm, tja«, meinte Regazzoni.

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