Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
Navigationsgerät leitete sie zum nördlichen Ortsende.
    Nur schemenhaft war der große Turm des Marineehrenmals aus dunklem Backstein zu erkennen, das sich auf der Landseite in einem Bogen in die Höhe schwang und mit ein wenig Phantasie wie eine Skisprungschanze aussah. Unten am Strand lag das U 995, ein technisches Museum, dessen Inneres zu besichtigen war und das eindrucksvoll ein Bild von den Bedingungen widerspiegelte, unter denen die Marinesoldaten damals lebten und starben.
    Die Strandstraße zog sich von hier bis zum eigentlichen Ortskern hin, der mit dem Meerwasserhallenbad begann, das mit seinen gewaltigen nach außen führenden Röhren für die Rutschen ein wenig wie eine Industrieanlage aussah.
    Zur Rechten lag die Strandpromenade, dahinter, im Dunkeln verborgen, gurgelte das Wasser der Förde. Die Bäume, die den Fußweg begrenzten, sahen mit ihren kahlen Ästen fast wie tot aus. Eine Litfaßsäule verkündete, dass Bryan Adams in Lübeck auftrat.
    Die Straße wurde nur spärlich von weit auseinanderstehenden Lampen ausgeleuchtet. Alles sah öde und verlassen aus. Das galt auch für die Häuser auf der linken Straßenseite, die, nur durch eine Straße vom Wasser getrennt, zu den bevorzugten Wohngebieten gehörten. Zwischen einem modern wirkenden Haus mit Walmdach und einem aus dunklen Backsteinen gemauerten älteren Haus standen zwei gleich aussehende Villen mit weißem Putz. Die bis zum Dach hochgezogenen Erker und die Wintergärten gaben den Anwesen eine gewisse Heimeligkeit. Sie wirkten warm und gemütlich, strahlten dabei aber trotz aller Erhabenheit eine elegante Distanz aus.
    Das war Lüders Ziel.
    Er registrierte, wie sich das Objektiv der Kamera bewegte, die neben der schweren Haustür aus weißem Holz eingelassen war. Dann ertönte eine männliche Stimme.
    »Ja?«
    »Polizei. Wir würden gern mit Ihnen reden«, sagte Lüder.
    »Jetzt? Um diese Zeit?«
    »Ich bitte um Entschuldigung, aber ich denke, es ist in Ihrem Interesse.«
    »Das kann ich mir kaum vorstellen. Aber wenn Sie meinen … Moment.«
    Sie hörten, wie sich hinter der Tür ein schwerer Sperrriegel bewegte, dann wurde ein Schlüssel zweimal herumgedreht. Es summte noch einmal, bevor die Tür geöffnet wurde.
    »Guten Abend, Herr Kutulus«, begrüßte Lüder den türkischen Rechtsanwalt.
    »Ja? Und?«, erwiderte der, ohne auf die Begrüßung einzugehen.
    »Wollen wir das Gespräch vor Ihrer Haustür führen?«
    Kutulus zögerte einen Moment, bis er zur Seite trat. »Kommen Sie herein.«
    Lüder sah sich erstaunt um. In der Diele lagen dicke Teppiche, an deren Echtheit Lüder nicht zweifelte. Ein antiker Sekretär beherrschte eine Wand, an der gegenüberliegenden Seite hing ein mächtiger Spiegel mit verschnörkeltem Goldrahmen. Die Wand des Treppenaufgangs zierten Gemälde, die wie kunstvolle Reproduktionen alter Meister aussahen.
    »Hier entlang«, sagte der Anwalt und führte sie in eine Art Herrenzimmer, das ebenfalls von wuchtigen dunklen Möbeln geprägt wurde.
    »Möchten Sie etwas trinken? Einen Cognac?«
    Kutulus ging zum Schrank, öffnete eine der kunstvoll geschnitzten Türen und sah fragend über die Schulter zurück.
    »Danke, nein«, antwortete Lüder für die beiden Polizisten.
    Der Rechtsanwalt schenkte sich einen Schluck französischen Cognacs ein, ließ die braune Flüssigkeit in dem Kristallgefäß kreisen, steckte die Nase in die Öffnung und atmete tief ein.
    Lüder war froh, dass Große Jäger es nicht in der Weise wie »Arme Leute in Gaarden berauschen sich, indem sie Leim schnuppern« kommentierte.
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zur Sache kommen würden«, sagte Kutulus, nickte in Richtung der Sitzmöbel und nahm selbst in einem der schweren Sessel Platz. Er schlug die Beine übereinander, zupfte noch einmal an der Bügelfalte seiner Hose und ließ einen Schluck Cognac im Mund kreisen.
    »Wir sind über das Ambiente überrascht, das Sie uns hier bieten«, sagte Lüder.
    »Ich bin Freiberufler und habe ein Studium absolviert. Das wird in Deutschland honoriert.« Deutlich war der spöttische Unterton vernehmbar.
    Ich habe auch Rechtswissenschaften studiert, dachte Lüder. Und sogar promoviert. Für einen Beamten ist das, was Kutulus hier zur Schau stellt, weit von den Möglichkeiten entfernt.
    »Ist Ihre Kanzlei so ertragreich?«, fragte Lüder und ließ seine Hand andeutungsweise kreisen.
    »Ihrer Anmerkung entnehme ich einen gewissen Neid«, erwiderte Kutulus. »Wie gesagt … Ich habe mir das mit einem

Weitere Kostenlose Bücher