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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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an und wollte in sein Zimmer weitergehen. Tamar schüttelte nur leicht den Kopf.
    »Bitte unangemessene Heiterkeit entschuldigen zu wollen«, sagte Kuttler. »Aber das Leben stickt voller Merkwürdigkeiten. Soll Goethe gesagt haben, oder so ungefähr.« Berndorf blieb stehen.
    »Ich habe hier einen Haftbefehl gegen Rodek, Stefan«, berichtete Kuttler. »Außerdem ist der Typ vom LKA wieder da und sucht in der Ruine nach dem Rest von dem Kabel. Er ist sich inzwischen sicher, dass die Gasexplosion vorsätzlich ausgelöst worden ist. Irgendjemand hat das Kabel präpariert und so neben dem Handy befestigt, dass der eine Draht gegen den anderen gedrückt werden musste, sobald das Handy bei einem Anruf vibrieren würde. Wie es sich fügt, haben wir ein Bruchstück von diesem Handy, und zwar ist es eins vom gleichen Typ wie das Gerät, das dem Freier im Hauptbahnhof abgenommen worden ist.« Er lächelte selbstzufrieden.
    Lieber Freund, dachte Tamar, fang nicht an, hier den Star zu spielen. »Ich habe mit dem Freier gesprochen und ihm Bilder gezeigt«, fuhr Kuttler fort. »Ohne zu zögern hat er Rodek als Täter identifiziert. Und noch jemand hat das getan. Ein Stadtstreicher, der seinen Standplatz an der Tankstelle in der Karlstraße hat, also in der Nähe des Ostbahnhofs. Am Tag der Explosion war er dort mit einem Kumpel, den er Tanko nannte. Das ist der, der bei der Explosion umgekommen ist. Tanko war dort, bis ein dritter Mann dazukam. Ein großer, stämmiger Kerl, sagt der Stadtstreicher, Tanko hat ihn Staff genannt. Staff suchte einen Platz, wo er übernachten konnte, und Tanko ist mit ihm in seine Wohnung gegangen. Glaubt der Stadtstreicher. Auch er hat Staff auf den Bildern erkannt. Staff ist Rodek. Der frühere Stabsfeldwebel Stefan Rodek.«
    »Schön. Wenigstens etwas, das nicht schief gelaufen ist«, meinte Berndorf. »Aber was ist das, was merkwürdig stickt?«
    »Dass Desarts lediglich Rodek verhaften lassen will, nicht aber Welf«, antwortete Kuttler. »Die ganze Sache ergibt ja nur einen Sinn, wenn Rodek das im Auftrag von Welf getan hat.«

    »Und an Welf wollte Desarts nicht heran?«
    »Er war richtig indigniert, als ich ihn darum gebeten habe«, berichtete Kuttler. »Das alles, sagt Desarts, kann ein Streit unter Saufkumpanen gewesen sein, oder auch schierer Zufall. Erst mal glaubt er nicht an die schlaue Vorrichtung mit dem vibrierenden Handy. Dann glaubt er nicht, dass Rodek die Nummer des Handys ganz einfach dadurch herausgefunden haben kann, dass er mit dem Ding zu einem Telefon geht, das ein Display hat, und dort anruft. Außerdem sei es durchaus denkbar, dass Tanko Selbstmord begehen wollte, deswegen das Gas aufgedreht hat und ein zufälliger Anruf auf dem zufällig dort liegen gebliebenen Handy den großen Bang auslöste, einfach so, schließlich gebe es an seiner Tankstelle, sagt Desarts, sogar ein Schild, dass man dort kein Handy benutzen dürfe.«
    »Bisschen viel Zufall«, meinte Tamar. »Wieso hat Desarts dann überhaupt einen Haftbefehl ausgestellt?«
    »Wegen Verdacht des Raubes«, antwortete Kuttler kleinlaut. »Ich sagte ja, von Mord will Desarts nichts hören.«
    »Das hat im Augenblick keine Bedeutung«, entschied Berndorf. »Hauptsache, wir kassieren Rodek. Erst wenn wir ihn haben, kommen wir vielleicht auch an Welf heran.« Er öffnete die Tür zu seinem Zimmer, hängte seinen Mantel in den Teil des Wandschranks, der als Garderobe diente, und nahm zögernd, fast unwillig auf seinem Drehstuhl Platz.
     
    Auch Tamar hatte sich hinter ihren Schreibtisch gesetzt, fest entschlossen, ihrem Kollegen Kuttler aufrichtig und von ganzem Herzen den Erfolg zu gönnen. Trotzdem gefiel ihr die Geschichte nicht. Rodek hatte die Statur und die Blutgruppe des Fahrers, der Berndorf angegriffen hatte. Wenn er es war, hätte er eine Schusswunde haben müssen. Das Ding mit dem Handy aber hatte jemand gefingert, der beide Hände gebrauchen konnte.
    Außerdem war da noch die Sache mit dem Gerichtsschreiber. Sie zog das Telefon zu sich her, wählte die Nummer der
Wache und ließ sich mit Polizeihauptmeister Leissle verbinden.
    »Du hast doch das Kennzeichen von diesem Alfa überprüft?« , fragte sie ohne weitere Umschweife.
    »Ja doch«, antwortete Orrie. »Er gehört einer Judith Norden. Wohnt auf dem Weißen Eselsberg.«
    »Sag mir doch nochmal, was die dabeigehabt hat.«
    Orrie überlegte kurz. »Die hatte, halb schräg auf den Beifahrersitz gestellt, eine Plastikwanne dabei, und da war ein Handbeil drin und

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