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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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antwortete Markert und zwinkerte mit dem linken Auge.
    »Schutzgeld müssen die doch alle zahlen. Also haben sie alle Kontakt, wenn auch unfreiwilligen.«
    »Die Liste hat ihm Blocher aufgestellt. Sie überwachen überall dort, wo das Rauschgiftdezernat schon einmal einen Dealer gesehen hat.«
    »Gott befohlen«, meinte Berndorf. »Und wer hört das alles ab und übersetzt es womöglich?«
    »Das ist es ja«, sagte Markert. »Er hat eine Rundfrage losgelassen, wer alles Italienisch kann. Und wisst ihr, wer sich gemeldet hat?« Markert machte eine Pause und sah Berndorf und Tamar aufmunternd an. Ratlos schauten die beiden zurück.
    »Krauser hat sich gemeldet«, sagte er schließlich.
    »Krauser? Von Krauß und Krauser?«, fragte Tamar.
    »Richtig. Krauser vom Duo infernale«, antwortete Markert. »Im Urlaub fährt er nämlich immer an die Adria. Und bei der Volkshochschule hat er den Fortgeschrittenen-Kurs in italienischer Konversation und Landeskunde absolviert. Gibst du mir noch einen Schnaps?«

    Berndorf schenkte ihm ein. Dann stand er schwerfällig auf. »Ihr entschuldigt mich«, sagte er dann. »Ich geh ein bisschen in die Stadt. Einem alten Kiberer wie mir tut die Schreibtischhockerei nicht gut.«
    Er ging zur Schrankwand, öffnete das Garderobenfach, zog seinen Übergangsmantel an und setzte den breitkrempigen beigen Hut auf. Barbara hatte das Ding bei einem Hutmacher im siebten Arrondissement ausgesucht. Das war erst vor wenigen Wochen gewesen, und der Hut – oder vielmehr: dass er ihn sich hatte von Barbara aussuchen lassen – war das Versöhnungsgeschenk nach einem kurzen, aber heftig aufgeflammten Streit, der sich wie immer an der Frage entzündet hatte, warum Berndorf nicht endlich seinen Dienst quittieren wolle. »Fröhliches Abhören allerseits«, sagte er noch und ging.
    »Vergiss nicht, dass du morgen früh Training auf dem Schießstand hast«, rief ihm Markert nach. »Vergiss es nicht schon wieder.«
    Berndorf hob kurz die Hand, als ob er den Effenberger zeigen wollte. Dann ließ er es bleiben und zog mit einem unwilligen Kopfschütteln die Tür hinter sich zu.
    »Was hat er?«, fragte Markert, den Plastikbecher mit dem Schnaps behutsam in der Hand haltend.
    »Es ist die Skinhead-Geschichte«, sagte Tamar. »Er verträgt Niederlagen nicht mehr so gut.«
     
    Im Raum hinter der Pförtnerloge des Justizgebäudes saß Justizhauptwachtmeister Siebeneichler und beugte sich über die Fotos, die das Landeskriminalamt geschickt hatte.
    »Nein«, sagte er schließlich. »Hab ich hier noch nie gesehen. Nicht im Haus. Und sonst auch nirgends.«
    »Aber ja doch«, widersprach der Hausmeister Kuderke. »Im Schwurgerichtssaal saß er hinten drin. Am Fenster. Als gegen die Brandstifter verhandelt wurde.«
    So ist das mit Zeugen, dachte sich Berndorf. Er selbst war ja nicht besser. Auch ihm war der Mann am Fenster aufgefallen. Nach seiner Vernehmung, bei der er sich auf so ärgerliche
Weise hatte provozieren lassen, war er wütend aus dem Saal gegangen. Und doch hatte er den dunkelhaarigen Mann registriert, der in der zweiten oder dritten Zuhörerreihe saß. Aber er hätte beim besten Willen nicht sagen können, ob der Dunkelhaarige mehr als nur eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Mann auf den Polizeifotos aufwies.
    »Du meinst den in dem Kamelhaarmantel«, sagte Siebeneichler. »Niemals. Der war viel schmaler im Gesicht als der hier auf den Fotos. Kultivierter, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Wirklich, dachte Berndorf, wer sieht schon kultiviert aus auf einem Fahndungsfoto? »Ich darf doch mal«, sagte er zu Siebeneichler, zog sich dessen Diensttelefon heran und wählte die Nummer von Krummholtz, der im Frauengraben eine Außenstelle des Knastes leitete.
    Berndorf wollte wissen, ob Veihle und Rodek bereits entlassen seien.
    »Wir sind gerade dabei«, antwortete Krummholtz. »Die Herren haben es ein wenig pressant. Das haben sie es immer.«
    »Ich muss kurz mit ihnen sprechen«, sagte Berndorf. »Ich bin gleich bei euch. So lange werden sie es wohl noch aushalten.« Der Kommissar verließ das Justizgebäude durch den rückwärtigen Eingang und überquerte den Frauengraben. Der Trakt für die Untersuchungsgefangenen liegt dem Justizgebäude gegenüber. Berndorf meldete sich an der Pforte und passierte den mit Stahlgittern gesicherten Eingangsbereich. In der Geschäftsstelle kam ihm Krummholtz entgegen. Vor einem Schalter warteten Veihle und Rodek, beide hatten bereits die gepackten Taschen neben sich

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