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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Kommissar wieder auf die Lastwagen der »Arge Echterdingen«, voll geladen mit Aushub. Es regnete noch immer, und die Regenwischer kämpften sich durch milchige Schmiere. Vor der Einfahrt auf die Deponie standen drei von ihnen, und die Fahrer warteten darauf, dass sie eingewiesen würden.
    Berndorf parkte seinen Wagen vor der Baracke der Deponie-Aufsicht
und ging hinein. Er trat in ein geräumiges, überheiztes Büro. Vor einem PC saß ein Mann mittleren Alters und überwachte die Daten der Lastwagen, die vor der Einfahrt in die Deponie und dann wieder bei der Rückfahrt eine Waage passieren mussten. Der Mann hatte schütteres, nach hinten gekämmtes Haar, ein großporiges Gesicht und trug einen grauen Arbeitsmantel. Als Berndorf grüßte und seinen Hut abnahm, verharrte der Mann schweigend vor dem Bildschirm. Schließlich wurde er dann doch auf den Besucher aufmerksam, zog eine Brille aus der Brusttasche und setzte sie auf.
    »Was welletse?« Die mürrische Begrüßung klang nach einem echten Ulmer.
    »Grüß Gott«, wiederholte Berndorf. Dann zeigte er seinen Dienstausweis. »Ich habe einige Fragen.«
    Fleckige Röte überzog das Gesicht des Mannes. »Das geht net, ich darf Ihnen keine Auskunft geben«, brachte er schließlich heraus. »Ich meine, ich bin nicht befugt. Sie müssen meine Vorgesetzten im Tiefbauamt fragen.« Vor Anstrengung, hochdeutsch zu sprechen, bekam er einen ganz spitzen Mund.
    »Ich kann Sie mitnehmen und im Neuen Bau vernehmen.«
    »Sie haben sie ja nicht alle«, begehrte der Mann auf. »Der Betrieb hier muss weitergehen.«
    »Umso schlimmer für Sie, wenn er geschlossen werden muss, weil Sie keine Auskunft geben wollen.«
    Der Mann im grauen Kittel starrte ihn eine Weile wortlos an, dann blickte er zur Seite. Berndorf ließ sich die Personalien geben. Der Mann hieß Brauchle, Karl-Heinz, und war Angestellter der städtischen Entsorgungsgesellschaft. Auf die Frage, warum es mit den Anlieferungen der Edim SA Probleme gegeben habe, stand Brauchle widerstrebend auf, ging zu einem Aktenschrank und begann dort zu suchen.
    »An welchen Tagen soll das noch einmal gewesen sein?« Geduldig wiederholte Berndorf die Daten.
    »Also da haben wir keinen Vorgang«, sagte Brauchle.
    »Sie haben also eine Anlieferung abgelehnt, und das ist nicht dokumentiert?«

    Brauchle stellte sich quer. »Was sollen wir aufschreiben, wenn nichts war?«
    Berndorf fixierte ihn. »Also, wenn ich mich recht erinnere«, sagte Brauchle schließlich, »haben wir damals gedacht, das geht uns nichts an. Da können doch nicht einfach Italiener daherkommen und ihren Dreck abladen.«
    »Sie haben dann einen Rüffel bekommen.«
    »Wie kommen Sie da drauf? Die Firma hat das mit dem Tiefbauamt geklärt. Bloß waren dann ein paar Transporte von denen kontaminiert, jedenfalls hatten wir den Eindruck, dass da Öl und solcher Dreck drin war.«
    »Und das hat sich dann auch geklärt?«
    »Ja, das hat dann keinen Ärger mehr gegeben«, antwortete Brauchle. Plötzlich lächelte der Kommissar.
    »Wie viel haben Sie denn dafür bekommen, dass Sie die Transporte behindert haben?« Der Mann duckte sich, als habe ihn ein Schlag getroffen. Dann wurde sein Gesicht mit einem Schlag blass. »Das dürfen Sie nicht. Das ist . . .« er suchte nach Worten. »Also ungeheuerlich ist das. Ich sag kein Wort mehr. Von mir aus nehmen Sie mich mit. Machen Sie den Betrieb dicht. Sie werden sich wundern, was dann alles passiert.«
    Berndorf betrachtete ihn noch immer. Er überlegte, ob er Brauchle wirklich mitnehmen solle.
    Mal sehen, dachte er dann, was dieser Mensch jetzt tut. Zu wem er rennt. Von wem eine Beschwerde kommt.
     
    Tamar hatte sich in der Stadt mit Hannah zum Mittagessen getroffen, in einem Café, dessen Inneneinrichtung an die heroischen Zeiten der Ulmer Neuen Sachlichkeit erinnerte, und Hannah hatte von dem ausführlichen Gespräch mit einem Galeristen berichtet, der ihr vielleicht doch eine eigene Ausstellung ermöglichen würde. Nach einem innigen und keineswegs verstohlenen Kuss hatten sie sich getrennt, und Tamar war so vergnügt in den Neuen Bau zurückgekehrt, dass sie sogar Englins Assistenten Kuttler auf dem Flur ein strahlendes Lächeln schenkte.

    Kuttler war ein bebrillter jüngerer Mann mit einer noch immer anhaltenden Neigung zu Akne. Seit dem Vortag war auf seinem linken Nasenflügel ein prachtvoller Pickel – Gelb in Rot – aufgeblüht.
    »Ich wollte gerade zu Ihnen«, sagte er. »Wir haben erste Ergebnisse der

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