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Schwemmholz

Schwemmholz

Titel: Schwemmholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Das Taschentuch färbte sich dunkel. Rechts vorne, auf der Seite, von der der Lieferwagen gekommen war, breitete sich eine ganze Lichterwand aus, rot und gelb leuchtend.
    Aus dem Lieferwagen stieg ein Mann. Ein zweiter folgte, dann ein dritter.
    Hummayer holte seinen Dienstausweis aus der Brusttasche und ging auf die Männer zu. »Polizei«, sagte er.
    Kübler löste seinen Sicherheitsgurt und wollte aussteigen. Dann ließ er es bleiben. Vor ihm hob Hummayer beide Hände. Einer der Männer aus dem Lieferwagen hielt ihm einen Revolver an den Hals. Ein zweiter hatte ein Gewehr in der Hand. Kübler stellte fest, dass es auf ihn gerichtet war. Neben ihm zog Blocher seine Walther aus dem Schulterhalfter. Kübler schlug ihm die Hand mit der Waffe herunter.
    »Der Schlüssel steckt, bitte sehr«, sagte Hummayer und deutete mit dem Kopf auf seinen Wagen, der schräg hinter Küblers Toyota stand.
     
    Die Luft auf der Dachterrasse war frisch und roch nach Regen. Das Münster schwebte hoch und rätselhaft grünstichig über dem Lichterdunst. Fern im Südwesten ahnte Berndorf die sanfte Hügellandschaft Oberschwabens. Davor war ein
Lichtschein, den Berndorf dort noch nie gesehen hatte. Der Lichtschein war rötlich und breitete sich aus zu einer weithin sichtbaren Flammenwand. Unten in der Stadt jaulte ein Martinshorn auf. Ein zweites und drittes folgte, dann setzte ein ganzes Konzert ein.
    Von der Terrasse aus verfolgte Berndorf, wie sich die Kette der blauen blinkenden Lichter auf die Ausfallstraße Westen einfädelte, wie sie über die Ludwig-Erhard-Brücke vorrückte und von dort auf den Zubringer zur Autobahn ins Allgäu. Das Jaulen der Martinshörner hörte sich ganz hoch an, so, als ob nur die höheren Frequenzen in die Weite trügen.
    Es muss im Industriegebiet sein, dachte Berndorf.

Mittwoch, 21. April
    Schweigen hatte sich im Konferenzraum eingenistet und hing über den Köpfen wie ein unheildrohender Himmel.
    Einem war er schon auf den Kopf gefallen, dachte Tamar und betrachtete den mächtigen Mullverband, der sich um Blochers Stirne zog. Die andern vermieden beflissen jeden Blickkontakt, Englins Augenlid zuckte in einer Art valse triste, ta-ta-taam, Tamar war versucht, den Takt dazu mit ihrem Schreibstift zu klopfen.
    »Ja also«, sagte Englin, »ich darf zunächst, auch im Namen aller, unserem Kollegen Blocher für seinen entschlossenen Einsatz danken. Trotz seiner schweren Verletzung besteht er darauf, an der Koordinierung der weiteren Fahndung teilzunehmen. Wir alle dürfen ihm dies hoch anrechnen.«
    Ein artiges Beifallsklopfen zog sich rund um den Konferenztisch. Tamar hielt entschlossen ihre Arme gekreuzt.
    »Nun ist die gestrige Aktion nur bedingt ein Erfolg gewesen«, wand sich Englin. »Staatssekretär Schlauff hat bereits angerufen, der Ablauf ist ihm, äh, noch nicht ganz nachvollziehbar.«
    »Das verstehe wer will«, sagte Blocher. »Die Stuttgarter
wollten doch, dass wir diese Mafiosi finden. Und? Um ein Haar hätten wir sie gehabt. Wenn sie uns nicht die Vorfahrt genommen hätten.«
    Englins Augenlid zuckte, unangenehm berührt. »Der Herr Staatssekretär wird sich damit, fürchte ich, nicht zufrieden geben. Man wird diese Erklärung auch schlecht an die Presse geben können.«
    »Übrigens haben die nicht euch die Vorfahrt genommen«, warf Markert ein. »Ihr wart es. Da draußen gilt rechts vor links.«
    Wenn einer auf dem rechten Auge blind ist, kommt er damit natürlich nicht klar, dachte Tamar.
     
    Nach der Konferenz fuhr Tamar nach Wiesbrunn zu dem Haus, in dem Rodek gewohnt hatte. Nach einigem Suchen fand sie den Trunkenbold, der dort Eigentümer oder Hausmeister war, in einem eingezäunten Garten hinter dem Haus. Es sah so aus, als ob er ein Beet umgraben wolle. Jedenfalls hatte er einen Spaten in der Hand. Weit war er noch nicht gekommen. Dafür waren von den sechs Flaschen in dem am Gartentor abgestellten Biertragl schon drei leer.
    »Tag auch«, grüßte Tamar, als sie das Gartentor aufstieß. »Schwerer Boden, was?« Der Hausmeister sah sie misstrauisch an, dann erinnerte er sich an sie.
    »Richtig schaffen muss man halt«, antwortete er schließlich und sah Tamar auf den Busen. »Ist was anderes, als Parksünder aufschreiben.«
    »Ich hab Sie letzte Woche nach Rodek gefragt«, sagte sie. »Nach Stefan Rodek. Haben Sie seither was von ihm gehört?«
    »Gehört nicht, nein«, gab der Hausmeister zurück und starrte ihr auf die Jeans. »Trinken Sie ein Bier mit?« Tamar schüttelte den

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