Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
hat sich für das zweite Semester beurlauben lassen.«
»Er hat das Herbstsemester absolviert, und dann ist er gegangen.«
»Ja«, sagte die Angestellte. »Das erste Studienjahr kann anstrengend sein.«
Sie riefen Fondebernardi zurück in das Großraumbüro und berichteten ihm.
»Sohn reicher Eltern, der sich für einen Songschreiber hält, bricht das Studium ab, um seinen Traum zu verwirklichen?«, fragte er.
»Das kann sein, und außerdem könnte Lloyd Poulsons Tod Illusionen bei ihm geweckt haben«, sagte Lamar. »Es ist möglich, dass Tristan irgendwie dahintergekommen ist,
dass Jack sein leiblicher Vater war. Und vielleicht hat er noch mehr als das herausgefunden. Die Gerichtsmedizinerin hat gesagt, Jacks innere Organe seien in einem beschissenen Zustand gewesen, er hätte nicht mehr lange zu leben gehabt. Vielleicht hat Tristan in irgendeinem Fan-Magazin etwas über Jacks gesundheitliche Probleme gelesen, sich darüber Sorgen gemacht, und das hat ihm den Rest gegeben - ich nehme Kontakt zu meinem biologischen Dad auf, bevor er ebenfalls den Löffel abgibt. Benutzt die Musik, um das Band zu knüpfen. Und wohin würde er sonst gehen als nach Hause, weil hier die Musik spielt. Ganz zu schweigen von Mommys Geld und ihren Beziehungen.«
»Oder«, sagte Baker, »Tristan ist nicht darauf gekommen, wer sein richtiger Daddy war, aber er wollte Jack sowieso treffen. Mommys alter Freund, der zufällig mal ein Superstar war, und Tristan steht darauf, Songs zu schreiben. Jeffries war vielleicht nicht mehr in der Lage, Hits zu produzieren, aber auf einen bedürftigen Jungen könnte er überlebensgroß gewirkt haben.«
»Besonders«, sagte Lamar, »wenn Mommy ihm detaillierte Geschichten über die gute alte Zeit erzählt hat. Sie ist jetzt eine vornehme reiche Lady, aber es gefällt ihr, im Mittelpunkt zu stehen. Ich kann mir vorstellen, wie sie sich in altem Glanz sonnt.«
Fondebernardi schwieg.
»Ruhm«, sagte Lamar. »Das ist die härteste aller Drogen, Sarge, stimmt’s? Tristan versenkt sich in sein Songs schreibendes Alter Ego und verfasst ein wehleidiges Liedchen, das er Jack schickt.«
»Der ganz zufällig sein echter Daddy ist«, sagte Baker. Lamar sagte: »Ich hab das Foto von dem Jungen noch nicht gesehen, aber Baker meint, die Ähnlichkeit sei wirklich groß.«
Baker nickte. »So groß immerhin, dass Mommy für den
Fall unseres Auftauchens Juniors Bilder vom Kaminsims nimmt. Unglücklicherweise hat sie den Alkoven vergessen.«
»Gott sei Dank hat Baker eine schwache Blase«, sagte Lamar.
»Findet alles über den Jungen raus, was ihr könnt«, sagte Fondebernardi.
Sie fingen dort an, wo jeder anfängt: bei Google. Sie erzielten zwanzig Treffer, alles Ergebnisse von Football- und Hockey-Spielen, an denen Tristan Poulson teilgenommen hatte.
Vorzeigesportler an der Madison Prep, einer feinen Privatschule in Brentwood, von der sie beide gehört hatten, weil der Sohn von Lieutenant Shirley Jones dort mit einem Basketball-Stipendium aufgenommen worden war. Einer von zwei schwarzen Jungs, die man vor drei Jahren zugelassen hatte.
Sie fragten sie, ob sie mit Tim sprechen könnten, und sagten ihr, warum.
»Na klar«, erwiderte sie. »Und er weiß, wie man den Mund hält.«
Als Tim Jones in voller Lebensgröße nach der Schule in die Polizeistation kam, eins achtundneunzig vom Scheitel bis zur Sohle, trug er immer noch Blazer und Khakihose, weißes Hemd und Schulkrawatte und sah auf unbekümmerte Weise gut aus. Er umarmte und küsste seine Mutter, folgte ihr in das violette Großraumbüro, setzte sich hin und stürzte sich begeistert auf das mit Mozzarella, Pilzen und gedünsteten Zwiebeln bedeckte Quiznos Black Angus Steak auf Rosmarin-Parmesanbrot, das sie für ihn gekauft hatte.
Baker und Lamar sahen bewundernd zu, wie der Junge das riesige Sandwich mit wenigen Bissen verputzte und mit
einem riesigen Becher Root Beer hinunterspülte, ohne dass ein Fleck oder Krümel auf seinen schicken Klamotten landete.
»Ausgezeichnet«, sagte er zu seiner Mutter. »Normalerweise holst du mir das italienische.«
»Besondere Gelegenheit«, erwiderte Shirley Jones, legte ihrem Sohn kurz die Hand auf den Kopf und ging zur Tür. »Sprich mit meinen Spitzendetectives. Sag ihnen alles, was du weißt, und vergiss dann, dass es je passiert ist. Wann wirst du zu Hause sein?«
»Direkt danach, glaube ich«, sagte Tim. »Ich hab jede Menge Hausaufgaben.«
»Glaubst du?«
»Direkt danach.«
»Ich besorge
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