Schwere Schuld / Der Wächter meiner Schwester - Zwei neue Romane in einem Band
wirklich
gut aussehende Frau, mit dem Glamour eines Filmstars aus den fünfziger Jahren.
Vielleicht merkte sie, dass sie unter Beobachtung stand, weil sie wach wurde und sich wieder um ihren Starbucks kümmerte. Ohne Newell anzuschauen, begann sie fieberhaft in ihrem Notizbuch zu schreiben.
»Eine Eingebung?« Newell war nicht sonderlich neugierig, sondern versuchte wach zu bleiben. Mit einer hübschen Frau ein Gespräch zu führen war eine Zugabe.
Amanda blickte hoch. »Ich schreibe mir nur alle möglichen Fragen auf, die mir für die Politikern einfallen.«
»Kommen Sie«, sagte er. »Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Politiker war?«
»Gering, das gebe ich zu. Aber so viele von diesen Leuten ziehen Trabanten und Verrückte an. Es wäre dumm, sie nicht zu fragen, stimmt’s?« Sie warf Newell einen harten Blick zu.
Er sagte nichts.
»Gibt es da ein Problem, wenn ich in Ihrem Terrain operiere?«, fragte sie.
»Das ist nicht mein Terrain. Das Terrain der Polizei in der Hauptstadt besteht darin, sich um die wirklichen Menschen zu kümmern.« Newells Lächeln ließ Amanda unbeeindruckt. »Nein, kein Problem. Selbst wenn es mein Revier wäre. Ich habe nur laut gedacht. Die Wahrheit ist, ich habe viele dieser Vögel gesehen, und egal wie sehr sie sich bei einer Gesetzesvorlage in die Haare geraten, am nächsten Tag sieht man sie bei einer anderen wieder Arm in Arm. Nehmen Sie beispielsweise Davida. Sie hat bei verschiedenen Projekten mit Eileen Ferunzio zusammengearbeitet, und zu der Zeit waren sie die besten Freundinnen.«
»Sind Sie mit Davida in Verbindung geblieben?«
»Wir sind uns hin und wieder über den Weg gelaufen. Wie ich schon sagte, manchmal habe ich beruflich im Capitol zu
tun. Ich habe Eileen und Davida die ganze Zeit zusammen beim Mittagessen gesehen.« Newell zuckte die Achseln. »In letzter Zeit nicht so oft.«
»Haben Sie denn gelegentlich mit Davida zu Mittag gegessen?«
Newell lächelte ungezwungen, aber kühl. »Ah, ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Dann will ich es Ihnen ganz deutlich machen: Wir waren nur miteinander befreundet … nicht mal eng befreundet. Meine Frau konnte sie nicht leiden.«
»Warum nicht?«
»Jill ist nun mal so. Sie hat Davida kennengelernt und mochte sie auf Anhieb nicht. Jedes Mal, wenn Davida anrief, konnte ich an Jills Gesichtsausdruck sehen, dass sie es war.«
»Warum rief Davida Sie an?«
»Ich war ihr Verbindungsmann im Police Department, sie war meine Kontaktperson im Capitol. Eine Beziehung, die für uns beide von Vorteil war, nicht mehr. Die Frau war lesbisch, Amanda. Das heißt, sie stand nicht auf Männer.«
»Manche Homosexuelle haben Beziehungen zum anderen Geschlecht.«
»Na ja, falls sie was mit einem Typ hatte, wusste ich nichts davon. Warum sollte ich auch? So haben wir nicht gearbeitet.«
Amanda nickte. »Sie nehmen mir nicht krumm, dass ich Ihnen diese Fragen stelle, Don, oder?«
»Ganz und gar nicht«, sagte er leichthin. »Das ist gut für mich. Gibt mir ein Gefühl dafür, wie es ist, auf der anderen Seite des Tisches zu sitzen.«
8
Während er auf Straßen, die kaum breit genug für einen Kompaktwagen waren, durch die Hügel von Berkeley kurvte, ließ Barnes den Tatort vor seinem geistigen Auge Revue passieren. Nach vielen Ermunterungen und manchen nicht sonderlich subtilen Drohungen hatte Minette Padgett schließlich einen Namen zur Bestätigung ihres Alibis ausgespuckt.
Kyle Bosworth hatte am Telefon nicht viel mehr gesagt, als zuzugeben, dass er von zweiundzwanzig Uhr bis kurz nach zwei mit Minette zusammen gewesen sei. Als Barnes sich persönlich mit ihm unterhalten wollte, sträubte sich Bosworth, aber Barnes versicherte ihm, er würde nicht mehr als eine halbe Stunde seiner Zeit in Anspruch nehmen. Abgesehen davon sei es besser, solche Gespräche vorab zu vereinbaren, als die Polizei plötzlich vor der Tür stehen zu haben.
Als er die Adresse gefunden hatte, quetschte Barnes seinen winzigen fahrbaren Untersatz in eine halbe Parklücke und pries sich glücklich, sie bekommen zu haben. Die Bürgersteige waren von den Wurzeln majestätischer Pinien hochgeschoben und aufgerissen worden, deren Schatten Rasenflächen überzogen, die Ansichtskarten keine Schande gemacht hätten. Ungefähr die Hälfte der Häuser entstammte der vorletzten Jahrhundertwende, zum größten Teil kalifornische Bungalows. Die anderen waren teuer umgestaltet worden. Oben in den Hügeln waren die Immobilien, wie die Luft, von einer
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