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Schwerelos

Schwerelos

Titel: Schwerelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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den Reis fürs Abendessen aufsetzen.
    «Ich mag doch nicht so gern Reis», sagte Frank und suchte unter meiner Decke nach seinen Boxershorts.
    «Ich weiß. Deshalb gibt es bei uns ja auch fast immer Nudeln», sagte ich vorwurfsvoll und ging nackt ins Bad. Die Zeiten, in denen ich peinlich genau darauf achtete, dass Frank meine Oberschenkel nicht von hinten zu sehen bekommt, sind ja auch schon lange vorbei.

    «Sie ist explodiert?»
    Ich nickte.
    «Und es ist nichts von ihr übrig geblieben?»
    Ich schüttelte den Kopf.
    «Und selbst wenn etwas übrig geblieben wäre, hätten es die wilden Tiere aufgefressen. Man hat schließlich drei Tage gebraucht, um das Wrack zu finden.»
    «Von wilden Tieren gefressen?»
    Erdal schnappte nach Luft. Karsten reichte ihm wortlos das Asthmaspray.
    «Die Behörden in Kapstadt hatten Schwierigkeiten, Rosemaries Identität festzustellen. Das Flugzeug hatte ja ihr Freund gechartert. Erst als man in seinem Hotel nachfragte, fand man ihren Namen im Gästeverzeichnis. Die Beamtensagen, die Maschine sei frontal gegen eine Bergwand geprallt und explodiert.»
    «Und dieser Joachim», Erdal senkte seine Stimme, soweit es ihm möglich war, «ist er schuld?»
    «Es gibt keine Erklärung für das Unglück. Laut Flugschreiber haben alle Instrumente funktioniert, und die Nacht war klar. Die Flugsicherheit in Kapstadt sagt, die Maschine sei exakt um Mitternacht von ihren Radarschirmen verschwunden.»
    «Kanntest du ihren Freund?», fragte Karsten.
    «Meine Tante sagte, er sei ein erfahrener Pilot, aber sie war halt sehr verliebt. So viel also zur romantischen Liebe.»
    Ich merkte selbst, wie verbittert und töricht das klang, aber ich brauchte jemanden, dem ich meine Verzweiflung in die Schuhe schieben konnte.
    Joachim Graf: Wenn du nicht schon tot wärst, würde ich dich umbringen!
    «Es ist etwas von ihr übrig geblieben», sagte ich in die schweigende Runde und griff in meine Handtasche. Man hatte mir den Überrest meiner Tante per Expresspäckchen geschickt, mit der lächerlichen Aufschrift «FRAGILE». Als könne irgendwas, das an einer Bergwand explodiert ist, zu zerbrechlich sein, um den Postweg von Kapstadt nach Hamburg heil zu überstehen.
    «Ist das ein Knochen?», hauchte Erdal.
    «Nein, ein Flaschenboden.» Karsten hielt das grüne Glasstück gegen das Licht. «Hier in der Mitte ist ein Wappen eingelassen.»
    «Ich weiß», sagte ich, «es ist das Wappen von ‹La Grande Dame›, dem Lieblingschampagner meiner Tante, den sie immer nur zu ganz besonderen Anlässen getrunken hat.»
    «So gesehen war das ja wohl einer», sagte Erdal. Karsten räusperte sich verlegen.
    «Das stimmt», sagte ich versöhnlich. Streng genommen hatte Erdal ja recht.
    «Hat Rosemarie eigentlich ein Testament hinterlassen?», fragte Leonie.
    «Nein. Und die Million ist auch verschwunden. Wer war bloß dieser Joachim? Warum hat sie es zugelassen, dass er sich während des Fluges mit Champagner besäuft? Es ist unerträglich, das niemals zu erfahren.»
    «Ich könnte mir vorstellen», sagte Leonie, «dass Rosemaries eigener Tod ihr sehr gut gefallen hätte. Eine Explosion. Keine Leiche. Ein leerer Sarg. Und viele offene Fragen.»

«Mit dreißig spricht eine Frau nicht mehr über ihr Gewicht. Sie hält es»

    Mit einem lauten Platschen fällt etwas unter mir ins Klo. Ich ahne Schreckliches. Ich springe von der Schüssel auf und starre hinein.
    Da schwimmt er, der Sender, den der Tontechniker hinten an meiner Hose befestigt hatte mit der Bemerkung: «So, Frau Goldhausen, ab jetzt können alle hören, was Sie sagen. Wenn Sie also Geheimnisse haben, sollten Sie sie nicht gerade in den nächsten zwei Stunden ausplaudern.»
    Ich schaue auf die Uhr. Die Show beginnt in zwanzig Minuten, und mein Sender liegt im Klo. Ich fische das Teil aus dem Becken, wasche mir die Hände und versuche, mit möglichst würdevoller Miene die Toilette zu verlassen. Vielleicht hat ja keiner was gemerkt.
    Auf dem Gang kommt der Mann vom Ton auf mich zugelaufen, dicht gefolgt von meiner Freundin Regina, die mir das Ganze hier eingebrockt hat.
    «Frau Goldhausen, was ist denn los? Erst haben wir so merkwürdige Geräusche gehört, und dann war Ihr Signal plötzlich weg.»
    «Nun ja, ich musste nochmal schnell, und da ist mir das Teil dummerweise   …»
    «…   ins Klo gefallen? Das macht doch nichts. Das passiert hier ständig.»
    Regina hörte nicht auf zu kichern. «Von wegen, das passiert hier ständig. Ich arbeite seit zehn Jahren beim

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