Schwert und Laute
auf seinem Territorium antraf.
»Die Spuren enden hier«, erklärte Calum.
»Hier ist das Land zu Ende, mein Junge. Im Wasser lösen sich Blutspuren auf.«
»Meinst du, sie ist ins Wasser gegangen?«
»Denk doch nach. Wenn du so viel Blut verloren hättest, hättest
du dann die Kraft gehabt, dich auch nur bis hierher zu schleppen? Man hat sie getragen, und wenn du meine Meinung hören willst, dann liegt sie auf dem Grund des Loch.«
Isaak marschierte am Ufer entlang und trat wütend in die Kieselsteine. »Sie haben sie mit einem Boot weggebracht!«, brüllte er plötzlich. »Da, schaut!«
Eine tiefe Furche hatte sich in den Sand und den Kies eingegraben. Ganz in der Nähe färbte eine letzte Blutspur den Strand wie eine Signatur. Bestürzt sah ich zu Liam auf. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr. Man hatte sie in den Tiefen des Loch versenkt. Die Unbekannten hatten bestimmt dafür gesorgt, dass ihr Körper nicht hier in der Nähe an die Oberfläche kommen würde.
Isaak hielt es nicht an einer Stelle. Er rannte zwischen dem Weg und der Stelle, an der man seine Schwester auf ein Boot geladen hatte, hin und her. Immer wieder lief er die Strecke entlang, tobend, fluchend und mit der Stiefelspitze auf den Boden eintretend. In einem letzten Anfall von ohnmächtigem Zorn versetzte er einem Stück Holz einen Fußtritt. Es flog mehrere Meter weit, und ein leicht schimmernder Gegenstand klimperte auf die Kiesel. Isaak erstarrte und hob ihn auf. Es war eine Messingbrosche, wie die Männer sie trugen, um ihre Plaids zu befestigen. Isaak spuckte aus, zog seinen Dolch und reckte ihn zum Himmel.
»Iffrin! Zur Hölle! Kind des Teufels, ich ziehe dir die Haut ab, du Hurensohn von einem Campbell!«
Sein Schrei breitete sich über das Wasser aus, hallte in den Hügeln wider und wurde von den Felswänden des Pap zurückgeworfen. Sein unheilverkündendes Urteil war im ganzen Tal zu vernehmen. Wir standen vor Bestürzung wie erstarrt da und wagten nicht, uns zu rühren, um nicht die mörderische Wut, die Isaak ergriffen hatte, auf uns zu ziehen. Er fuchtelte mit der Klinge durch die Luft und stieß sie dann heftig in den Sand, dort, wo das Boot abgelegt haben musste.
»Die Hölle wartet auf dich, Ewen Campbell!«
Isaak war auf die Knie gefallen und verharrte reglos, die Hände um das Heft des im blutroten Sand steckenden Dolchs verkrampft. Nur seine Schultern wurden von heftigem Schluchzen geschüttelt.
In Gedanken versunken saß ich im feuchten Heidekraut und lehnte mich an einen aus dem Boden ragenden Granitbrocken. Liam stand mit vor der Brust gekreuzten Armen einige Meter von mir entfernt und sah über den Loch hinaus. Ich wusste, dass er innerlich anderswo war.
»Denkst du wirklich, dass Campbell Meghan getötet hat?«
»Ich weiß es nicht, Caitlin...«
Die Worte blieben ihm in der Kehle stecken. Wahrscheinlich hatte er das Gefühl, mitverantwortlich für diese Situation zu sein. Er gesellte sich zu mir und setzte sich oben auf den Felsbrocken.
»Zumindest scheinen die anderen das zu glauben.«
»Alles deutet darauf hin. Die Brosche stammt eindeutig aus dem Campbell-Clan«, erklärte er. »Allerdings weist nichts darauf hin, dass sie dem Mörder gehört hätte, oder Ewen Campbell.«
Ich sah zu ihm hoch. Er hatte einen Ellbogen auf das angezogene Knie gestützt und rieb sich die Augen. Ich nahm seine freie Hand, die auf seinem Schenkel lag.
»Liam, dich trifft keine Schuld.«
»Ich weiß, a ghràidh, das sage ich mir auch immer wieder. Aber ich mache mir Vorwürfe, weil ich nicht früher mit Meghan gesprochen habe. Vielleicht habe ich, ohne es zu wollen, den Eindruck erweckt, dass ich... Ich habe sie ja gewiss nicht geliebt, aber das hat sie nicht verdient.«
Er warf mir einen bedrückten Blick zu und schüttelte dann hilflos den Kopf.
»Mir tut es leid um das Kind...«, flüsterte ich leise.
Er zuckte die Achseln, ließ meine Hand los und stand auf.
»Gehen wir zurück.«
»Ich komme gleich nach.«
Schweren Schrittes schlug er den Weg zum Dorf ein. Ich blieb noch und betrachtete das dunkle Wasser des Loch Leven. Der Nebel hatte sich gelichtet, aber der Himmel war immer noch trüb und grau, und ein feiner Nieselregen wusch das vergossene Blut fort. Auch ich fühlte mich bekümmert, aber ich weinte nicht. Nun, da Meghan nicht mehr da war, würde mein Leben leichter sein. Doch ich fand keine innere Ruhe. Meghan schlich immer
noch um mich herum, beobachtete mich und wartete den richtigen Moment ab, in dem sie sich
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