Schwert und Laute
Liam die gleichen Vorbehalte hegte, zumal Patrick mit seiner Schwester verheiratet war.
»Und wenn er sich weigert?«, fragte Liam und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sir Graham zuckte die Achseln und verzog enttäuscht den Mund.
»Dann wäre ich sehr betrübt, aber auch überrascht. Mr. Dunn hat immer ein lebhaftes Interesse an unserer Sache bekundet. Er gehört zu den ‹Wildgänsen‹, die sich verirrt haben.«
»In der Tat, er handhabt die Feder besser als das Schwert«, brummte Liam.
»Wahrlich, er hat nicht seinesgleichen, Liam. Wir wollen ihm in naher Zukunft bedeutsamere Aufgaben übertragen. Dieser Mann sprudelt wirklich vor Fantasie.«
Viel sagend zog er eine Augenbraue hoch und beugte sich dann zu uns herüber.
»Also, sprecht Ihr mit ihm?«
Liam trommelte mit den Fingern nervös auf dem Tisch herum.
»In Ordnung, ich werde mit ihm reden, James«, sagte er dann.
»Recht so!«, rief Sir Graham und erhob symbolisch sein Glas über dem Wasserkrug. »Auf den König jenseits des Meeres!«
»Auf die Stuarts, die Könige von Schottland!«, riefen wir alle im Chor.
Wir ließen unsere Gläser aneinanderklingen und tranken mit dem köstlichen Moselwein auf die Gesundheit des exilierten Königs.
»Ah«, erinnerte sich Sir Graham und hob theatralisch einen Finger. »Ich habe ein Geschenk für Euch, Liam. Ich wollte es Euch unbedingt in eigener Person übergeben.«
Er griff unter den Tisch und zog einen länglichen Kasten aus Mahagoniholz hervor, den er behutsam auf den Tisch stellte. Mit den Fingerspitzen strich er leicht über den Deckel und schob die Schachtel dann langsam vor Liam hin.
»Von Monsieur François Lafarge.«
»Wer ist denn das?«, fragte ich.
»Der Waffenhändler, mit dem ich zu tun hatte.«
Vorsichtig öffnete er die Schatulle, und ein Leuchten trat auf sein Gesicht.
»Herrlich!«, flüsterte er wie vom Donner gerührt.
Die Schatulle enthielt eine wunderschöne schwarze Pistole mit einem Beschlag aus vergoldetem Messing, in den das Bild eines eng umschlungenen Paares eingraviert war. Der mit Gold eingelegte Lauf aus bläulichem Stahl schimmerte im Licht der Kerze.
»Das ist eine Repetierpistole«, erklärte Sir Graham und betrachtete die Waffe mit unverhohlenem Neid.
»Er hat mir einmal ein ähnliches Stück gezeigt«, meinte Liam beeindruckt. »Aber dieses hier... das ist ein richtiges Juwel.«
Er nahm die Pistole heraus und betrachtete sie aus allen Blickwinkeln; dann erklärte er mir in groben Zügen, wie sie funktionierte.
»Schau mal, das hier ist das Pulvermagazin, und hier kommen die Kugeln hinein«, sagte er und zeigte mir den Mechanismus unter dem Kolben. »Das Pulver wird automatisch durch eine Dosiermechanik eingegeben. Um zu laden, braucht man die Waffe nur waagerecht zu halten und den Hebel zu drücken, wodurch eine Kugel in den Lauf geschoben wird. Zugleich wird der Hahn scharf gemacht. Damit kann man bis zu fünfzehn Schuss hintereinander abgeben.«
»Warum schickt er dir ein so wertvolles Geschenk?«
»Weil Euer Gatte ihm das Leben gerettet hat, Madam«, erklärte Sir Graham und schenkte uns Wein nach.
Verblüfft sah ich Liam an, der die Waffe in ihre mit rotem Samt ausgeschlagene Schatulle zurücklegte. Er wirkte verlegen.
»Du hast ihm das Leben gerettet? Wieso hast du mir nie davon erzählt?«
»Das war wirklich keine Heldentat, a ghràidh .«
»Ich möchte es trotzdem hören.«
»Ein andermal, ich möchte Sir James nicht mit meinen Geschichten langweilen.«
»Euer Gatte ist zu bescheiden, Madam«, sagte Letzterer lächelnd. »Monsieur Lafarge hat mir selbst von diesem Abenteuer erzählt. Wirklich komisch. Wenn Euer Gatte nicht hinzugekommen wäre, dann wäre der arme Mann heute tot.«
»Ach ja?«, rief ich aus. Ich wurde immer neugieriger.
»Der gute Lafarge hatte wahrhaftig zu viel getrunken«, begann Sir Graham. »Er ist ein Liebhaber schottischen Whiskys«, erläuterte er in vertraulichem Ton. »Ich muss daran denken, ihm eine Kiste davon zu schicken.«
»Aber was ist denn nun geschehen? Ihr spannt mich auf die Folter, Sir Graham.«
Liam schüttelte den Kopf, verbarg ihn in den Händen und murmelte etwas Unzusammenhängendes. Sir Graham nahm seine Geschichte wieder auf.
»Nun ja, der Unglückliche war in der Badewanne eingeschlafen und mit dem Kopf unter Wasser gerutscht. Er war sturzbetrunken, und seine hübsche junge Dame auf dem Bett stand ihm diesbezüglich in nichts nach.«
»Die junge Dame auf dem Bett?«, fragte ich
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