Schwerter der Liebe
einer so tiefen, polternden Stimme, dass sie fast nach Donnergrollen klang, und einem eindeutig ka-ribischen Akzent. »Die Leute lassen sich zu jeder Jahreszeit da drüben verheiraten.«
Juliette sah den Bootsführer kurz an, als ihr klar wurde, dass er glauben musste, sie brenne ebenfalls durch. Sie bekam aber keine Möglichkeit, die Situation zu erklären, da Valara wieder zu reden begann.
»Wir können nicht übersetzen«, wiederholte sie, den Blick auf Nicholas gerichtet, der ins Boot gestiegen war und nun in geduckter Haltung wartete, um ihnen beiden an Bord zu helfen.
»Wir haben das bereits entschieden«, gab Juliette kopfschüttelnd zurück. »Ich werde jetzt keinen Rückzieher machen.«
»Ich habe nichts entschieden, Mam 'zelle. Du musst gehen, aber ich kann nicht.«
Valara war keine Sklavin, und Juliette konnte sie zu nichts zwingen, und selbst wenn, wäre es äußerst herzlos gewesen, da sie offenbar Todesängste ausstand. Sie sah zu Nicholas, der sie einfach nur anschaute. In seinem Blick waren keine Bitte und keine Forderung zu erkennen, allenfalls der Hauch einer Herausforderung. Abrupt raffte sie mit der rechten Hand ihre Röcke, während sie Nicholas ihre linke gab, damit er ihr ins Boot half. An ihre Zofe gerichtet, sagte sie: »Bleib hier, wenn du das wirklich willst, aber ich werde mich auf den Weg machen.«
Valara stand unschlüssig da, tat dann aber einen Schritt nach hinten. »Verzeih mir, Mam’zelle. Ich werde deiner Mutter sagen, was du vorhast. Geht mit le bon Dieu, du und Monsieur Nicholas. Möge er dich behüten.«
Es war nicht klar, ob Valara mit der letzten Bemerkung den Schutz Gottes oder den des Fechtmeisters meinte, doch es war auch egal. Sie spürte Nicholas' warmen Griff, als er ihr beim Einsteigen Halt gab und sie dann zu einem Platz am Bug führte, ehe er sich hinter sie setzte. Blackford bückte sich, um das Tau zu lösen, dann stieß er das Boot von dem kleinen Holzdock am Deich ab und machte einen eleganten Satz, um an Bord zu springen. Schließlich fuhren sie los.
Juliette hielt sich an den Schandeckeln zu beiden Seiten fest, während der Fluss das schaukelnde Boot in seine Strömung zog, als wäre es ein Stück Treibgut, das von einem Strudel mitgerissen wurde. Dann ritten sie förmlich auf den Wellen, die sie in die Höhe drückten und im nächsten Moment in ein Tal stürzen ließen, während Samson mit fester Hand das Steuerruder bediente und Nicholas vorn die Ruder ins Wasser eintauchte und das Boot vorwärts bewegte. Blackford saß dicht hinter ihm und drängte ihn, er solle ihn doch zuerst rudern lassen. Juliette zweifelte einen Moment daran, ob es wirklich so klug von Nicholas war, seinen verletzten Arm so sehr anzustrengen. Er schien allerdings nichts davon zu bemerken, auch wenn das im flackernden Schein der Laterne zu Blackfords Füßen nur schwer zu erkennen war. Nicholas schüttelte lediglich den Kopf als Antwort auf die Forderung seines Freundes, woraufhin Juliette wieder nach vorn schaute.
Der Sturm schlug ihnen entgegen, als wolle er sie an der Verfolgung hindern. Eine Welle traf den Bug, Gischt spritzte hoch und ergoss sich über das Boot. Juliette stockte der Atem, als das kalte Wasser sie ins Gesicht traf. Sie zog den Kopf ein und wickelte sich in ihren feuchten Mantel.
Sie wurden stromabwärts getrieben, was nicht überraschend kam. Alle Fähren, die von New Orleans aus zu den Städten am gegenüberliegenden Ufer fuhren, mussten mit der Strömung kämpfen, doch es kam Juliette so vor, dass sie zu stark abgetrieben wurden. Wie der Bootsführer beurteilen konnte, dass sie sich noch auf dem richtigen Kurs befanden, war ihr ein Rätsel. Sie konnte in der Dunkelheit kaum etwas erkennen, und die Gischt sowie das heftige Schaukeln des Bootes nahmen ihr auch noch die restliche Orientierung.
Sie musste an Paulette und Daspit denken, die zusammen mit Gabriel irgendwo vor ihnen in diesem Wintersturm unterwegs waren. Befanden sie sich noch auf dem Wasser? Paulette würde unter solchen Umständen außer sich sein vor Panik, und dem Jungen erging es vermutlich nicht viel besser. War Gabriel warm genug angezogen? Und würde Paulette ihn an sich gedrückt halten, damit er vor Wind und Wellen geschützt war?
Es war ihre Schuld, dass Gabriel in diese Angelegenheit verwickelt worden war - zumindest kam es ihr so vor. Sie hätte ihn an diesem Abend nicht allein lassen dürfen. Was, wenn er von diesem Wetter erneut Fieber oder gar eine Lungenentzündung bekam? Er war
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