Schwerter der Liebe
wieder vorwärts.
Sie spürte, wie angestrengt Nicholas atmete und wie heftig sein Herz schlug. Die Hitze, die er ausstrahlte, empfand sie als einen so krassen Gegensatz zu der Kälte ihres eigenen Körpers, dass ihr unwillkürlich ein Schauer über den Rücken lief. Er zog sie noch dichter an sich, half ihr, das Gleichgewicht wiederzufinden, ehe er ihr zurück auf ihren Platz half und sich zu ihr setzte.
»Ihre Verletzung«, begann sie beunruhigt, während sie versuchte, von ihm wegzurücken.
»Ich werde es überleben.«
Seine Umarmung stützte sie zur einen Seite, während sie zur anderen von der Schulter bis zum Knie gegen ihn gedrückt wurde. Sein Duft nach warmem, feuchtem Stoff und sein würziges, männliches Aroma umgaben sie und stiegen ihr zu Kopf wie edler Brandy. Sie atmete tief ein und wartete gebannt darauf, was wohl als Nächstes passieren würde.
Von einem leisen Pfeifen begleitet, atmete er ein, weiter jedoch tat er nichts. Sie saßen reglos im Sturm da, und mit einem Mal erschienen ihr seine Nähe und dieses nicht enden wollende Gefühl, von ihm beschützt zu werden, genau richtig. Das Boot konnte kentern, der Regen sie fast ertränken, die Strömung sie meilenweit flussabwärts mitreißen, bis sie in den Golf gespült wurden — es würde ihr nichts ausmachen. Sie war in Sicherheit, sie war dort, wo sie hingehörte.
Wie unglaublich war dieses Gefühl im Vergleich zu dem Leben, das sie bis vor Kurzem gekannt hatte. Ein Leben, in dem ihr Tagesablauf bis in alle Ewigkeit festgelegt war, in dem Arbeit, Dienst und Gebete hinter den hohen Klosterwänden auf sie warteten. Dass sie davon befreit worden war, erstaunte sie aufs Neue. Sollte sie tatsächlich ins Kloster zurückkehren müssen, würde sie für immer dankbar sein, diese nasskalte, stürmische Nacht mitgemacht und ein anderes Leben erfahren zu haben. Sie war so froh, dass sie es erlebt hatte und sie mutig genug gewesen war, danach zu greifen.
Es waren diese Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, während Nicholas sie in seinen starken Armen hielt. Schließlich drehte er sich zu ihr um.
»Der Fluss wird unruhiger«, sagte er. »Es wäre am Besten, wenn Sie hier an meiner Seite bleiben. Das wäre sicherer.«
»Ja«, antwortete sie leise und ließ sich gegen ihn sinken. Ihr Blick war nach vorn gerichtet, doch von der Dunkelheit bemerkte sie kaum etwas. Stattdessen war ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Mann gerichtet, der sie festhielt, auf seine Bewegungen, mit denen er das Schaukeln des Bootes ausglich, auf die Art, wie der Regen von seinem Hutrand über seinen Rücken lief, auf das goldene Flackern der Laterne auf seinem ansprechenden Gesicht, während er selbst nach irgendwelchem Treibgut Ausschau hielt, das ihnen gefährlich werden konnte.
Sie musterte ihn und war wie gefesselt von seiner männlichen Eleganz und seiner Kraft, gleichzeitig ergriffen Leidenschaft und eine sonderbare Trauer von ihr Besitz. Verzweifelt fragte sie sich, ob er im Gegenzug überhaupt nur einen Bruchteil jener Faszination spürte, die sie für ihn empfand.
Zuvor hatte er sie so geküsst, als erwidere er ihre Gefühle ohne Einschränkungen. Sie hatte ihrerseits all das in ihre Umarmung gelegt. Es war wie eine Offenbarung gewesen, als sie fühlte, was sich in ihrem Inneren entfaltete und hitzig und gewaltig einer Explosion gleich zum Ausbruch kam. Wie sehr hatte sie sich doch gewünscht, sich diesen Gefühlen ebenso hinzugeben wie dem Mann, in dessen Armen sie lag, während sie zugleich lernte, Respekt vor diesem ungeheuren sinnlichen Hunger zu haben. Die Reaktion war einfach zu groß und zu überwältigend, als dass sie damit hätte experimentieren wollen. Sie konnte das nicht riskieren, solange sie nicht ein Ehepaar waren.
Vorausgesetzt natürlich, sie erreichten jemals diesen Status.
Ehefrau von Nicholas Pasquale, dem berüchtigtsten Fechtmeister von ganz New Orleans. Würde es ein grenzenloser Segen sein, Madame Pasquale zu sein, das Recht zu haben, in seinen Armen zu liegen und glücklich zu sein? Oder würden Enttäuschung und letztlich Kummer die Folge sein?
Niemand vermochte das zu sagen. Und vielleicht würde sie das sogar niemals erfahren.
Schließlich tauchte mitten im Regen das Westufer auf, ein gräulicher Streifen zwischen dem dunklen Wasser und dem Nachthimmel. Allmählich kam dieser Streifen näher, und es wurden vereinzelt Lichter erkennbar. Als sie endlich in Ruf weite waren, holte der Bootsführer Samson unter seinem Sitz ein Horn hervor
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