Schwerter der Liebe
Monsieur O’Neill. Er hat eine Lady von untadeligem Charakter mit besten familiären Verbindungen geheiratet.«
Paulettes Augen blitzten wütend auf, als Juliette sie an diese Tatsachen erinnerte. »Madame Moisant war eine Witwe, und das ist etwas ganz anderes.«
»Ich wüsste nicht warum.«
»Weil du dir vorgenommen hast, schwierig zu sein. Du weißt sehr gut, dass diese Verbindung unannehmbar ist. Du klammerst dich an jeden Strohhalm, um das an dich zu reißen, was rechtmäßig mir gehört.«
Juliette schüttelte den Kopf, hielt aber sogleich wieder inne, da die stechenden Schmerzen zurückkehrten. »Ich versuche nur, das zu tun, was am besten ist.«
»Dann hältst du es also für das Beste, unsere Familie dem Gespött der Leute auszusetzen, indem du einen Maitre d’armes dazuholst? Du hältst es für das Beste, ihn zum Herrn des Hauses zu machen, was unweigerlich geschehen wird, wenn du ihn zu deinem Ehemann nimmst? Du findest, es ist das Beste, ihm unser wertvollstes Erbstück ebenso anzuvertrauen wie unsere Gesundheit und unser Wohl? Wenn dem so ist, meine liebe Schwester, dann spucke ich auf dein Bestes!«
In Juliette regte sich Zorn, der ihr im ersten Moment ungewohnt vorkam, dennoch echt war. »Ich will nichts von dem, was deins ist, Paulette. Aber ich wüsste nicht, warum ich auf das verzichten sollte, was rechtmäßig mir gehört. Du hattest all die Jahre den Platz der Erstgeborenen inne, du hattest die Feiern und die Bälle, die teuren Kleider und die Aufmerksamkeit der Männer ...»
»Und du warst auf all das neidisch!«
»Nein, das war ich nicht«, stritt Juliette sofort ab. »Ich will damit nur sagen, dass du bis jetzt so viel hattest. Warum gönnst du mir dann nicht dies hier?«
»Es geht um die Truhe! Schon immer habe ich mich gefragt, was da drin ist, und die ganze Zeit über dachte ich, eines Tages würde ich es erfahren. Wenn du vor mir heiratest, werde ich die Antwort niemals bekommen. Das kann ich nicht zulassen!«
»Wie kannst du so etwas sagen? Du hast doch längst in die Truhe ges ...«
»Du lügst! Das habe ich nie getan, weil ich so etwas niemals machen würde! Nie, nie, niemals!«
Paulettes Gesicht war blass geworden, und in ihren Augen blitzte Panik auf. Einem anderen wäre das vielleicht nicht aufgefallen, aber Juliette kannte ihre Schwester viel zu gut. »Du hast es gemacht, und du weißt es ganz genau. Ich war dabei.«
»Du hattest die Augen geschlossen, damit du nichts sehen konntest. Und ich habe nur so getan als ob. Ich habe den Deckel kaum angehoben, und es hat nicht gereicht, um irgendetwas erkennen zu können.«
»Aber Papa starb, und dann starb auch Charles Yves, den du hättest heiraten sollen.«
»Ein Zufall.«
»Aber wenn Maman davon wüsste ...«
»Du würdest ihr das niemals erzählen!«
»Stimmt«, sagte Juliette. »Ich würde es nicht machen, weil die Aufregung zu viel für sie wäre. Aber willst du wirklich das Risiko eingehen, dass so etwas wieder geschieht?«
»Ich sage doch, ich habe nie hineingesehen. Außerdem meint Jean ... Monsieur Daspit ..., dass es alles nur Aberglauben ist und sowieso nichts passieren wird.«
»Dieser Daspit«, warf Valara ein. »Ich habe ihn noch nie leiden können. Er ist ein Halunke.«
»Juliettes Pasquale ist der wahre Halunke!«, rief Paulette entrüstet. »Die Frauen werfen sich ihm zu Füßen, und was macht er? Er sucht sich die aus, die ihm am besten gefällt. Er wird dir niemals ein treuer Ehemann sein, meine liebe Schwester, nie im Leben. Ein Mann wie er braucht eine feurige, leidenschaftliche Frau, und du besitzt weder Feuer noch Leidenschaft. Er wird dich unglücklich machen — so unglücklich, wie du es dafür verdient hast, dass du mir wegnehmen willst, was mir gehört.«
»Ich habe es mir nicht ausgesucht«, protestierte Juliette.
»Aber du kämpfst auch nicht dagegen an, oder?«
Juliette schwieg. In gewisser Weise hatte ihre Schwester sogar recht. Sie hatte nur pro forma ein Gespräch mit der Mutter Oberin geführt, ehe sie das Kloster verließ, und darin die Gesundheit ihrer Mutter und ihre eigene Pflicht gegenüber der Familie als Gründe für ihren Entschluss angeführt. Und ihr war gesagt worden, sie sollte vor ihrer endgültigen Entscheidung noch einmal beten. Das hatte sie auch getan, jedoch nicht mit sonderlich großem Eifer.
»Ich hatte mich nie für die Kirche ausgesprochen«, entgegnete sie schließlich. »Dies hier ist in gewisser Weise eine Prüfung meines Entschlusses. Wenn du vor mir
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