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Schwerter der Liebe

Titel: Schwerter der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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entkommen.«
    »Und Ihre Mutter?«
    »Sie auch nicht. Sie fand erst im Tod Frieden.«
    Juliette schwieg in Gedanken versunken, schließlich sagte sie leise: »Dann haben Sie niemanden mehr. Nur Ihre Straßenjungs.«
    »Das ist richtig.«
    »Ich glaube, ich kann verstehen, warum Sie sich um sie kümmern.«
    »Das bezweifle ich«, gab er angespannt zurück. »Es geht hier nicht um ein rührseliges Mitleid, auch nicht um den Wunsch, ihnen Kleidung und Nahrung zu geben. Die Straße ist ein Ort des Todes. Entweder lernt man dort zu sterben, oder man lernt zu töten. Kein Kind hat es verdient, diese Lektion am eigenen Leib erfahren zu müssen.«
    Sie streckte ihre Hand aus und legte sie ihm auf den Arm. Diese wortlose Geste war Trost ohne mitleidiges Bedauern, Mitgefühl ohne Geringschätzung. Die Berührung, die Wärme, die ihre Handschuhe ebenso durchdrangen wie den Ärmel seiner Jacke und seines Hemds, schienen bis in die Finsternis tief in seinem Innersten vorzudringen und etwas von dem Schmerz zu lindern, der dort verborgen lag.
    Er betete sie in diesem Moment mit plötzlich aufflammender Leidenschaft und grenzenloser Dankbarkeit an, so wie ein verletzter Hund die Herrin verehrt, die ihn vor der Kälte rettete, die ihn fütterte, seine Wunden versorgte und ihm zumindest nach außen hin liebevolle Anerkennung zeigt. Diese Bewunderung kannte keine Grenzen, gestattete kein Zurückhalten, kein Verzweifeln.
    Er würde sie bekommen, schwor er sich, und er würde sie für immer bei sich behalten, ob sie es wollte oder nicht und ohne Rücksicht darauf, wer vielleicht versuchen würde, sie ihm wegzunehmen. Sie würde ihm gehören, doch sie durfte in den Tagen und Wochen, die vor ihnen lagen, nicht erfahren, was er für sie empfand. Dieses Wissen war eine so mächtige und scharfe Waffe, die einfach viel zu tief schneiden konnte. Ihr diese Waffe ohne ein Mittel zu seiner eigenen Verteidigung auszuhändigen, war schlicht undenkbar.
    Diese Lektion hatte er vor langer Zeit gelernt. Um zu überleben, war es erforderlich, stets das Herz zu schützen.

Zehntes Kapitel
    Während Paulette und ihre Mutter noch ihre Mäntel an der Garderobe abgaben, ihr Tanzprogramm entgegennahmen und im Garderobenraum an der Eingangstreppe ihre Kostüme glatt strichen, begab sich Juliette bereits in den Ballsaal. Sie tat dies absichtlich, weil sie an diesem Abend wirklich anonym in der Menge untertauchen wollte, und das konnte sie nur, wenn sie sich nicht in Paulettes Nähe aufhielt. Trotz unterschiedlicher Verkleidungen waren sie beide sich einfach zu ähnlich, und sie wären sofort erkannt worden, hätten sie irgendwo nebeneinander gestanden.
    Woher dieser Wunsch kam, allein zu sein, konnte Juliette nicht mit Gewissheit sagen. Sie wusste nur, dass die Zwänge, die ihr auferlegt worden waren, ihr die Luft nahmen. Ihr bisheriges Leben, ihre eigenen Erwartungen und ihre Verantwortung hatten sich so drastisch und so schnell verändert, dass sie immer noch das Gefühl hatte, außer Atem zu sein. Alle glaubten sie zu kennen, jeder meinte zu wissen, was das Beste für sie war und was sie tun sollte, bis es ihr so vorkam, als wolle jeder sie in eine andere Richtung zerren. An diesem Abend für kurze Zeit einmal wirklich allein sein zu können, war wie eine berauschende Kostprobe einer Freiheit, die sie noch nie erlebt hatte — und die sie vielleicht auch nie wieder erleben würde.
    Dass sie einen solchen Schritt überhaupt wagte, lag einzig an der Halbmaske aus grünem Samt, die ihre obere Gesichtshälfte bedeckte. Diese Maskerade hatte etwas für sich, wie sie fand. Eine solche Tarnung gestattete es einem Menschen, jene Seiten seines Wesens zu offenbaren, die er sonst tief in seinem Inneren verborgen hielt. Die Maske erlaubte ihrem Träger, zu einem anderen Menschen zu werden, zu einer Person, die zu sein er sich schon immer erträumt hatte, auch wenn es nur für die Dauer eines Abends war. Es war genau das, was sie brauchte.
    Urteilte man allein nach ihrem Kostüm, dann musste ihr geheimster Wunsch der sein, die wagemutige Lady des Ancien Regime am Hofe des sagenumwobenen Sonnenkönigs Louis XIV. zu spielen. Vage Gerüchte besagten, dass Juliettes eigene Vorfahrin Marie Therese diese Position innegehabt hatte, sodass es eigentlich nur eine zwangsläufige Wahl zu sein schien. Tatsächlich entscheidend war aber der Punkt, dass bei Madame Ferret eine in dieser Art gekleidete Schaufensterpuppe stand, von der sie sich hatte inspirieren lassen.
    Ihr Mieder a la

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