Schwerter der Liebe
Stirn in Falten. »Sie meinen, wegen Ihres Berufs? Ich bin keinen großen Bekanntenkreis gewöhnt, wie Sie wissen, deshalb wird mir das überhaupt nichts ausmachen. In letzter Zeit kommt es mir so vor, als wäre ich nicht länger Teil meiner eigenen Familie, deshalb bin ich dankbar, dass mir eine neue Familie angeboten wird. Darüber hinaus glaube ich, das Vergnügen eines solchen Abends versagt zu bekommen, wie wir ihn heute genießen, ist für all jene ein Verlust, die sich für etwas Besseres halten.«
Dass der Druck auf seine Brust nachließ, hing damit zusammen, dass Nicholas mit einem Mal große Erleichterung verspürte. Bis zu diesem Moment war ihm nicht bewusst gewesen, wie wichtig es war, dass sie sich in der Gesellschaft seiner Freunde wohlfühlte. Dass sie deren gute Eigenschaften nicht nur erkannte, sondern auch zu schätzen wusste, war beinahe schon mehr, als er verdiente.
»Ich habe oft das Gleiche gedacht«, pflichtete er ihr zu, dann fügte er an: »Ich bin froh über diese Gelegenheit, uns gegenseitig besser kennenzulernen. Sicherlich brennen Ihnen Fragen auf der Zunge, denn die Beschäftigung der Franzosen mit Familiengeschichte und Abstammung ist weithin bekannt. Fragen Sie, was immer Sie wissen möchten, und ich werde versuche, Ihnen zu antworten.«
Ihre Blicke trafen sich, während das Geräusch des Regens auf der anderen Seite des Fensters wie ein endloses Gemurmel wirkte. Juliette fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, was seine Aufmerksamkeit auf ihre verlockend sanften, lustvollen Rundungen lenkte. Das Ziehen in seinen Lenden, das im nächsten Moment einsetzte, war so intensiv, dass er sich zwingen musste, um auf das zu achten, was sie in einem melodischen Tonfall zu ihm sagte.
»Ein paar Dinge, die Sie betreffen, haben mich neugierig gemacht. Da Sie dieses Thema angeschnitten haben, würde ich gern wissen, ob es stimmt, dass Ihr Vater ein Engländer war.«
»Ja, das ist richtig.« Er hätte wissen sollen, dass es keine gute Idee war, ihr derart freie Hand zu lassen. So ruhig und bescheiden sie auch sein mochte, hieß das noch lange nicht, dass sie sich nichts zutraute. Ihr zurückhaltendes Auftreten war womöglich nur eine Maske, wie ihm plötzlich bewusst wurde - eine Maske, die sie aufsetzte, um die Person zu verbergen, die sie in ihrem Inneren war, die Person, die sie hätte sein können, wäre sie nicht als Tochter einer frommen und abergläubischen Mutter zur Welt gekommen.
»Aber kennengelernt haben Sie ihn niemals?«
»Wollen Sie so herausbekommen, ob ich seinen Namen trage? Die Antwort darauf lautet selbstverständlich nein. Sein Verhältnis mit meiner Mutter war nicht von legaler Natur, daher bin ich wahrhaftig der Bastard, als den man mich manchmal hinter meinem Rücken bezeichnet. Da ich zu Ostern geboren wurde, entschied ich mich für Pasquale, als die Zeit kam, um einen passenden nom de guerre von der Art zu wählen, wie ihn Fechtmeister für gewöhnlich annehmen.« Da er sich entschlossen hatte, immer ehrlich zu ihr zu sein, konnte er auch gleich alle seine Karten offen auf den Tisch legen.
»Es heißt, Sie hatten einen Bruder, der auch der Grund war, weshalb Sie nach New Orleans kamen.«
Er wandte dem Fenster und dem Vorhang aus dickem Samt, der auf der kurzen Metallstange zur Seite aufgezogen worden war, den Rücken zu. »Ein Halbbruder, um genau zu sein. Ja, ich kam wegen des Mannes her, der ihn dazu brachte, sich das Leben zu nehmen. Besser gesagt: wegen einem der Männer.«
»Wegen einem von ihnen?«
»Rios Onkel, der sich zum Conde de Lerida machte, war ein Schwindler, der meinen Bruder zuerst in seine Machenschaften verstrickte und ihm dann die alleinige Schuld zuschob. Ich kam nach New Orleans, weil ich diesem Conde gefolgt war und Rache üben wollte.«
»Und das taten Sie dann auch.«
»Ja«, antwortete er.
»Und was war mit dem anderen Mann, der ... der an seinem Tod schuld war?« Sie starrte hinaus in den Regen, der von den Dachtraufen lief und auf den mit Segeltuch bedeckten Balkonboden prasselte.
»Er war mein Stiefvater, der leibliche Vater meines Bruders. Er war eine Bestie in der Gestalt eines Menschen. Er genoss es, diejenigen zu quälen, die schwächer waren als er und über die er Macht ausübte. Ich lief davon, sobald ich dazu in der Lage war, weil alles besser war als ein Leben in seiner Gewalt. Selbst das Leben auf der Straße war im Vergleich dazu paradiesisch. Mein jüngerer Bruder Stephen schaffte es nicht, ihm zu
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