Schwerter der Liebe
davon ausgegangen, dass es für ihn eine Frage der Ehre sein würde, sich ihr gegenüber treu zu verhalten. Dass er das nicht tat, war für sie eine enttäuschende Erkenntnis.
Er bot ihr seinen Arm an, als die ersten Takte eines Walzers von Chopin erklangen. Juliette hakte sich bei ihm unter und folgte ihm auf die Tanzfläche, wo sie es zuließ, dass die Musik sie mitriss, obgleich Vergnügen und ein sonderbarer Schmerz sich in ihrem Innersten bekriegten.
»Wir passen sehr gut zusammen, was die Zeit angeht, aus der unsere Kostüme stammen, Mademoiselle.« Er ließ seinen Blick über ihr Kleid wandern und sah ihr dann wieder ins Gesicht. »Allerdings fürchte ich, Ihre Pracht übertrifft die eines einfachen Musketiers bei weitem.«
Der Klang seiner Stimme war so eindringlich, als würde er ihren Körper mit seinen Fingern liebkosen. So unfassbar es ihr auch erschien, musste sie doch feststellen, wie ihre Brustspitzen sich unter dem Stoff ihres Mieders aufzurichten begannen, als sie ihn reden hörte. Mit von Traurigkeit erfülltem Herzen beschloss sie, ihr einmal begonnenes Täuschungsmanöver fortzuführen, da sie nicht den Wunsch verspürte, sich jetzt und hier seine Entschuldigungen und Ausflüchte für sein Verhalten anzuhören. Mit ein wenig Glück würde es ihr gelingen, den Ballsaal zu verlassen, ohne sich Nicholas zu erkennen zu geben.
»Es gibt Zeiten«, sagte sie leise, »da zählen Reichtum und gesellschaftliche Stellung nicht länger.«
»Alles aufgegeben für die Liebe?«, fragte er. »Ein ehrwürdiges Konzept, das aber das tagtägliche Leben nur selten überleben kann.«
»Ich wollte damit eher sagen, dass im Dunkeln alle Unterschiede aufhören zu bestehen.«
Sie fühlte, wie er sich daraufhin versteifte, wunderte sich aber nicht über seine Reaktion, immerhin hatte sie sich selbst mit ihrer Bemerkung in Erstaunen versetzt. Im nächsten Augenblick zog er sie näher an sich, als es der Anstand eigentlich erlaubte.
»Ein vorübergehender Zustand, fürchte ich, dennoch von erstaunlichem Reiz.«
»Und es gibt Zeiten«, fuhr sie fort, als hätte er nichts gesagt, »da braucht eine Lady von edler Herkunft einen Mann, der über gewisse gefährliche Fähigkeiten verfügt.«
»Wofür der verehrte Musketier dann eine Belohnung erhält?«
»Vielleicht eine Gabe - oder ist das ein und dieselbe Sache?«
»Beides ist annehmbar, und die bloße Aussicht darauf ist mehr als genug, um mein Musketierherz aussetzen zu lassen.«
Sie bedachte ihn mit einem aufreizenden Augenaufschlag, obwohl ihr eigener Herzschlag so laut und heftig war, dass er sie zu ersticken drohte. »Ich frage mich, warum ich an diesen Worten zweifle.«
»Dafür habe ich keine Erklärung. Ich bin unter meinem Gewand nur ein einfacher Mann, ganz gleich, welches angebliche Geschick ich im Umgang mit der Klinge besitze. Ich kann ohne dieses Geschick leben oder sterben, und ich kann genauso gut wegen dieses Geschicks im nächsten Moment zu Tode kommen.«
Etwas an seinem Tonlall ließ sie mit Panik reagieren, und sie wich ein Stück zurück, um ihn anzusehen. Dass seine Maske sie daran hinderte, die Absicht hinter seinen Worten oder deren Ernsthaftigkeit einzuschätzen, bedachte sie mit einer Mischung aus Wut und Hilflosigkeit. Sein Blick war so eindringlich, dass er ihr fast den Atem nahm. Sie holte tief Luft, wodurch ihr Busen ein wenig angehoben wurde, während ihre Rippen schmerzten, da sie dem Druck des Korsetts ausgesetzt waren. Bevor sie etwas erwidern konnte, wurde sein Griff um ihre Taille noch etwas kräftiger, und ebenso hielt er ihre Hand fester.
»Kommen Sie mit mir mit«, forderte er sie leise auf, »solange uns niemand beobachtet und wir wenigstens zum Teil durch unsere Masken geschützt sind.«
So etwas zu sagen kam der Annahme gleich, dass sie eine Dirne war, die seinen Schmeicheleien erliegen würde, sobald sie nicht mehr den Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt war und niemand mehr über sie wachte. Sie sollte sich auf der Stelle weigern, sie sollte es mit einer kühlen Geringschätzung machen, um ihren Unmut kundzutun, dass er es wagte, sie so sehr zu beleidigen.
Doch diese Worte kamen ihr nicht über die Lippen. Es war nicht bloß so, dass sie herausfinden wollte, wie weit er mit dem Betrug an seiner Verlobten gehen würde. Ebenso wenig war die pure Verlockung der Grund dafür, obwohl sie ihr Verlangen intensiv und glühend heiß verspürte. Nein, was sie so verzauberte, war seine Begierde nach ihr, nach der Frau aus
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