Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
Lächeln beugte Richard sich zu ihr hinab, fasste sie an den kalten Händen und half ihr galant auf die Beine. »Das wird er nicht, mein Kind«, stellte er hart fest, trat auf seinen Vasallen zu und nagelte die Hand des Earls mit einer seiner Pranken an dessen Seite fest. Zitternd und vor Erleichterung keuchend, sank nun auch Harold vor der imposanten Gestalt des Königs auf die Knie, während sein Dienstherr den hünenhaften Löwenherz mit unverhohlener Wut anstarrte, bevor auch er schließlich die Waffe fallen ließ und den Kopf senkte.
    »Was hat das zu bedeuten?«, erkundigte sich Richard schließlich, nachdem Catherine zu Harold geeilt war und die stark blutende Wunde, die in einer dünnen Linie dort über den Hals des Knaben lief, wo die scharfe Schneide angelegt worden war, mit einem Tüchlein abtupfte. »Dieser Bursche ist unverschämt geworden«, knurrte Essex mit einem giftigen Blick auf die beiden jungen Leute. »Ich wollte ihm lediglich eine Lektion erteilen.« Er funkelte Harold zornentbrannt an. »Er ist mein Knappe«, setzte er nach kurzem Zögern hinzu. »Ist das wahr?«, fragte Löwenherz mit gerunzelter Stirn. Und als Harold, dem der Schock immer noch tief in den Gliedern saß, ihn verwirrt anblickte, erwiderte Catherine schüchtern: »Sire, er hat sich lediglich für meine Ehre eingesetzt.« Beschämt senkte sie den Blick, als der König trotz der gespannten Atmosphäre schmunzeln musste. Kaum waren die grauen Augen jedoch wieder auf dem kochenden Essex zu ruhen gekommen, verschwand alle Heiterkeit aus seinen Zügen, und er verkündete entschieden: »Nachdem ihr die hässliche Angewohnheit habt, Eure Schutzbefohlenen zu töten, Essex, bleibt mir nichts anders übrig, als den Knaben einem anderen Herrn anzuvertrauen!« Einen Augenblick wirkte es als wolle der Earl dieser Entscheidung widersprechen. Doch dann besann er sich eines Besseren, biss die Zähne zusammen und schwieg. »Ihr könnt gehen.« Mit einer herrischen Geste bedeutete der König seinem Vasallen, dass seine Gegenwart nicht länger vonnöten war. Aber als auch Harold und Catherine sich zurückziehen wollten, hielt er den Knaben am Handgelenk fest. »Gibt es jemanden, dem du lieber dienen würdest?« Geehrt von der Frage und der Tatsache, dass der König ihm die Möglichkeit zur Wahl eröffnete, nickte Harold schüchtern und erwiderte: »Henry of Cirencester hat mir viel beigebracht.« Mit einem zustimmenden Brummen ließ Richard den Jungen los und zwinkerte Catherine zu. »Am besten Ihr kümmert Euch um seine Verletzung.« Sein Blick wanderte zurück zu Harold, der bis an den Haaransatz errötet war. »Hol deine Siebensachen und melde dich bei Cirencester!«
    Als die beiden Zurückgelassenen sich aus der tiefen Verbeugung erhoben, mit der sie den König verabschiedet hatten, trat Catherine furchtlos auf Harold zu, schob die schlanken Finger unter sein Kinn und betrachtet die Wunde. »Die Begegnungen mit Euch scheinen immer stürmisch zu verlaufen«, witzelte sie – aufgekratzt, nun da die Gefahr vorüber war – und wischte sorgfältig die letzten Blutfäden von Harolds Hals. Wie männlich er in den vergangenen Monaten geworden war!, schoss es ihr durch den Kopf, als sie den ausgeprägten Kehlkopf berührte. Nicht nur waren die einstmals schmalen Schultern in die Breite gegangen, auch die vormals glatten Wangen wurden von einem Flaum bedeckt, der sich wohl bald zu einem prächtigen Bart entwickeln würde. »Ich habe mich noch gar nicht bei Euch bedankt«, flüsterte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte dem vor Freude schwindeligen Harold einen Kuss auf die Lippen.
     
    *******

    Stunden später schlug Catherines Herz immer noch bis zum Hals. Ohne darauf zu achten, was ihre Hände taten, half sie ihrer Herrin beim Ankleiden, während sich ihre Gedanken und Gefühle überschlugen. Er lebte! Harold of Huntingdon lebte! Viel mehr noch, er hatte ohne zu zögern sein Leben für sie aufs Spiel gesetzt! Die unbeschreibliche Furcht, die sie in Essex‘ Gewalt empfunden hatte, war in nackte Panik umgeschlagen, als der Earl Harold die Klinge an den Hals gesetzt hatte. Ein Zittern lief durch ihren Körper, und sie musste einen Moment innehalten, bevor sie eine weitere Haarklammer auf Berengarias Kopf befestigte. Harold of Huntingdon, von dem sie den ganzen Winter über geträumt hatte, hatte gehandelt wie einer der Recken, welche Aliénors Troubadoure so gerne besangen. Sie spürte, wie sich ihre Arme mit einer Gänsehaut

Weitere Kostenlose Bücher