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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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wartenden Eunuchen an, die Sklavinnen in die angrenzenden Kammern zu führen und anzukleiden, bevor sie mit einem zufriedenen Lächeln die Anzahlung entgegennahm und einen Termin zur Begleichung der Restschuld vereinbarte. Kaum hatten die Verschleierten den Ruheraum verlassen, gab sie den Übriggebliebenen ein Zeichen, sich zurückzuziehen. Doch als Rahel mit gesenktem Kopf an ihr vorbeihuschen wollte, hielt sie das Mädchen mit einem harten Griff um den Oberarm auf. »Dieses Mal hast du Glück gehabt«, stellte sie beinahe bedauernd fest. »Wer weiß, wie es beim nächsten Mal aussieht.«
     
     
    Jerusalem, Jüdisches Viertel, April 1191
     
    »Lebt wohl.« Die grauen Augen des Juden glänzten verdächtig, als er die Hand des Tempelritters ergriff und ihm das Bündel mit den Dingen in die Hand drückte, die Rahels Vater gehört hatten. »Macht Euch keine Sorgen um uns«, versuchte Curd den Kauffahrer zu beruhigen. »Wir werden uns dem christlichen Heer vor Akkon anschließen.« Auch ihm fiel es sichtlich schwer, seine Gefühle für den Ziehvater seiner Geliebten zu verbergen, der ihm in den vergangenen Monaten mehr und mehr ans Herz gewachsen war. Wie von al-Adil vorhergesagt, hatte Shahzadi ihr Wort gebrochen und Rahel nach Bezahlung des Lösegeldes nicht freigegeben. Deshalb hatte der Ritter den Großwesir des Sultans aufgesucht, und mit diesem einen Fluchtplan ersonnen, den er in dieser Nacht in die Tat umzusetzen gedachte. Nachdem der alte Mann zuerst das Amulett und dann Curd ungläubig angestarrt hatte, war plötzlich Verständnis in seinen Blick getreten, und er hatte dem jungen Tempelritter mit einem wissenden Lächeln alle Hilfe zugesagt, die nötig sein sollte, die entführte junge Frau aus ihrem schwer bewachten Gefängnis zu befreien. Da die Prinzessin ohne Skrupel Tag für Tag die Sklavinnen Salah ad-Dins zu Geld machte, drängte die Zeit. Und es war lediglich der Tatsache zu verdanken, dass der Tempelritter schneller als erwartet aus Kairo in die Heilige Stadt zurückgekehrt war, dass überhaupt noch eine Chance zur Befreiung des Mädchens bestand. Zu Curds unaussprechlicher Erleichterung hatte es der Begleitschutz, den al-Adil ihm in Gestalt eines halben Dutzend Mamelucken mit auf den Weg gegeben hatte, unnötig gemacht, Zuflucht in den zum Teil belagerten Festungen der Kreuzfahrer zu suchen. Womit der Rückweg aus der ägyptischen Metropole nur knapp ein Viertel der Zeit in Anspruch genommen hatte, die er benötigt hatte, um die Stadt am Nil zu erreichen.
    Mit einem letzten Blick auf den betrübten Juden schlang er sich den Beutel, der sowohl Rahels als auch seinen eigenen mageren Besitz enthielt, über die Schulter und eilte durch das offenstehende Hoftor in die hereinbrechende Nacht davon. Überall wurden Fackeln entzündet, und hoch oben am Firmament erstrahlten bereits die ersten Sterne in schwachem Glanz. Fledermäuse huschten jagend durch die engen Sträßchen, während Tauben und Spatzen auf Dächern und in Baumwipfeln die Köpfe unter die Flügel steckten. Wenn das Unterfangen von Erfolg gekrönt sein sollte, dann musste er sich beeilen und vor der Wachablösung am Eingang des Harems sein, wo ihn ein Vertrauter des Großwesirs erwarten würde. Im Schatten der lehmverputzen Häuser hastete der junge Mann nach Norden und wich geschickt den zerlumpten Bettlern und Dieben aus, die sich ihm mehr als einmal in den Weg stellten. Einen kurzen Augenblick lang durchfuhr ihn ein heißer Schrecken, als ihm die Männer, die das Tor zum moslemischen Teil der Stadt bewachten, mit gezogenen Krummschwertern entgegentraten. Doch als sie die Münze auf seiner Cotte im Licht der Fackeln aufblitzen sahen, traten sie wortlos zurück und ließen ihn passieren. Mit hämmerndem Herzen eilte er weiter in die dunkel gähnenden Gassen, bis er schließlich vor dem prächtigen, silberbeschlagenen Tor des Harems ankam, vor dem etliche Sänften auf ihre Besitzer warteten. »Hierher!«, zischte eine Stimme aus dem überdachten Säulengang, und als Curd dem Befehl Folge leistete, nahmen die Umrisse eines Eunuchen vor dem helleren Hintergrund der Mauer Gestalt an. Hinter ihm warteten drei mit Krummschwertern bestückte Harems wächter, die den Ritter zwar mit einem misstrauischen Blick bedachten, auf Anweisung jedoch in den Hintergrund zurücktraten und den beiden folgten, als sie auf leisen Sohlen durch die Korridore des weiträumigen Gebäudes schlichen.
    »Oh, mein Gott!« Mit ungläubig geweiteten Augen starrte Rahel die

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