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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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überzogen. Nicht nur, dass er für sie in die Bresche gesprungen und sie vor Essex Übergriff bewahrt hatte; er hatte sich auch im Angesicht des imposanten Königs verhalten wie ein wahrer Ritter. Sie hielt den Atem an, um das Beben unter Kontrolle zu bringen, das sie übermannte, als sie daran zurückdachte, wie Richard Löwenherz zwischen die beiden Kampfhähne gefahren war. Doch das Bild des Königs wurde schon bald wieder verdrängt von der Erinnerung an Harolds Mut. Nur halb bei der Sache half sie Berengaria in einen mitternachtsblauen Mantel und klopfte nicht vorhandenen Staub aus dem Stoff. Wie es sich wohl anfühlen würde, ihn richtig zu küssen?, fragte sie sich und spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg.
     
     
    Jerusalem, Moslemisches Viertel, März 1191
     
    Gedemütigt und zitternd stand Rahel in der Reihe der Mädchen, die Shahzadi unbekleidet im Ruheraum des Hamams hatte aufmarschieren lassen, und starrte auf die hellblauen Fliesen, auf denen ihre Zehen merkwürdig dunkel wirkten. Mehrere tief verschleierte Frauen, die – so hatte sie dem aufgeregten Gewisper der Sklavinnen entnommen – für einen Wesir aus dem Zweistromland neue Ware beschaffen sollten, schritten bereits zum fünften Mal die lange Schlange der zum Verkauf Stehenden ab und tuschelten in einer Sprache, die Rahel nicht verstand. Alle Spielarten der weiblichen Anatomie hatte Shahzadi in der lang gestreckten Kammer versammelt. Neben Rahels eigenem schlanken, feingliedrigen Körper, dessen apfelförmige Brüste straff und fest waren, fanden sich Frauen mit gewaltigem Gesäß und schwerer, hängender Brust, ebenso wie Mädchen von kindlicher Gestalt oder Sklavinnen mit enormem Busen und den Hüften eines Mannes. Auch die Haarfarben der Mädchen reichten von einem tiefen Ebenholzschwarz bis zu dem beinahe künstlich wirkenden Kupferrot einer Sklavin, deren milchweiße Haut von unzähligen Sommersprossen übersät war. »Vierhundert Goldstücke«, hörte Rahel Shahzadi mit einem Blick auf die Frau neben ihr sagen. Nachdem die Käuferinnen eine Weile aufgeregt miteinander beraten hatten, traten sie auf die Braunhaarige zu und begannen, ihren Körper nach Makeln abzusuchen, die den Preis eventuell mindern würden.
    Eine Kanonade unverständlicher Worte folgte, bevor sich eine der Verschleierten Rahel zuwandte und einen Befehl bellte, den Shahzadi mit einem anzüglichen Lächeln auf den sinnlichen Lippen übersetzte: »Nimm die Haare zu einem Knoten und halte die Arme über den Kopf!« Mit vor Scham dröhnendem Herzen folgte Rahel der Aufforderung, drehte das dunkle, knielange Haar zusammen und drückte es auf ihren Hinterkopf. Kaum war das geschehen, trat eine zweite Käuferin an sie heran, betastete ihre Brust und ließ forschend die rauen Finger über ihre enthaarten Achseln gleiten. »Dreh dich um«, befahl die Prinzessin und folgte der erniedrigenden Prozedur mit sichtlichem Genuss. Ohne auf das erschrockene Einatmen des Mädchens zu achten, fuhr eine der Frauen mit der Handfläche über ihre Schenkel, prüfte die Straffheit ihrer Hinterbacken und näherte sich ihrem Geschlecht. Als Rahel empört einen Schritt nach vorne machen wollte, schlug ihr die kleinere der beiden Kundinnen hart in die Nieren, sodass das Mädchen sich vor Schmerz zusammenkrümmte. Nach wenigen Atemzügen spürte sie durch den Schleier der Pein, wie sich die tastende Hand zurückzog und ihren Rücken hinauf weiterwanderte. An ihrem Hals angekommen, gruben sich Daumen und Zeigefinger unter ihre Kiefer und sie wurde unsanft herumgewirbelt. Zwei nachtschwarze Augenpaare erforschten ihre Gesichtszüge, bevor schließlich die kräftigere Frau einen verächtlichen Laut ausstieß, auf Rahels Ohren wies und sich von ihr abwandte. »Es sind die Ohrläppchen«, flüsterte ihr das Mädchen zu ihrer Rechten zu, nachdem sich das Geschehen ans andere Ende der Reihe verlegt hatte. Doch vor Empörung und verletztem Stolz hörte die junge Frau nur die Hälfte der gut gemeinten Worte.
    Nach einer scheinbaren Ewigkeit des Untersuchens und Verhandelns, des Feilschens und Keifens, zog die kleinste der Besucherinnen schließlich einen schweren Beutel aus den Tiefen ihres Gewandes und deutete auf vier der im Raum Versammelten. Auf den Befehl der Prinzessin traten das rothaarige Mädchen, eine der vollbusigen Schönheiten und zwei flachsblonde Frauen vor, denen man das Entsetzen und die Furcht ansah, die sie erfüllten. Mit einem energischen Händeklatschen wies Shahzadi die

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