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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Tempelritter schließlich wie ein alter Mann, während sich eine eiserne Faust schmerzhaft um seine Brust zu legen und alle Wärme zu vertreiben schien. Wie sollte er nur je wieder ohne sie sein?, fragte er sich und wandte sich schweren Herzens von ihr ab, um der Älteren mit gesenktem Kopf hinaus ins Freie zu folgen. Als er den Hof betrat, war es, als sei ein Teil von ihm an ihrem Bett zurückgeblieben.

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    Lange Zeit starrte Rahel auf die Tür, durch die ihr Schutzengel verschwunden war. Ganz egal, was ihr Verstand ihr sagte, tief in ihrem Inneren war sie sicher, dass Gott ihn geschickt haben musste. Erschöpft von den Gefühlen, die sie so unerwartet überrollt hatten, schloss sie die Augen und ließ sich zurück in die Kissen sinken. Der Schmerz, der ihr ständiger Begleiter war, seit sie aus dem scheinbar endlosen Traum von Feuer, Hitze und Furcht erwacht war, erschien ihr beinahe süß im Gegensatz zu der Taubheit, gegen die sie all die Zeit erfolglos versucht hatte anzukämpfen. Gefangen in ihrem eigenen Körper hatte sie zwar Fetzen von Unterhaltungen und aufgeregten Diskussionen mitbekommen. Doch nie war es ihr gelungen, sich bemerkbar zu machen und Daja oder den Hekim wissen zu lassen, dass sie ihre Worte hören konnte. Mit einem leisen Seufzen versuchte sie, das Prickeln ihrer Fingerkuppen – dort, wo der Ritter sie berührt hatte – so lange wie möglich zu bewahren. Es war seltsam. Sein Gesicht war das Letzte, an das sie sich erinnern konnte. Und als er vorhin voller Liebe auf sie hinabgesehen hatte, war es beinahe so, als habe sie ihn ihr ganzes Leben lang gekannt. Während sie versuchte, jede einzelne Sekunde in Gedanken festzuhalten, übermannte sie die Erschöpfung und sie fiel in einen tiefen – seit langer Zeit zum ersten Mal traumlosen – Schlaf.
     
     
    London, White Tower, 13. September 1189
     
    Vor lauter Verwirrung wusste Catherine de Ferrers nicht, wo ihr der Kopf stand. Zu viele Dinge, die ihre unerfahrenen Gefühle in Aufruhr gebracht hatten, waren seit ihrer Ankunft in London vor etwas mehr als sechs Wochen geschehen. Als sie – überwältigt von der Pracht der Kirche und der Gewänder der bei der Krönung anwesenden Mitglieder des Hochadels – den Blick des Knappen auf sich gespürt hatte, hatte sie vergeblich versucht, ihn zu ignorieren. Aber immer wieder hatte sie unter gesenkten Lidern zu ihm geschielt und ihm schließlich entgegen aller Schicklichkeit ein Lächeln geschenkt. Dieses hatte dafür gesorgt, dass ihm genauso wie ihr die Röte in die Wangen gestiegen war, was sie mit mehr Genugtuung erfüllt hatte, als sie sich eingestehen wollte. Mit seinem widerspenstigen blonden Schopf und den verschmitzten blauen Augen hatte er vom ersten Augenblick an, als sie ihn vor dem König hatte knien sehen, ihr Interesse geweckt. Warum, das konnte sie sich beim besten Willen nicht erklären. Entsprach er doch so gar nicht dem Bild der Männer, das Aliénors Troubadoure immer und immer wieder heraufbeschworen hatten. Wie leid ihr der junge Mann tat, dessen Gesicht deutliche Spuren der Misshandlungen aufwies, die er unter seinem Dienstherrn zu erdulden hatte! Bei dem Gedanken an den Earl of Essex legte sich eine Gänsehaut über Catherines Arme, und sie zog unwillkürlich die Ärmel ihres Bliauds weiter nach unten. Allein die Vorstellung, diesem kalten, grausamen Krieger jeden Tag ausgeliefert zu sein, genügte, um ihr Übelkeit zu bereiten. Während sich zum wohl hundertsten Mal die Erinnerung an den furchtbaren Abend in ihr Gedächtnis zurückdrängte, versuchte sie mit aller Macht, die tief in ihr sitzende Furcht zu besiegen. Ihr war klar, dass sie sich mit ihm einen mächtigen und gefährlichen Feind gemacht hatte, dem sie am besten aus dem Weg ging. Nicht nur war sie sich inzwischen vollkommen sicher, dass er es gewesen war, der ihr aufgelauert hatte. Sie hatte bei der Krönung auch die tiefe Stimme des Erzbischofs als die Stimme desjenigen erkannt, der die Versammlung der Vermummten im Rosengarten angeführt hatte. Das Frösteln verstärkte sich. Was immer die Männer im Schilde führten, es war besser, sich so weit wie möglich davon fernzuhalten.
    Seufzend löste sie das Kinnband ihres Gebendes, zog die Silbernadeln ab und schüttelte die dicken Zöpfe unter dem Haubenteil hervor. Während sie ihr Haar löste, trat sie an eines der kleinen Rundbogenfenster in ihrer Kammer und blickte versonnen in den von unzähligen Fackeln erleuchteten Hof hinab. Nur die wichtigsten

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