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Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf

Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf

Titel: Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Höhen über ihnen, als sie sagte: »Anra Devadoris war mein Zwillingsbruder.«
     

7. Ahura Devadoris
    »Meinen Vater habe ich nie gekannt. Er starb, bevor wir geboren wurden. In einem seltenen Moment der Gesprächigkeit sagte mir meine Mutter: ›Dein Vater war Grieche, Ahura. Ein sehr freundlicher und weiser Mann. Er hat viel gelacht.‹ Ich weiß noch, wie streng sie aussah, als sie mir das sagte, doch auch ihre Schönheit fiel mir auf; Sonnenstrahlen schimmerten in ihrem schwarzen lockigen Haar.
    Aber schon damals hatte ich das Gefühl, daß sie das Wort: ›dein‹ leicht betonte. Ihr müßt wissen, daß mir Anra nie ganz geheuer war. Ich fragte unsere alte Haushälterin Berenice. Sie erzählte mir, sie habe gesehen, wie Mutter uns beide in derselben Nacht geboren hätte.
    Dann schilderte sie mir, wie mein Vater gestorben war. Fast neun Monate vor unserer Geburt wurde er eines Morgens in der Straße vor dem Haus gefunden – man hatte ihn erschlagen. Eine Bande ägyptischer Hafenarbeiter, die in der Nacht durch die Stadt zogen und raubten und schändeten, waren angeblich dafür verantwortlich; sie wurden aber nie gefaßt – zu der Zeit herrschten die Ptolemäer in Tyrus. Es war ein schrecklicher Tod. Er war förmlich in das Pflaster eingestampft worden.
    Ein andermal erzählte mir die alte Berenice etwas über meine Mutter – doch vorher mußte ich ihr bei Athene und bei Soter und beim allesfressenden Moloch schwören, nichts zu verraten. Sie sagte, Mutter stamme aus einer persischen Familie, deren fünf Töchter früher Priesterinnen gewesen waren, von Geburt an dazu bestimmt, die Frauen eines bösen persischen Gottes zu sein. Ihnen war die Umarmung durch einen Sterblichen verboten; sie waren dazu verurteilt, die Nächte allein mit der Steinstatue des Gottes zu verbringen – ›irgendwo am Ende der Welt‹, sagte sie. Mutter war an jenem Tag nicht im Hause, und die alte Berenice schleppte mich in einen kleinen Keller unter Mutters Schlafkammer und deutete auf drei ungleich behauene graue Steine, die in den Boden eingemauert waren und sagte mir, diese Steine stammten von dem Tempel. Die alte Berenice erschreckte mich gern, obwohl sie buchstäblich eine Heidenangst vor Mutter hatte. Natürlich zog ich sofort los und verriet Anra alles, wie ich es immer tat.«
    Der schmale Weg führte nun steil aufwärts über den Kamm einer Erhebung. Die Pferde gingen im Schritt, zuerst kam Fafhrd, dann Ahura, und der Mausling bildete den Abschluß. Fafhrds Gesicht hatte sich geglättet, obwohl er noch immer sehr wachsam war, und der Mausling sah fast wie ein nettes Kind aus.
    »Ich kann euch meine Beziehung zu Anra nur schwer begreiflich machen«, fuhr Ahura fort, »weil wir uns so nahe standen, daß selbst das Wort ›Beziehung‹ die Wahrheit verfälscht. Da war zum Beispiel ein Spiel, das wir im Garten spielten. Er schloß die Augen und erriet, was ich mir gerade anschaute. In anderen Spielen wechselten wir die Seiten, aber nicht bei diesem Spiel.
    Er erfand alle möglichen Variationen und wollte gar nichts anderes spielen. Manchmal kletterte ich durch den Olivenbaum auf das Dach – Anra schaffte das nicht – und beobachtete eine Stunde lang die Gegend. Dann stieg ich wieder hinunter und erzählte ihm, was ich gesehen hatte – einige Färber, die feuchte grüne Tücher ausbreiteten, die in der Sonne purpurn werden sollten, eine Priesterprozession in langen gelben Gewändern um den Melkarth-Tempel, eine Galeere aus Pergamon, die ihre Segel setzte, ein griechischer Beamter, der seinem ägyptischen Schreiber etwas auseinandersetzte, zwei Frauen mit verfärbten Händen, die über einige berockte Seeleute aus dem Süden kicherten, ein geheimnisvoller einsamer Jude – und Anra sagte mir dann, was für Menschen das waren und was sie planten. Seine Phantasie war etwas ganz Besonderes, denn als ich dann später in die Stadt hinausging, stellte ich fest, daß er meistens recht hatte. Damals hatte ich den Eindruck, als schaue er nur die Bilder in meinem Geist an und sehe mehr als ich. Mir gefiel das, es war ein ganz angenehmes Gefühl.
    Natürlich lag unsere enge Verbundenheit zum Teil daran, daß uns Mutter – besonders nachdem sie ihr Leben geändert hatte – nicht ausgehen oder mit anderen Kindern spielen ließ. Und dafür gab es mehr Gründe als nur ihre Strenge. Anra war sehr empfindlich. Einmal brach er sich das Handgelenk, und die Heilung dauerte ungewöhnlich lange. Mutter ließ einen Sklaven kommen, der sich auf

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