Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf

Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf

Titel: Schwerter-Zylus 05 - Schwerter im Kampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
Vom Netzwerk:
solche Dinge verstand, und er sagte, Anras Knochen seien wohl leider zu brüchig. Er berichtete von Kindern, deren Muskeln und Sehnen langsam versteinerten, so daß sie zu lebenden Statuen wurden. Daraufhin schlug Mutter ihn ins Gesicht und jagte ihn aus dem Haus – eine Tat, mit der sie sich um einen alten Freund brachte, denn es handelte sich um einen bedeutenden Sklaven.
    Und selbst wenn Anra hätte ausgehen dürfen – es war unmöglich. Als ich mit meinen Ausflügen begonnen hatte, überredete ich ihn eines Tages, mich zu begleiten. Er wollte eigentlich nicht, aber ich lachte ihn aus, und Gelächter ertrug er nicht. Kaum waren wir über die Gartenmauer gestiegen, als er schon ohnmächtig zu Boden sank, und ich konnte ihn nicht wieder zu sich bringen, obwohl ich mich wirklich bemühte. Schließlich stieg ich zurück, damit ich die Tür öffnen und ihn hereinzerren konnte. Dabei entdeckte mich Berenice, und ich mußte ihr alles erzählen. Sie half mir, ihn ins Haus zu tragen, doch hinterher peitschte sie mich aus, denn sie wußte, daß ich es nie wagen würde, Mutter die Wahrheit zu gestehen. Anra kam zu sich, während sie mich strafte, doch er war hinterher noch eine Woche lang krank. Ich glaube nicht, daß ich ihn danach noch einmal ausgelacht habe – bis heute.
    Im Haus eingesperrt, verbrachte Anra die meiste Zeit mit seinem Studium. Während ich vom Dach in die Runde blickte oder der alten Berenice und den anderen Sklaven Geschichten entlockte oder später hinausging, um für ihn Informationen zu sammeln, verweilte er in Vaters Bibliothek und las oder lernte eine neue Sprache aus Vaters Grammatiken oder Übersetzungen. Mutter brachte uns beiden das Griechische bei, und ich vermochte mich bald auch im Aramäischen und einigen anderen Sprachen verständlich zu machen und gab ihm meine Kenntnisse weiter. Aber im Lesen war Anra viel besser als ich. Er liebte das Schrifttum so leidenschaftlich, wie ich die Welt außerhalb des Hauses liebte. Für ihn lebte das geschriebene Wort. Ich weiß noch, daß er mir einige ägyptische Hieroglyphen zeigte und mir erzählte, dies wären alles Tiere und Insekten. Und dann wies er auf einige hieratische und demotische Schriftzeichen und sagte, es handele sich um dieselben Tiere, aber in Verkleidung. Das Hebräische hielt er überhaupt für die beste Sprache, denn hier habe jeder Buchstabe seinen Zauber.
    Das war vor der Zeit, da er sich mit dem Altpersischen beschäftigte. Manchmal dauerte es Jahre, bis wir die Aussprache der Sprachen kennenlernten, die er sich aneignete. Das war eine meiner wichtigsten Aufgaben, als ich für ihn in die Welt hinauszugehen begann.
    Vaters Bibliothek war seit seinem Tode unverändert geblieben. In den Schränken und Truhen waren alle berühmten Philosophen, Historiker, Poeten, Rhetoriker und Grammatiker aufgestapelt. Doch in einer Ecke lagen zusammen mit Tonscherben und Papyrusfetzen Schriftrollen ganz anderer Art. Auf die Rückseite einer dieser Rollen hatte mein Vater in seiner großen, impulsiven Schrift etwas geschrieben, das er sicher verächtlich meinte: ›Geheimes Wissen!‹ Und besonders für diese Schriften interessierte sich Anra von Anfang an. Natürlich las er auch die anerkannten Bücher aus den Behältern, doch nur, um dann wieder in die Ecke gehen zu können, eine brüchige Rolle zu nehmen, den Staub fortzublasen und sich in seltsame Welten zu vertiefen.
    Es waren wirklich seltsame Bücher, die mich erschreckten und anwiderten und mich zugleich zum Lachen reizten. Viele waren in sehr schlechtem Stil geschrieben. Einige deuteten Träume und gaben Hinweise auf Zaubermittel – alle möglichen unangenehmen Dinge, die zusammengekocht werden sollten. Andere – jüdische Schriftrollen in aramäischer Sprache – behandelten das Ende der Welt und absurde Abenteuer böser Geister und wirrer, verquerer Ungeheuer – zum Beispiel Wesen mit zehn Köpfen und juwelenbesetzten Rädern als Füße. Dann fanden sich dort chaldäische Sternenbücher, die dem Leser einredeten, daß alle Lichter am Himmel lebten, die uns die Namen nannten und ihre Einflüsse beschrieben. Und ein hastig hingekritzelter griechischer Text berichtete von etwas ganz Schrecklichem, das ich lange nicht verstand – es hatte mit einer Kornähre und sechs Granatapfelsamen zu tun. Und in einem anderen griechischen Buch fand Anra erste Informationen über Ahriman und sein ewiges Reich des Bösen – und danach hatte er es sehr eilig, das Altpersische zu lernen. Doch keine der

Weitere Kostenlose Bücher